Ich lese ja gerne und viel. Und wenn es sich um wirklich interessante Bücher mit wissenschaftlichen oder astronomischen Hintergrund handelt, dann berichte ich hier meistens auch darüber. Aber ich kriege auch viele schlechte Bücher in die Finger. Bücher, die so schlecht sind, dass ich mir wünsche, ich hätte sie nicht gelesen. Und damit das anderen nicht ebenfalls so geht, gibt es hier nun eine kleine Liste mit Bücher, um die man besser einen Bogen machen sollte.
Der Sirius Schatten
Zum Beispiel “Der Sirius-Schatten” von Tom Martin (im Original heisst das Buch “Pyramid”). Der Klappentext verspricht:
“Eine mächtige Geheimorganisation ist dabei, das verborgene Wissen einer längst vergessenen Zivilisation zu enträtseln. Sie steht kurz davor, die Welt zu beherrschen. Und wenn ihr teuflischer Plan nicht bald durchschaut wird, wird sie niemand mehr aufhalten können.”
Und wer ist außerwählt, die Welt zu retten? Eine Astronomin! Klar, dass ich dieses Buch lesen musste 😉 Aber schon bald hat sich mein schlechtes Gefühl bestätigt, dass der reißerische Klappentext erzeugt hatte.
Dieses Buch ist schlecht und dumm. Alle gängigen Lieblingsrätsel der Pseudowissenschaft-Community haben ihre Auftritt: die Geheimnisse der Pyramiden, die Nazca-Linien, die Piri-Reis Karte, Machu Picchu, Gematrie, Sirius und Dogon, etc.
Es gibt da anscheinend eine große Weltverschwörung, die die geheimnisvolle Macht der Pyramiden unter ihre Kontrolle bekommen möchte. Denn mit ihnen kann man anscheinend die Energie der Erdrotation nutzbar machen (? – denke ich; das wurde im Buch etwas vage beschrieben) und sonst noch jede Menge fiese Sachen machen. Ein Wissenschaftler ist dem Geheimnis allerdings auf die Spur gekommen – und wird prompt von der geheimen Weltregierung abgemurkst. Natürlich hat er es vor seinem Tod noch geschafft, eine verschlüsselte Botschaft eine Catherine Donovan weiterzuleiten. Die ist Astronomin in Oxford und angeblich eine der klügsten Wissenschaftlerinnen dort. Davon merkt man im Buch allerdings nichts (Tom Martin, der Autor, scheint es nicht nur mit der Recherche der diversen Geheimnisse nicht allzu genau genommen zu haben, er scheint auch keine Ahnung von der Arbeit eines Wissenschaftlers zu haben).
Obwohl Catherine eine so tolle und kluge Wissenschaftlerin ist, hat sie erstaunlich wenig Ahnung von vielen Dingen (unter anderem fällt ihr nicht einmal auf, dass der Autor das Frühlingsäquinoktium an einem Tag stattfinden läßt, an dem es nicht stattfinden kann 😉 ). Sie ist zwar eine Expertin, was das Dogon-Rätsel angeht, hat aber nicht die leiseste Ahnung, von den ganzen anderen pseudowissenschaftlich-astronomischen Themen, auf die sie im Laufe der Handlung trifft. Natürlich findet sich immer zufällig ein Experte, der ihr alles erklärt – und sie glaubt immer alles sofort, ohne Überprüfung und nachzufragen! Das ist vielleicht das, was mich an diesem Buch am meisten geärgert hat. Dieser Catherine kann man anscheinend den wildesten Schwachsinn erzählen – und ohne eine zweite Meinung einzuholen; ohne diese Aussagen irgendwie zu überprüfen ist sie sofort hunderprozentig überzeugt. Das ist so ziemlich das Gegenteil von dem, was eine gute Wissenschaftlerin machen sollte, wenn sie “Theorien” hört, die alles dagewesene über den Haufen werfen.
Diese Szene zeigt das recht schön. Catherine sitzt im Flieger nach Peru und liest in einem Reisefüher über die Nazca-Linien:
“‘Zahlreiche Leute haben versucht, die Nazca-Linien zu datieren, es ist jedoch ein unmögliches Ansinnen. (…) [Die Zeichnung der] Spinne ist von besonderem Interesse, da ihre Position und die Position der von ihr ausgehenden Linien ein Abbild des Sternbilds Orion und seiner benachbarten Sterne darstellen (…).’ Catherine schloß das Buch. Als Astronomin brauchte sie nicht mehr zu wissen. ‘James, wer immer diese Zeichnungen geschaffen hat, eines ist sicher: sie müssen von einer hochstehenden Kultur gewesen sein.'”
Ja, klar. Als Astronom braucht man nicht mehr, als ein paar Informationen aus einem Reiseführer um sich ein abschließendes und allgemeingültiges Urteil zu bilden. Und solche Szenen kommen alle paar Seiten vor!
Das Buch ist nicht nur schlecht geschrieben und hat unglaubwürdige Hauptdarsteller – die Handlung ist auch schlicht und einfach unverständlich und unlogisch. Vor allem gegen Ende wird es bizarr. Es geht darum, den ominösen Schlußstein auf die große Pyramide zu setzen und zwar zu einem bestimmten Zeitpunkt, um die großen Kräfte freizusetzen und zu kontrollieren. Dementsprechend machen sich alle Fraktionen auf den Weg dorthin: die Weltverschwörung, Catherine und die guten Jungs und ein böser Russe, der die Energie für sich selbst will. Der landet dann schließlich auch mit dem Schlußstein auf der Spitze der Pyramide, setzt ihn drauf, wird von nem Blitz getroffen und ist tot. Alle anderen sind auch tot, das Geheimnis bleibt gewahrt und der männliche Held macht Catherine einen Heiratsantrag. Ende. ??? Wer darauf wartet, dass sich irgendwas am Ende aufklärt, wird enttäuscht.
