Natürlich ist die Wahrscheinlichkeit, dass so etwas tatsächlich passiert, sehr gering. Die Bewegung der Planeten in unserem Sonnensystem ist i.A. chaotisch – d.h. es ist sowieso nicht möglich, konkrete Vorhersagen für Zeiträume zu machen, die länger als 10 Millionen Jahre sind (und selbst das ist eigentlich nicht möglich; praktisch sind die Zeiträume, über die die Position der Himmelskörper genau vorherberechnet werden kann, viel kürzer und liegen bei einigen tausend Jahren). Betrachtet man einige Milliarden Jahre, so wie Laskar, dann kann man nur noch statistische Aussagen machen. Und hier sind die Ergebnisse dann wieder beruhigend (nur für den Fall, dass jemand sich von der Kollision in 3,5 Milliarden Jahren beunruhigen hat lassen): von den 2501 verschiedenen Simulationen, die Laskar und sein Kollege Mikael Gastineau gemacht haben, führten nur 20 zu einer sehr hohen Merkur-Exzentrizität und den oben beschriebenen Szenarien. Und die Kollision von Erde und Venus trat überhaupt nur einmal auf.

Was bedeutet das nun für die Realität? Aus Laskars Arbeit folgt nicht, dass Venus und Erde irgendwann kollidieren werden. Oder das Mars der Erde nahkommt, Merkur aus dem System fliegt, usw. Es zeigt uns nur, dass eine Kollision zwischen den inneren Planeten unseres Sonnensystems prinzipiell möglich ist; die physikalischen Gegebenheiten erlauben diese Vorgänge. Die Statistik sagt uns aber auch, dass solche Ereignisse extrem unwahrscheinlich sind. Man sollte die Weltuntergangsschlagzeilen, die im Moment durch die Medien geistern also nicht allzu ernst nehmen.


Laskar, J., & Gastineau, M. (2009). Existence of collisional trajectories of Mercury, Mars and Venus with the Earth Nature, 459 (7248), 817-819 DOI: 10.1038/nature08096


Ähnliche Artikel: Kollidierende Planeten, Ordnung und Chaos in extrasolaren Planetensystemen Teil 1: Probleme mit den Parametern, Teil 2: Wie man simuliert, Teil 3: Wie misst man Chaos?, Teil 4: Die Dynamik des TrES-2 Systems, Resonanzen und

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Kommentare (7)

  1. #1 GeMa
    15. Juni 2009

    Aha. Das ist mir jetzt doch verständlicher, als bei Focus online. (Um von den noch kürzeren Meldungen der anderen mal nicht zu reden.)

  2. #2 isnochys
    15. Juni 2009

    Viel schlimmer ist ja, dass wir in ein paar Milliarden Jahren mit Andromeda kollidieren!
    :)))

  3. #3 Georg Hoffmann
    15. Juni 2009

    @Florian
    Lasker hat es mit der Story sogar auf Seite 3 der Liberation gebracht.
    DU sagst

    d.h. es ist sowieso nicht möglich, konkrete Vorhersagen für Zeiträume zu machen, die länger als 10 Millionen Jahre sind (und selbst das ist eigentlich nicht möglich; praktisch sind die Zeiträume, über die die Position der Himmelskörper genau vorherberechnet werden kann, viel kürzer und liegen bei einigen tausend Jahren).

    Wir benutzen insbesondere immer die Rechnungen von Andre Berger (Univ.Liege) für unsere Paleorechnungen und in der Tat fuer die letzten paar Millionen Jahre. Wieso meinst du, dass es “praktisch nur ein paar 1000 Jahre” geht?

  4. #4 Geoman
    15. Juni 2009

    @Florian Freistetter

    Wäre es nicht treffender und aufschlussreicher gewesen, wenn Sie Ihren interessanten Beitrag “Welten im Zusammenstoß reloaded…” genannt hätten!

  5. #5 Florian Freistetter
    15. Juni 2009

    @Georg: Es kommt drauf an, wie du “genau” definierst. “Genau” im Sinne von “mit einer Raumsonde zielgenau hinfliegen” braucht nicht nur die Newtonschen Gleichungen; sondern ART, den Einfluss der Asteroiden und Monde, extra Modelle für ausgedehnte Körper statt Punktmassen; nicht-gravitative Kräfte (Strahlungsdruck; Yarkovsky-Effekt), etc. Will man das alles für Millionen Jahre rechnen, schafft man das mit der aktuellen Computerpower nicht bzw. es wäre unökonomisch. Wenn man eine andere Art von “genau” haben will – z.B. die Paleorechnungen (die ja auch Laskar macht) kann man schon ein bisschen länger rechnen.

    @Geoman: Sie spielen auf Velikovsky an, nehm ich an. Über dessen “Theorie” hab ich hier schon was geschrieben. Da stoßen zwar auch Planeten zusammen – aber Velikovskys Arbeit ist nicht mit der von Laskar zu vergleichen. Laskar macht Wissenschaft; Velikovsky nur Unsinn. Seine Planetenbewegungen sind himmelsmechanisch unmöglich.

  6. #6 knorke
    17. Juni 2009

    Florian, ich habe mal eine (drei) Frage(n):
    Die Geschwindigkeit, mit der sich Planeten auf ihren Bahnen bewegen, nimmt die eigentlich ab?
    Wäre es dann eigentlich theoretisch möglich, dass die Planeten dadurch ihre Umlaufbahnen um die Sonnen immer weiter reduzieren und in die Sonne plumpsen?

    Und: Wie lange würde das dauern? (Wahrscheinlich einige Milliarden Jahre, nehme ich an?)

  7. #7 Florian Freistetter
    17. Juni 2009

    @knorke: Prinzipiell bleibt die Geschwindigkeit gleich und die Umlaufbahnen (im Mittel) gleich groß. ABER die allgemeine Relativitätstheorie sagt voraus, dass die Planeten Gravitationswellen abstrahlen und dadurch Energie verlieren und irgendwann tatsächlich in den Stern stürzen. Das dauert allerdings seeehr lange. Genaue Zahlen hab ich grad nicht – aber einige Milliarden Jahre auf jeden Fall; wahrscheinlich länger. Bei Doppelpulsaren, also sehr schweren Objekten, die einander umkreisen, konnte man diesen Effekt schon messen; bei den Planeten nicht – die sind zu klein.