Die erste bemannte Landung auf dem Mond war natürlich erstmal eine herausragende technische Leistung. Aber Neil Armstrong und Buzz Aldrin sind nicht nur zum Mond geflogen, um dort die amerikanische Flagge zu hissen und ein bisschen spazierenzuhüpfen.
Die Menschen fliegen ins Weltall um zu entdecken und zu lernen! Und darum wurde selbstverständlich auch die erste Landung am Mond für wissenschaftliche Zwecke genutzt (siehe z.B. hier und hier). Und von dieser Forschung profitieren wir heute noch! Nicht nur von den geologischen Proben – auch von den Laserreflektoren, die die Apolloastronauten auf dem Mond platziert haben.
Eines der wissenschaftliche Geräte, die Buzz Aldrin und Neil Armstrong am Mond platziert hatten, war ein sogenannter “Laserretroreflektor”:
Hier ist der Reflektor nochmal in Großaufnahme (dieses Bild stammt von der Apollo 15 Mission):
So ein Reflektor besteht aus einer Menge Tripelprismen aus Quarzglas. Dieses Material (Suprasil®1) ist wegen seiner Langzeitstabilität gegen ionisierende Strahlung besonders für einen Einsatz im Weltall geeignet. Hergestellt wurde dieses Material übrigens von der hessischen Firma Heraeus Quarzglas aus Hanau (hier gibt es einen ausführlichen Bericht über die Herstellung des Retroreflektors).
Auch die Sowjetunion hat mit dem Mondmobilen Lunokhod 1 und 2 (1970 und 1973) kleine Laserreflektoren auf den Mond gebracht (der Reflektor ist das kleine Ding links vorne):
Was macht man aber nun mit diesen ganzen Reflektoren auf dem Mond? Ganz einfach: man schießt mit Laserstrahlen auf so!
Etwas weniger martialisch ausgedrückt dienen sie dem “Laser Ranging”. Bei diesem Verfahren werden energiereiche Laserstrahlen zum Mond geschickt, dort an den Spiegeln reflektiert und auf die Erde zurückgeworfen. So einem Retroreflektor liegt das gleiche Prinzip zu Grunde wie den Reflektoren, die z.B. an Fahrradreifen zu finden sind. Sie dienen dazu, Licht- bzw. elektromagnetische Wellen möglichst verlustfrei zu reflektieren. Sind die Strahle wieder auf der Erde gelandet registriert man sie und kann aus der Laufzeit der Laserstrahlen den Abstand zwischen Erde und Mond berechnen.
Das klingt leichter als es ist. Tatsächlich ist die Sache ziemlich knifflig und gleich der erste Versuch, den Reflektor am Mond anzupeilen, ist fehlgeschlagen (siehe den Zeitungsausschnitt vom 21. Juli 1969 rechts – Quelle).
Auch wenn der Laserstrahl anfänglich sehr stark fokusiert ist, verbreitert er sich im Laufe der Zeit natürlich doch. Und der Mond ist ja knapp 400.000 km entfernt!
Wenn der Laserstrahl dort ankommt, hat er sich stark aufgefächert und trifft auf einen 2 Kilometer durchmessenden Bereich. In diesem Bereich befindet sich hoffentlich – vorausgesetzt man hat die richtige Stelle am Mond angepeilt – der Retroreflektor.
Nur ein winziger Bruchteil der ausgesandten Photonen wird also tatsächlich reflektiert (nur eines von einigen Millionen). Und auch die reflektierten Photonen bleiben nicht eng fokussiert sondern fächern auf. Wieder beim Teleskop bedecken die reflektierten Photonen eine Fläche von knapp 15 Kilometern!
Das Teleskop kann also wieder nur einen winzigen Bruchteil der reflektierten Photonen registrieren. Und dann muss man natürlich noch berücksichtigen, dass sich Mond und Erde bewegen und das der Laserstrahl ein bisschen mehr als eine Sekunde braucht, um beim Mond anzukommen. Man muss also quasi nicht direkt auf den Reflektor zielen, sondern dorthin, wo sich der Reflektor befindet, wenn der Strahl von der Erde eintrifft.
Es ist also kein Wunder, dass der erste Versuch im Juli 1969 fehlgeschlagen ist. Mittlerweile weiß man allerdings recht gut, wie es geht und Laser Ranging wird seit Jahrzehnten standardmäßig betrieben.
Zum Beispiel am McDonald-Observatorium in Texas:
Oder, seit 2006, beim APOLLO-Projekt (Apache Point Observatory Lunar Laser-ranging
Operation) am Apache Point Observatory in New Mexico:
APOLLO kann die Entfernung zum Mond bis auf ein paar Millimeter genau messen! Aber was nützt uns das überhaupt?
Lunar Laser Ranging (LLR) hat jede Menge Anwendungsmöglichkeiten. Durch LLR konnte man beispielsweise bestimmen, dass sich der Mond jährlich um 3.8 cm von der Erde entfernt (eine Folge der Gezeitenreibung). Auch Erdbeben am Mond lassen sich durch millimetergenau Abstandsmessungen aufzeichnen: wenn der Reflektor auch nur ein kleines bisschen wackelt, merken wir das hier auf der Erde! Und da das lunare Seismometer nur ein paar Wochen lang gearbeitet hat, ist LLR hier eine wertvolle Alternative!
Aber LLR bietet noch mehr Möglichkeiten: bei der aktuell erreichten Genauigkeit reicht die Newtonsche Theorie der Gravitation nicht mehr aus, um die Bewegung des Mondes zu beschreiben. Es ist nötig, die Relativitätstheorie zu verwenden. Und LLR macht es sogar möglich, die potentiellen Grenzen der Relativitätstheorie auszuloten. Wenn die allgemeine Relativitätstheorie die Bewegung von Himmelskörpern doch nicht genau beschreiben sollte, dann wird man das durch solche Messungen vielleicht merken können.
Man kann auch verschiedene Grundprinzipien der Relativitätstheorie prüfen. So sagt z.b. das Äquivalenzprinzip, dass alle Körper, unabhängig von ihrer Zusammensetzung, Masse, Form, etc, im Vakuum auf die gleiche Art fallen. Dass muss auch für Erde und Mond gelten. Trotz unterschiedlicher Größe, Masse und Zusammensetzung fallen beide im Vakuum um die Sonne. Wenn das Äquivalenzprinzip irgendwo verletzt würde, würde man das durch LLR vielleicht merken. Auch eine Verletzung des starken Äquivalenzprinzips (einige neue Theorien wie z.B. die Stringtheorie sagen so etwas voraus) könnte man so nachweisen, genauso wie eine eventuelle zeitliche Variation der Gravitationskonstante oder relativistische Präzessionseffekte.
Laser Ranging ist also durchaus wichtig und glücklicherweise haben die Apollo-Mission uns die Möglichkeit gegeben, diese Experimente durchzuführen!
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