[Das hier ist eine Rezension eines Kapitels des Buches “Der Drache in meiner Garage” von Carl Sagan. Links zu den Rezensionen der anderen Kapitel finden sich hier.]
Bald ist das Buch zu Ende. Im lezten Kapitel beschäftigt sich Sagan nochmal mit der Politik. Die wissenschaftliche Methode eignet sich laut Sagan nicht nur um Erkenntnisse über die Natur zu gewinnen – sondern auch um politische, soziale und wirtschafliche Systeme zu verbesseren.
Denn Politik ist immer auch ein Experiment. In Holland ist Marihuana legal; in Deutschland nicht. In den USA kann jeder Waffen besitzen – in Kanada nicht. Usw. Ok, es fehlen im Allgemeinen entsprechende Kontrollgruppen; die Variablen sind nicht ausreichend getrennt – aber bis zu einem gewissen (und durchaus nützlichen) Grad lassen sich aus politischen Entscheidungen wissenschaftliche Erkenntnisse gewinnen.
Die Geschichte zeigt allerdings, das wir Menschen dazu neigen, die selben Fehler immer wieder zu machen. Das bringt Sagan zur amerikanischen Unabhängigkeitserklärung und ihren Verfassern. Sie haben probiert, eine Dokument zu schaffen, das es den Menschen erlaubt, möglichst wenige dieser Fehler zu machen und so eine bessere Zukunft für alle zu erreichen.
Die Leute, die die Unabhängigkeitserklärung entworfen haben, hatten viel Ahnung von Wissenschaft. Sagan erwähnt hier besonders Thomas Jefferson, eines seiner Vorbilder. Jefferson war nicht nur Politiker, sondern auch Wissenschaftler. Er war das, was man einen Universalgelehrten nennt: nicht nur naturwissenschaftlich, sondern auch geisteswissenschaftlich gebildet. Er war einer der Pioniere der amerikanischen Archäologie und hat die ersten Schritte einer Dendrochronologie entwickelt (eine Methode, um aus den Jahresringen eines Holzstücks dessen Alter zu bestimmen). Er war von der wissenschaftlichen Methode überzeugt. In einem Brief kurz vor seinem Tod schrieb er, dass es das “Licht der Wissenschaft” war, das gezeigt habe, dass weder “die Menschen mit Sätteln auf ihren Rücken geboren wurden”, noch einige wenige glückliche Menschen “gestiefelt und mit Sporen” auf die Welt kamen.
Aber auch die anderen Gründer der amerikanischen Nationen waren keine Unbekannten. Leute wie Benjamin Franklin, George Washington oder Tom Paine waren nicht nur Politiker. Sie unterschieden sich auch dramatisch von den Politikern unserer Zeit. Sie waren geprägt durch die europäische Aufklärung. Sie besaßen eine große Allgemeinbildung. Sie dachten langfristig und nicht nur bis zur nächsten Wahl. Sie hatten eine eigene Meinung und keine, die von Meinungsumfragen vorgegeben wurde. Sie waren an Wissenschaft interessiert und verstanden ihre Ergebnisse und ihre Methode bzw. waren selbst Wissenschaftler.
Wo sind diese Leute heute? Sagan meint, das heute hundert mal mehr Menschen in Amerika leben als damals. Wenn es im 18. Jahrhundert etwa 10 Leute vom Kaliber Thomas Jefferson gegeben hat, dann sollte es heute 1000 geben. Wo sind sie?
Heute haben Aufklärung und Wissenschaft in Amerika (und auch im Rest der Welt) wenig(er) zu sagen. Gerade in den USA fordert die religiöse Rechte eine Gesetzgebung, die nicht auf der “Bill of Rights” sondern auf der Bibel basiert.
Thomas Jefferson schrieb in einem Brief an James Madison:
Eine Gesellschaft, die ein bisschen Freiheit gegen ein bisschen Ordnung eintauscht, wird beides verlieren und hat auch keins davon verdient.
Aber nicht nur die Bemühungen der religiösen Rechten sind eine Gefahr für die grundlegenden Freiheiten der Menschen. Auch die Menschen selbst gefährden ihre Rechte. Was nützt die Redefreiheit, wenn niemand der Regierung widerspricht? Was nützt Pressefreiheit, wenn keine bereit ist, unbequeme Fragen zu stellen? Was nützt ein allgemeines Wahlrecht, wenn die Hälfte der Menschen nicht wählen geht? Rechte und Freiheiten muss man benutzen! Ansonsten verliert man sie.
Wenn wir nicht für uns selbst denken und nicht bereit sein, die Authoritäten in Frage zu stellen können die, die an der Macht sind, machen, was sie wollen. Wenn die Bevölkerung allerdings entsprechend gebildet und im kritischen Denken geschult ist, dann ist sicher gestellt, dass die Mächtigen für die Menschen arbeiten und nicht gegen sie.
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