Scienceblogs wird immer populärer und immer mehr Leserinnen und Leser finden den Weg zu uns. Immer mehr nehmen auch aktiv an den Diskussionen über die Artikel teil. Das führt aber auch zwangsläufig dazu, dass auch immer “schwierige” Kommentare auftauchen.
In den Artikel über “Alternativwissenschaften” (Homöopathie u.ä.) tauchen immer wieder die gleichen Vorwürfe und unbelegten Behauptungen der Homöopathie-Fans auf. Aussagen, die schon in zig anderen Artikel diskutiert worden sind. In anderen Artikeln treiben Hardcore-Leugner der Relativitätstheorie ihr Unwesen, die sich durch wissenschaftliche Argumente und Diskussion keinen Fußbreit von ihrer Mission abbringen lassen. Manche Kommentatoren hängen den wildesten Verschwörungstheorien an und sind keinen vernünftigen Argumenten mehr zugänglich. Usw – ich denke, ihr wisst, welche Art von Kommentaren ich meine.
Aktuell beschäftigen sich einige Beiträge hier bei ScienceBlogs mit diesem Thema. Wenn es um den Umgang mit Kommentaren geht, ist meiner Meinung nach die Ansicht der Leserinnen und Leser besonders wichtig. Sie schreiben die Kommentare ja immerhin!
Deswegen möchte ich diesen Artikel nutzen, um einerseits meine persönliche Einstellung zu diesem Problem darzulegen und andererseits auch eine (hoffentlich konstruktive) Diskussion mit den Leserinnen und Lesern anzuregen.
Ich bin, was den Umgang mit diesen “schwierigen” Kommentaren angeht, bis jetzt immer relativ tolerant gewesen. Solange ein Kommentar keine strafrechtlich relevanten Aussagen enthielt oder allzu grobe persönliche Beleidigungen, habe ich auf Löschung von Kommentaren verzichtet. Ich glaube, ich habe bisher etwa 20 Kommentare dieser Art gelöscht (was bei ingesamt über 11000 Kommentaren in meinem Blog ein recht geringer Anteil ist).
Aber die eigentlich Frage ist ja nicht, ob man diese Kommentare löschen soll oder nicht. Da werde ich es wohl auch weiterhin so halten wie bisher. Wenn ma einmal anfängt, vermehrt Kommentare zu löschen, dann läuft man schnell Gefahr, willkürlich zu zensieren.
Die eigentliche Frage ist, wie man mit den Kommentare umgeht. Soll man sie einfach ignorieren?
Bisher habe ich auch meistens das nicht gemacht. Die Gründe dafür sind unterschiedlich. Bei manchen Artikeln (z.B. zum LHC oder zum Weltuntergang 2012) gab es sehr viele Kommentare. Viele davon waren Fragen von Leuten, die eigentlich schon im Artikel bzw. in anderen Kommentaren beantwortet worden sind. Ich habe sie trotzdem alle nochmal beantwortet – und das oft mehrmals. Ok, ich persönlich würde eine konkrete Frage in einem Blog erst dann stellen, wenn ich sicher bin, dass sie vom Autor nicht eh schon irgendwo beantwortet wurde. Aber das gilt nicht für alle. Vielleicht waren die früheren Antworten so formuliert, dass sie von manchen Leuten nicht verstanden wurden? Ich weiß ja meistens nichts über das Vorwissen meiner Leser zu bestimmten Themen. Und ich verstehe es auch, dass sich nicht jeder erst durch oft hunderte Kommentare durchlesen will, bevor er eine Frage stellt. Und wer eine Frage stellt, der hat meiner Meinung nach auch eine Antwort verdient.
