Anfang der Woche hat Ulrich von Kritisch Gedacht sehr eindrucksvoll beschrieben, wie und wo in Österreich Esoterik und Pseudomedizin auch an staatlichen Einrichtungen vertreten sind. In dieser Liste fehlt allerdings ein ganz besonderes Institut, auf das ich im Zuge meiner Recherchen über den Biophysiker Dieter Broers gestoßen bin: Das Europäische Zentrum für Umweltmedizin (EZU) in St. Pölten (Niederösterreich).
Hinter diesem seriös klingendem Namen versteckt sich eine Einrichtung, die ihr Arbeitsgebiet folgendermaßen definiert:
“Die Arbeitsbereiche
umfassen gesundheitsrelevante Themen aus der Umwelt. Derzeit liegen die Schwerpunkte
neben der Radiästhesie und Geomantie auf Elektrosmog, die nach wie vor
– völlig zu Unrecht – zu den Randgebieten der Medizin zählen.”
Das wissenschaftlich klingende Wort “Radiästhesie” meint nichts anderes als Wünschelrutengehen. “Geomantie” bezeichnete früher eine spezielle Art des Wahrsagens und steht heute eher für Lehren, die dem Feng-Shui ähneln.
Wünschelruten, Geomantie, Feng-Shui – das sind alles klassisch abergläubische Pseudowissenschaften die zwar schon seit langer Zeit existieren – für die aber nie irgendwelche glaubhaften Belege geliefert werden konnten. Jenseits von anektdotischen “Belegen” konnte keine wissenschaftlich durchgeführte Studie nachweisen, dass man mit Wünschelruten irgendetwas (Wasser, Metall, etc) verläßlich aufspüren kann. Die GWUP (Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung der Parawissenschaften) veranstalten jedes Jahr einen großen Test, bei dem die Rutengeher ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen können – bis jetzt ist noch jeder dabei durchgefallen (Hier gibt es mehr Informationen dazu und auch ein Video).
Natürlich gab es auch noch jede Menge anderer Studien zur Wirksamkeit des Rutengehens. Hier bietet sich das gleiche Bild wie bei der Homöopathie: die überwiegende Mehrheit der Studien zeigen, dass dieses Phänomen nicht existiert. Dort, wo doch ein geringer Effekt gemessen wird, ist meist die Qualität der Studie schlecht. Und schließlich gibt es keinen vernünftigen Mechanismus, der nicht im Widerspruch zu den Naturgesetzen steht, der erklären kann, wie das überhaupt funktionieren soll. Was es allerdings gibt, sind Erklärungen, warum Wünschelrutengeher glauben, sie könnten etwas finden.
Ok, Leute und “Institute” die sich mit esoterischen und pseudowissenschaftlichen Themen beschäftigen gibt es ja zuhauf. Was ist am EZU also so besonders? Das sieht man, wenn man mal schaut, wer hinter diesem Zentrum steht:
“Das Europäische Zentrum für Umweltmedizin ist Teil der NÖ Landesakademie
und wird von
- der NÖ Landesregierung,
- den NÖ Krankenversicherungsträgern,
- der Landeshauptstadt St. Pölten,
- der NÖ Ärztekammer und
- dem Gesundheitsforum NÖ
unterstützt.”
Das EZU ist also eine Einrichtung die massiv von der niederösterreichischen Landesregierung
und verschiedenen anderen staatlichen Institutionen unterstützt wird!
Nun habe ich mir natürlich besonders genau angesehen, was an diesem Institut so alles “erforscht” wird.
In Sachen Wünschelruten wurde 2005 ein Projekt mit dem Titel „Geopathogene Zonen im Wohnbereich und Stress” bei der Niederösterreichischen Wohnbauforschung als Forschungsprojekt
eingereicht und bewilligt. Die Ergebnisse dieser Studie kann man hier nachlesen. Sehr schön liest sich die Entstehungsgeschichte des Projekts:
“Das Projekt entstand aus den Überlegungen, die im Rahmen der Mitarbeit von Rutengehern beim EZU getroffen wurden, dass möglicherweise Krankheiten aus dem Stress, den eine „geopathogene” Erdstrahlung auslöst, entstehen. Die Erfahrungen der Rutengeher gingen in diese Richtung und wurden bereits in einigen Erfahrungsberichten beschrieben (Bachler 2006, Freiherr von Pohl, 1932). Vereinzelt wurden auch wissenschaftliche Studien zu diesem Thema veröffentlicht (Bergsmann 1994, König, Betz 1989). In Niederösterreich haben punktuell Versuche stattgefunden, welche die Erfahrungen der Rutengeher belegen sollten. Leider blieben sie unveröffentlicht und wurden nur im Rahmen der Radiästhetischen Gesellschaften, die sie betrieben, bekannt.”
Wenn ich so eines meiner astronomischen Projekte begründen würde, würde man mir meinen Antrag (zu Recht) um die Ohren hauen! Anektdoten und unveröffentliche Arbeiten sind keine vernünftige Grundlage (Eine der “wissenschaftlichen Studien” ist übrigens ein im Selbstverlag veröffentlichtes Buch). Interessant sind auch die Vorbereitungen auf die Studie:
“In mehreren Arbeitssitzungen wurden folgende Gegebenheiten des Erdinneren als „geopathogen” klassifiziert:
• Wasseradern
• Kreuzungspunkte des Curry-Gitternetzes (Diagonalgitternetz)
• Verwerfungen
• sowie Kombinationen aus diesen Dreien”
Hmm – ja. Das es “Wasseradern” so eigentlich gar nicht gibt (bzw. nur sehr selten) wissen die Geologen schon lange. Und auch das “Curry-Gitter” existiert (genauso wie das “Hartmann-Gitter“) nur in den Köpfen der Rutengeher. Vernünftige Nachweise für dieses angeblich vorhandene Netz aus “Störstreifen” konnten bis jetzt keine gefunden werden.
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