Genau jetzt vor 40 Jahren ist die Mondlandefähre Eagle auf dem Mond gelandet und Neil Armstrong und Buzz Aldrin machten sich für den Ausstieg bereit. Das Jubiläum der Apollo-11 Mission lässt die alte Debatte “Ist bemannte Raumfahrt Geldverschwendung” wieder aufleben. Jetzt haben sich auch politische Parteien zu Wort gemeldet: Die Linke und die Grünen beeilen sich zu erklären, wie unsinnig sie die bemannte Raumfahrt finden.
Da kommen die aktuellen Schwierigkeiten auf der Raumstation ISS natürlich gerade recht: denn was würde sich besser populistisch ausschlachten lassen, als ein kaputtes Klo im Weltall!
Petter Hettich, bei den Grünen für die Raumfahrt zuständig, nennt die internationale Raumstation ISS ein “Fass ohne Boden mit zu geringem wissenschaftlichen Output”. Da passt es natürlich gerade gut, dass die Toilette der ISS vor kurzem ausgefallen ist. Und dann hat das Ding auch noch gut 4,5 Millionen Euro gekostet! Da schreibt auch Till Westermeyer, der Sprecher precher der Bundesarbeitsgemeinschaft Wissenschaft / Hochschule / Technologiepolitik der Grünen ein bisschen hämisch:
“Das Leben schreibt die besten Satiren – lange Artikel über defekte 6-Mio-Dollar-Toiletten sind der beste Beweis dafür, dass Menschen und deren Habitat im Weltraum schlichtweg extrem teuer und aufwändig sind.”
Ja! Natürlich ist es teuer und aufwändig, wenn man Menschen dauerhaft im All ansiedeln will. Was anderes zu erwarten, wäre naiv. Und natürlich ist eine Toilette für eine Raumstation teurer als eine normale auf der Erde. Soll man mit einer Rakete ein Dixie-Klo ins All schießen und an die ISS hängen? Was kommt als nächstes – die lustige (aber falsche) Geschichte vom Weltraumkugelschreiber, den die Amerikaner für Millionen Dollar entwickelt haben, während die Russen mit billigen Bleistiften ins All flogen?
Ich habe schon in meinem letzten Artikel zum Thema geschrieben, dass es sinnlos ist, das in Sachen bemannter Raumfahrt das Kosten-Argument zu bringen. Verglichen mit anderen Ausgaben ist Raumfahrt spottbillig! Die Frage ist nicht, ob wir uns bemannte Raumfahrt leisten können – sondern ob wir sie uns leisten wollen!
Und hier sollte die Antwort ein klares “Ja!” sein. Natürlich – die Raumfahrt steckt immer noch in den Kinderschuhen und es ist nicht absehbar, ob und was und das in Zukunft bringen wird. Aber irgendwer muss den Anfang machen! Es muss Entdecker und Visionäre geben, die irgendwann etwas als erstes machen. Die Raumfahrt wird nicht von selbst über Nacht billig und rentabel werden. Das passiert nur, wenn sie ständig weiter durchgeführt und immer weiterentwickelt wird. Gleiches ist ja z.B. auch bei den Computern passiert. Wäre man da in den 50ern stehen geblieben, weil die Computer damals groß, unhandlich, extrem teuer und für die meisten Menschen völlig nutzlos waren, dann wäre unsere Welt heute eine völlig andere. Glücklicherweise hat man sich entschieden, hier weiter zu investieren und zu forschen.
Bei der Raumfahrt sieht die Sache leider anders aus. Hier hat die NASA zwar den Wettlauf zum Mond gewonnen – dann aber das Apollo-Programm eingestellt und seitdem nicht mehr viel in Sachen bemannter Raumfahrt unternommen. Der Aufbau der ISS ist ein (kleiner) Schritt in die richtige Richtung. Nächstes Jahr, wenn das Shuttle-Programm der NASA ausläuft, werden die USA selbst nichtmal mehr in der Lage sein, Menschen ins All zu bringen! Sie werden dann die Russen oder Chinesen dafür bezahlen müssen, ihre Astronauten zur ISS zu bringen.