Also: Finger weg von diesem Buch!
Das Auge Gottes
Fast ebenso schlecht ist “Das Auge Gottes” von Jill Gregory und Karen Tintori. Ganz kurz die Handlung: Eine Journalistin findet ein seltsames Amulett im Irak und schickt es ihrer Schwester, einer Archäologin. Dieses Ding ist aber das “Auge Gottes”, dass das “Licht der Schöpfung” enthält. Das wollen aber auch fanatische Christen, fanatische Moslems, der amerikanische Geheimdienst und noch ein paar andere böse Leute haben. Es folgt jede Menge Mord, Geheimnis und Verfolgung bis schließlich der Showdown in Jerusalem erfolgt. Die Fanatiker schaffen es nicht, Armageddon einzuleiten, den Messias anzulocken oder was immer sonst ihre jeweiligen Ziele waren; die Amis kriegen das Ding auch nicht (die wollten damit neue Energiequellen entwickeln und “ferne Galaxien erforschen” (ja, das steht dort tatsächlich – k.a. wie man das mit nem alten Amulett anstellen soll)). Die Welt wird wieder gerettet und das Geheimnis wieder mal gewahrt.
Dieses Buch ist nicht nur mindestens so schlecht wie “Der Sirius-Schatten” – es auch noch viel langweiliger. Nicht lesen!
Abschied von der Weltformel
Das nächste Buch stammt sogar von einem Nobelpreisträger! Das ändert aber nichts daran, dass es schlecht ist. In “Abschied von der Weltformel: Die Neuerfindung der Physik” wird zwar am Umschlag behauptet, dass der Autor, Robert Laughlin, der neue Richard Feynman ist. Aber behaupten kann man ja viel.
Feynman ist nicht nur Nobelpreisträger für Physik, sondern auch Autor von vielen äußert guten Bücher über Wissenschaft. Sein klarer und verständlicher Stil ist legendär. Laughlin hat ebenfalls einen Nobelpreis bekommen. Aber das qualifiziert ihn leider noch lange nicht, verständliche Bücher über Wissenschaft zu schreiben. Ich habe das Buch nach dem ersten Drittel weggelegt. Ich habe einfach nicht verstanden, was Laughlin uns erzählen will. Ich hatte allerdings immer den Verdacht, dass es sich um ganz triviale Sachen handelt, die ich verstehen würde, wenn Laughlin nicht immer so schrecklich rumschwafeln und -schwurbeln würde. In diesem Spiegel-Interview wird Laughlins Anliegen wesentlich verständlicher transportiert. Wer wissen will, was es mit seiner “Theorie der Emergenz” auf sich hat, der soll dieses Interview lesen und sich das Geld für das Buch sparen.
Lob des Golfstroms
Ich bin mir noch nicht sicher, ob “Lob des Golfstroms” von Érik Orsenna wirklich ein schlechtes Buch ist. Es ist auf jeden Fall nicht das, was ich mir erwartet habe. Eigentlich dachte ich, dass es sich bei dem Buch mit dem Aufkleber “Sachbuch des Monats” um ein Buch mit Informationen über den Golfstrom handelt. Es ist aber eine Sammlung von kurzen Geschichten, Anekdoten und Assoziationen zum Thema. Und die sind stellenweise sehr unbefriedigend, vor allem, wenn man tatsächlichen an den physikalischen und geologischen Hintergrunden zum Golfstrom interessiert ist und dann z.B. auf sowas trifft:
“[Der Abstand des Mondes von der Erde] bleibt nicht konstant. (…) Der Mond verlässt uns. Er rückt von uns ab. Zwar langsam aber stetig: Jedes Jahr wächst der Abstand zwischen uns um drei Zentimeter und acht Millimeter. Wie lässt sich dieses Abrücken erklären, wenn wir es schon nicht verhinden können? Wenn es in einer Beziehung kriselt, sind immer beide verantwortlich, Aber lassen wir es lieber, dieses schmerzliche Kapitel. Darin wäre die Rede vom Einfluss gewaltiger Wellen innerhalb der Ozeane, von unbändigen Energiekämpfen, von ausufernden Kompensationsprozessen… Nehmen wir die Tatsache einfach hin.”
“Nehmen wir die Tatsache einfach hin“?? Sorry – aber das nichts, was in einem “Sachbuch des Monats” stehen sollte. Da gehört erklärt und nicht einfach hingenommen!
Atlantis und das Altersparadoxon
Das Buch “Atlantis und das Altersparadoxon. War unsere Vergangenheit ganz anders?“ läuft hier außer Konkurrenz mit. In normalen Buchhandel wird es sowieso kaum erhältlich sein – also bestehen wenig Chancen, dass es mal jemand aus Versehen kauft. Ich habe es nach einer Diskussion mit dem Autor, Dieter Bremer, zugeschickt bekommen.
Bei diesem Buch handelt es sich um klassische Pseudowissenschaft á la Däniken und Velikovsky. Atlantis war eine Raumstation, die die Erde umkreist hat; den Mond gibt es erst seit ein paar Tausend Jahren; Menschen fliegen in Raumschiffen der Außerirdischen durch die Gegend – usw. Das alles wird “belegt” durch Interpretationen verschiedenster religiöser und historischer Texte. Und wie bei Däniken und Velikovsky werden diese Texte immer wörtlich genommen und immer werden die religiösen/historischen Aussagen über alle physikalischen Gesetze gestellt.
Eine wirre Theorie; die auch äußerst wirr und kaum lesbar aufgeschrieben ist.
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