Das man es als junger Wissenschaftler bzw. junge Wissenschaftlerin oft nicht leicht hat, haben wir hier bei ScienceBlogs ja schon öfter thematisiert.
Ein aktueller Fall aus Tübingen zeigt erneut, wie schwierig es Akademiker haben können. Hat man nämlich das Pech, kein Deutscher zu sein, sondern Ausländer, dann muss man nach Erhalt des Doktorats anscheinend einen Job mit “angemessener Bezahlung” haben – ansonsten wird man ausgewiesen.
Die TAZ berichtet heute über den Fall der Nell Zink, Doktorin und Amerikaner. Da sie als Übersetzerin nicht die vom Ausländeramt geförderten 3000 Euro verdient, soll sie nun ausgewiesen werden. Denn nur wenn man als Akademiker “angemessen” verdient, dann erhält man ein Bleiberecht in Deutschland.
So absurd diese Regelung klingt, so originell ist Nell Zinks Reaktion. Sie hat einen Brief an den Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) geschrieben. Der ist nämlich Single – und am Ausländeramt wurde ihr geraten, am besten einen Deutschen zu heiraten. Zink schreibt:
“Sehr geehrter Herr Palmer, ich würde Sie gern bis Ende Juli 2009
heiraten. Ich glaube echt nicht, dass die Behörde von uns sexuellen
Kontakt verlangen würde – bloß die gemeinsame Wohnung. Ich bin schon 45
und habe nie so besonders gut ausgesehen, muss sogar z. Zt. eine
Zahnspange tragen, also ist die Ehe aus freien Stücken für mich
ungefähr so wahrscheinlich wie der dreitausend-Euro-Job.”
Ich weiß nicht, ob man die geforderten 3000 Euro brutto oder netto zu verstehen sind. Falls vom Ausländeramt tatsächlich 3000 Netto-Verdienst für Akademiker gefordert werden, dann ist die Sache nochmal extra absurd. Denn soviel verdient man als junger Wissenschaftler nicht. Da kann es unter Umständen selbst mit 3000,- Brutto knifflig werden. Mein aktuelles Brutto-Gehalt (nach TVL) ist nur wenig höher als 3000 Euro.
Um diese Hürde zu nehmen, muss man schon einen Job in der freien Wirtschaft bekommen – und wenn man dann vielleicht Geisteswissenschaftler ist oder sich nur mit Grundlagenforschung beschäftigt hat, wird man dort schwer eine Anstellung finden.
Was soll der Zweck so einer seltsamen Regelung sein? Abgesehen davon, dass viele Akademiker/Wissenschaftler oft viel zu schlecht bezahlt werden – was macht es für einen Sinn, Leute aus dem Land zu schmeissen, wenn sie “zu wenig” verdienen? Nicht jeder wird Doktor, um reich zu werden! Ich kann mir gut vorstellen, dass es viele Akademiker gibt, denen ihr Job gefällt, obwohl sie weniger als 3000 Euro verdienen. Gibt es vielleicht hier Juristen, die mir erklären können, was das soll?
Übrigens, Bürgermeister Palmer will Frau Zink nicht heiraten – aber immerhin hat er Hilfe zugesagt und hält die Regelung für “für fern der Lebenswirklichkeit”.
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