Wenn es so weiter geht, werden Menschen, die auf einem anderen Himmelskörper spazieren gehen irgendwann in nicht allzu ferner Zukunft für die meisten Menschen nur Teil der Geschichte sein. So wie der erste Weltkrieg, die Erfindung der Eisenbahn, das erste Flugzeug. Dinge, die irgendwann in der Vergangenheit stattgefunden haben, aber heute niemanden mehr interessieren und auch keine Rolle mehr spielen.
Von der aktuellen jungen Generation hat nie jemand die Aufregung und Faszination einer bemannten Mission zu einem anderen Himmelskörper erlebt! Das ist schade – denn das ist genau das, worum es bei der bemannten Raumfahrt geht (und genau diesen Punkt hat Till Westermeyer seltsamer bei der Zusammenfassung meiner Argumente ausgelassen): Raumfahrt ist ein faszinierendes Geschäft und nichts fesselt die Menschen so sehr, wie bemannte Raumfahrt!
Vor 40 Jahren fieberte die ganze Welt mit 2 Amerikanern mit, die sich auf den Weg machten, als erste Menschen den Mond zu betreten. Heute können wir Roboterfahrzeugen bei der Erforschung fremder Welten zusehen. Und so wichtig auch die dadurch gewonnenen Ergebnisse und so spannend diese Missionen für die Fachleute sind – die Menschen werden erst dann das Gefühl haben, wirklich im Weltraum, wirklich auf anderen Planeten angekommen zu sein, wenn sie tatsächlich dort sind!
Kritiker wie Petter Hettich, Till Westermeyer oder Petra Sitte von den Linken vergessen, wie wichtig diese Art der Faszination für Menschen sein kann. Alan Stern hat das in einem Artikel für “The Space Review” wunderbar zusammengefasst:
“As I see it, the greatest achievement of Apollo is the inspiration
that Apollo’s bold, quickly-paced, and futuristic accomplishment
generated in so many baby boomers, whose hearts were captured by the
tsunami of new technologies Apollo generated and the sheer exuberance
for invention that space exploration inspired.As a result, armies of kids like myself followed their hearts,
stirred by the epic, larger-than-life explorations of Apollo that
unfolded before them on TVs, and chose careers in computer science,
electrical engineering, aerospace engineering, geophysics, and a dozen
other technical fields.”
Bemannte Raumfahrt; die Erforschung fremder Welten durch Menschen, nicht durch Maschinen, ist das beste Mittel, um Menschen für die Wissenschaft und Technik zu interessieren. Und – das ist meine persönliche Meinung – je mehr Menschen sich für Wissenschaft interessieren; je mehr Menschen auf unserem Planeten Zugang zu Bildungseinrichtungen haben und vor allem haben wollen, desto besser wird es uns allen gehen! Bildung und Forschung sind der Schlüssel zur Lösung jedes Problems. Und man sollte sich eine so fantastische Möglichkeit, Menschen für Bildung und Forschung zu interessieren, wie es die bemannte Raumfahrt ist, nicht entgehen lassen!
Weitere Artikel in der Serie “40 Jahre Mondlandung”: Die Mondlandungslüge einmal anders betrachtet, LRO fotografiert den Landeplatz von Apollo 11, Ist bemannte Raumfahrt Geldverschwendung?, Die Astrologin und der Austronaut, 1959: die erste Mondlandung von Luna 2, Wie ein Filzstift einmal die Mondlandung gerettet hat, Fantastische Bilder und ein restauriertes Video der Mondlandung, Wir kamen in Frieden und für die gesamte Menschheit, We choose the moon, Die verlorenen Videoaufnahmen vom Mond, Zuhören beim Wettlauf um den Mond, I faked the moon landing, MyMoon – Mond 2.0, Live von Apollo 11 – 40 Jahre später
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