Das gilt, so denke ich, auch für die Diskussionen über Pseudowissenschaften und “Alternativmedizin”. Hier ist es oft besonders mühsam: bei jedem Artikel zu diesem Thema kommen meist immer wieder die gleichen Vorwürfe (Dogmatismus, mangelnde Offenheit, etc) es werden die gleichen falschen Aussagen gemacht (“Placebos wirken nicht bei Kindern”, “Wer heilt hat recht”, etc), usw. Für mich und die Stammleser ist diese Wiederholung der Argumente tatsächlich mühsam. Aber die Leute, die solche Kommentare schreiben, sind ja eben nicht immer die selben. Auf Fragen bzw. Vorwürfe dieser Art einfach zu antworten: “Das haben wir schon vor 4 Monaten diskutiert!” erscheint mir auch nicht richtig. Ich kann nicht erwarten, dass jeder, der hier kommentiert, alle Artikel in meinem Blog kennt.
Ok – man könnte sich eine Sammlung an entsprechenden Links zulegen, die Antworten auf die Standardfragen und -vorwürfe beinhalten. Darauf kann man dann in solchen Situationen verweisen. Vielleicht ist das eine Möglichkeit…
Hinzu kommt ein gewisser Optimismus meinerseits (oder sollte man vielleicht besser “Naivität” sagen?). Ich hoffe immer darauf, dass sich in einer Diskussion vielleicht doch mal jemand von vernünftigen Argumenten überzeugen lässt und vielleicht beginnt, etwas kritischer über Pseudowissenschaften et al. nachzudenken. Ich weiß, dass die Chancen sehr gering sind – aber wenn man es nicht mal probiert, dann sind sie gleich null.
Und dann gibt es ja noch die Leser, die nicht kommentieren, die Diskussionen aber trotzdem verfolgen. Ich vermute, dass gerade hier auch die Leute zu finden sind, die in ihrer Meinung noch nicht so festgefahren sind. Und die könnten von diesen Diskussionen tatsächlich etwas mitnehmen. Wenn dann aber auf Fragen und Vorwürfe nicht geantwortet wird bzw. nur auf externe Seiten verwiesen wird, dann entsteht vielleicht schnell der Eindruck, den man eigentlich vermeiden will: Wissenchaftler wären zu arrogant, um sich mit diesen Themen zu beschäftigen. Wissenschaftler haben solchen “kritischen” Fragen nichts entgegenzusetzen. Usw.
Darum halte ich es eigentlich auch hier für angebracht, weiterhin Fragen zu beantworten und zu diskutieren. Aber oft läuft die Diskussion ins Leere. Irgendwann ist der Punkt erreicht, wo eine Diskussion niemanden mehr etwas nützt. Irgendwann merkt man, dass dem Kommentator grundlegendes Wissen zum Thema fehlt und dass er auch nicht bereit ist, entsprechende Erklärungen anzunehmen (z.B. bei Anhängern der Mondlandungslüge bzw. den Einstein-Leugner). Wann ist hier der Punkt erreicht, an dem man eine Diskussion abbrechen bzw. Kommentare ignorieren sollte?
Das zu entscheiden ist schwierig. Oft – ich gebe es zu – ist es auch ein Ego-Problem. Das SIWOTI-Syndrom (Someone is wrong on the internet) zu überwinden, ist oft schwierig. Auch wenn es offensichtlich aussichtslos ist, will man doch irgendwie noch erreichen, dass der andere versteht.
Soweit meine Gedanke zu diesem Thema. Jetzt interessieren mich aber natürlich die Ansichten der Leserinnen und Leser! Welchen Umgang mit Kommentaren würdet ihr bevorzugen? Was sollte man – sollte ich – ändern?
Ein Hinweis noch: es ist technisch nicht möglich, bestimmte Kommentatoren zu sperren. Durch dynamische IPs, etc, lassen sich solche Sperren aber sowieso leicht umgehen. Auch diverse Authentifizierungssysteme sind schwer einzubinden. Das könnte nur die ScienceBlogs-Redaktion entscheiden; nicht ich. Die einzige technische Möglichkeit, die zur Verfügung steht, wäre, die Kommentare generell nicht mehr automatisch freizugeben. Ich müsste dann alle per Hand freischalten. Das ist aber erstens unverhältnismäßig viel Aufwand und zweitens trifft man hier wieder auf das oben beschriebene Problem der Zensur. Eine Lösung des Problems muss also vorerst eine nicht-technische sein.
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