Als Himmelsmechaniker habe ich mich ja neben den Asteroiden auch viel mit extrasolaren Planeten beschäftigt. Allerdings nicht mit der Suche (dafür ist Ludmila zuständig) sondern mit der Untersuchung der Bewegung von extrasolaren Planetensystemen. Und da dieses Gebiet immer noch zu meinen Lieblingsforschungshemen gehört, möchte hier ein wenig erläutern, wie solche Untersuchungen konkret ablaufen.
Fiktive Planeten
Bis jetzt sind wir ja noch nicht bzw. kaum in der Lage, erdähnliche Planeten um andere Sterne zu entdecken. Die Instrumente fangen gerade erst an, gut genug zu werden, um so kleine Himmelskörper zu finden. Daher ist es wichtig, Informationen auf andere zu bekommen.
Natürlich kann kein Himmelsmechaniker einen Planeten einfach so herbei rechnen (ausgenommen Urbain Le Verrier, der hat es geschafft 😉 ). Extrasolare Planeten werden immer noch mit dem Teleskop entdeckt und nicht mit dem Computer. Aber wir Theoretiker können anhand der vorhandenen Daten feststellen, wie gut die Chancen sind, in extrasolaren Planetensystemen noch weitere, unter Umständen erdähnliche Planeten zu entdecken.
Die bisher entdeckten extrasolaren Planeten sind fast alle sehr groß – meistens deutlich größer als Jupiter, der größte Planet in unserem Sonnensystem. So ein großer Planet übt natürlich eine entsprechend starke Gravitationswirkung auf seine Umgebung aus. Letzte Woche habe ich ja schon beschrieben, wie Jupiter in unserem Sonnensystem zum Beispiel den Asteroidengürtel beeinflusst.
Je nachdem, wie nun die Bahnen und Eigenschaften der schon entdeckten Planeten in einem extrasolaren Planetensystem aussehen, können die Bedingungen für eventuell vorhandene zusätzliche (auch erdähnliche Planeten) gut oder schlecht sein. Es wird Bereiche geben, in denen wegen der gravitativen Störungen nur chaotische, d.h. instabile Bahnen für zusätzliche Himmelskörper möglich sind und auch Bereiche, in denen sich weitere Planeten auf geordneten, stabilen Bahnen bewegen können. Und zu bestimmen, wie diese Bereiche aussehen und wo sie sich befinden ist die Aufgabe der Himmelsmechaniker.
Die Parameter
Jede Untersuchung dieser Art ist auf Beobachtungsdaten angewiesen. Und da wären wir auch schon gleich beim ersten Problem: denn Beobachtungen sind immer nur mit einer gewissen Genauigkeit möglich. Deswegen ist auch der Input für die Theoretiker zwangsweise immer ungenau. Zu den technischen Ungenauigkeiten der Beobachtungsmethoden kommen aber immer auch noch ein paar prinzipielle Schwierigkeiten.
Für die oben beschriebenen Untersuchungen der Planetendynamik ist beispielsweise die Masse der Himmelskörper von enormer Bedeutung. Die meisten der extrasolaren Planeten wurden aber mit der sg. Radialgeschwindigkeitsmethode entdeckt. Und damit lässt sich die Masse der entdeckten Planeten leider nicht genau bestimmen – sondern immer nur das Produkt aus der Masse und dem Sinus des Sichtwinkels, unter dem wir von der Erde aus auf die Ebene des Planetensystems blicken. Dieser Winkel ist im Allgemeinen nicht bekannt – und deswegen auch nicht der wahre Wert der Planetenmasse.
Will man also ein komplettes Bild der dynamischen Möglichkeiten in einem extrasolaren Planetensystem bekommen, dann sollte man die Untersuchung mit verschiedenen Größen der Planetenmasse durchführen um das ganze Intervall der möglichen Werte abzudecken.
Probleme gibt es auch mit den anderen Bahnelementen: die große Halbachse und die Exzentrizität, die Größe und Form der Bahnellipse definieren, können zwar wesentlich besser bestimmt werden als die Masse – aber eben auch nur innerhalb gewisser Fehlergrenzen. Und die Winkel, die die Lage der Bahnellipse im Raum bestimmen (Argument des Perihels und Länge des aufsteigenden Knotens) kann man mit den indirekten Nachweismethoden meistens überhaupt nicht bestimmen.
Zu Beginn einer himmelsmechanischen Analyste steht man also vor dem Problem, dass man jede Menge Parameter hat, die nicht genau bekannt sind. Neben der Masse müsste man eigentlich auch noch die Werte für große Halbachse, Exzentrizität, Argument des Perihels und die Länge des aufsteigenden Knotens variieren und alle Möglichkeiten durchprobieren, die innerhalb der Fehlergrenzen liegen. Das sind 5 Parameter und die daraus entstehenden Kombinationsmöglichkeiten sind zahlreich – und die definieren nur die Ausgangslage der Untersuchung!
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