Kein Land, keine Inseln – nur ein gewaltiges Meer, das den ganzen Planeten umspannt. Kein Meeresboden, sondern nur Wasser bis in die tiefsten Tiefen, wo es dann zu Eis wird. Was klingt wie aus einem Science-Fiction, kann durchaus Realität sein. Solche “Ozean-Planeten” oder “Wasserwelten” könnte es durchaus geben. Und vielleicht hat man sogar schon eine entdeckt!
Gestern wurde die Entdeckung eines neuen extrasolaren Planeten bekanntgegeben: Gliese 581 e ist der bisher leichteste Exoplanet, der gefunden wurde. Im selben Planetensystem befinden sich aber auch noch 3 andere Planeten. Bei einem davon, Gliese 581 d, konnte die bisher bekannte Bahn genauer bestimmt werden: er befindet sich in der habitablen Zone um den Stern:
In der habitablen Zone ist die Strahlung des Sterns gerade so, dass auf der Oberfläche eines Planeten flüssiges Wasser existieren könnte. Leider wissen wir noch nicht, ob das bei Gliese 581 d der Fall ist.
Wir kennen bis jetzt nur seine Masse – er ist etwa siebenmal so schwer wie die Erde – und seine Umlaufbahn. Was wir nicht kennen, ist der Radius und damit wissen wir auch nichts über die mittlere Dichte des Planeten, seine Zusammensetzung und die physikalischen Parameter an seiner Oberfläche – z.B. die Schwerebeschleunigung. Mike Dunford von “The Questionable Authority” rechnet aber vor, dass die Schwerebeschleunigung auf Gliese 581 d unter Umständen der der Erdoberfläche entspricht! Dann nämlich, wenn der Planet in seiner Zusammensetzung in etwa dem Zwergplaneten Pluto oder z.B. dem Saturnmond Titan entspricht.
Beides sind keine sehr massiven Körper. Die Erde ist der dichteste Planet in unserem Sonnensystem und hat einen großen Kern aus Eisen. Himmelskörper wie Pluto bestehen hauptsächlich aus Eis und Gestein und sind im Prinzip kleine Gesteinskugel mit einer dicken Schicht Eis darüber.
Wie ein Planet zusammengesetzt ist, entscheidet sich während seiner Entstehung (hier gibt es einen schönen Überblick dazu). Planeten, die näher am Stern entstehen, steht mehr schweres “Baumaterial” zur Verfügung als denen, die sich weiter außen bilden. Dort (hinter der sg. “snowline“) ist es außerdem kalt genug, dass sich z.B. Wasser- oder Methaneis bilden konnte und ebenfalls als Ausgangsmaterial zur Planetenentstehung diente. So entstehen dann “Eisriesen” wie Uranus und Neptun, die größer sind als die kleinen, “felsigen” Planeten des inneren Sonnensystems.
Manche Forscher spekulieren nun, dass es sich bei Gliese 581 d um so einen ehemaligen Eisplaneten handeln könnte. Was macht er aber in der habitablen Zone?
Planeten können ihre Bahnen ändern. Meistens erfolgen diese Änderungen periodisch und im Mittel bleibt die Bahn gleich. Aber unter gewissen Umständen, in der Frühzeit eines Sonnensystems, kann die gravitative Wechselwirkung eines Planeten mit den Asteroiden, Gas- und Staubteilchen die zu der Zeit noch reichlich im System vorhanden sind dazu führen, dass sich die Bahn eines Planeten in größerem Maßstab ändert. Dieses Phänomen nennt man Migration und es hat auch in unserem Sonnensystem stattgefunden (Jupiter wanderte beispielsweise näher an die Sonne während Uranus und Neptun sich entfernten).
Es kann also durchaus vorkommen, dass ein Eisriese sich plötzlich in der habitablen Zone wiederfindet. Und dann beginnt das Eis zu schmelzen: ein Planet entsteht, der von einem einzigen, gigantischen Ozean bedeckt ist. Dieser Ozean wäre viel tiefer als unsere Meere auf der Erde. Es gibt ja dort keine Planetenoberfläche wie bei uns. Irgendwann, tief unter der Oberfläche würde das Wasser irgendwann einmal ein fest werden: je nach Temperatur kann das bei einer Tiefe zwischen 60 und 130 km passieren.
Solche Wasserwelten regen die Phantasie natürlich stark an. Das sich in Ozeanen Leben entwickeln kann, wissen wir: genau das ist ja auch bei uns auf der Erde passiert (hier haben aber wahrscheinlich die unterseeischen vulkanischen Aktivitäten eine wichtige Rolle gespielt; so etwas ist auf Ozean-Planeten eher nicht zu erwarten).. Kann sich auch auf Ozean-Planeten Leben entwickeln? Und wie würde seine Evolution verlaufen, wenn als Lebensraum ausschließlich das Meer zur Verfügung steht?
Bis jetzt ist das alles reine Spekulation. Noch haben wir keinen Ozean-Planet gefunden. Gliese 581 d könnte einer sein – aber um das zu bestätigen oder zu widerlegen ist noch einiges an wissenschaftlicher Arbeit nötig. Und selbst wenn er eine Wasserwelt ist, ist es fraglich, ob die Bedingungen dort für Leben gut sind. Die Rotation von Gliese 581 d ist wahrscheinlich gravitativ an seine Umlaufperiode gebunden (“tidally locked”). Das bedeutet, dass er für eine Drehung um seine eigene Achse genauso lange braucht, wie für einen Umlauf um den Stern (Grund dafür sind die Gezeitenkräfte zwischen Planet und Stern). Er zeigt daher dem Stern immer die selbe Seite – genauso wie wir immer nur eine Seite des Mondes sehen (auch hier ist der Mond “tidally locked”). Eine Seite des Planeten wäre also immer vom Stern beleuchtet und sehr heiß, während auf der anderen eine ewige, kalte Nacht herrscht.
Wie auch immer Gliese 581 d beschaffen sein mag: sein Beispiel zeigt, welche wunderbaren Welten dort draussen vielleicht noch auf uns warten. Und nach langer Forschungsarbeit (der erste extrasolare Planet wurde 1995 entdeckt) und der Entwicklung immer neuer und besser Instrumente sind wir nun endlich in der Lage, sie auch entdecken zu können!
Wissenschaftliche Arbeiten zum Thema findet man z.B. hier oder hier.
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