An der Universität von Magdeburg kann man Homöopathie studieren. Ärzte sollen dort in einem berufsbegleitenden Masterstudium alles über die hohe Kunst lernen, die geschütteltes Wasser zu einem Medikament macht…
Wie eine Universität so eine Entscheidung verantworten kann, ist mir nicht wirklich klar. Es gibt kaum etwas unwissenschaftlicheres als die Homöopathie. Und die soll nun hochoffiziell an einer echten Universität gelehrt werden; mit einem echten Abschluß als draufgabe?
Das die Homöopathen nach dieser Art der Anerkennung drängen, ist klar. Denn ihre Methode, einen Wirkstoff so lange zu verdünnen, bis er nicht mehr vorhanden ist und dann zu behaupten, er würde besser wirken als vorher widerspricht jeder physikalischen und chemischen Erkenntnis. Medizinische Studien bescheinigen der Homöopathie regelmäßig, dass sie nicht wirkt. Und wenn man die Fakten nicht auf seiner Seite hat, dann muss man eben anderweitig probieren, seriös zu erscheinen.
Die Carstens-Stiftung, ein Verein zur Förderung der Homöopathie, hat den Homöopathen ja schon einen Lehrstuhl an der Charité Berlin gekauft.
Aber wie ist es zum Homöoapthie-Studiengang in Magdeburg gekommen? Wessen Entscheidung war das? Ich habe diese (und andere Fragen) an Mitarbeiter der Universität gestellt und heute eine neue Antwort bekommen.
Geantwortet hat mir Prof. Helmut Weiß. Und er scheint der passende Ansprechpartner zu sein:
“Ich bin promovierter Chemiker, habe den Lehrstuhl für Physikalische Chemie an der Otto-von-Guericke-Universität inne, bin seit 2005 Prorektor für Planung und Haushalt, und begleite in dieser Funktion seit ca. 2006/2007 das Projekt des Weiterbildungs-Masterstudiengangs “Wissensentwicklung und Qualitätsförderung in homöopathischer Medizin (Integrated Practice in Homeopathy) (M.A.)”
Prof. Weiß weiß auch, wie die Sache mit dem Homöopathie-Studium entstanden ist:
“Die ersten Diskussionen über den Studiengang begannen in den Jahren 2005/2006; eine Kollegin stellte im Rahmen des Projekts IBA 2010 den Kontakt zwischen dem Deutschen Zentralverein homöopathischer Ärzte (DZVhÄ) und der Universitätsleitung her. Bereits frühzeitig wurde klar, dass es sich hier um einen Professionalisierungsstudiengang handeln würde, wie ihn die Otto-von-Guericke-Universität (OVGU) auch in anderen Richtungen anbietet.”
Ok – was die Internationale Bau-Ausstellung Sachsen-Anhalt 2010 damit zu tun hat, erschließt sich mir im Moment nicht – aber gut. Weniger überrascht mich, dass der DZVhÄ an der ganzen Sache beteiligt war.
“In der Folgezeit wurden wiederholt Gespräche zwischen dem DZVhÄ und der OVGU geführt. In diese Diskussionsrunden wurden von Anfang an einbezogen VertreterInnen der vor allem beteiligten Fakultäten, also der Medizin (FME) und der Geistes-, Sozial- und Erziehungswissenschaften (FGSE), sowie unseres Dezernats für Studienangelegenheiten; der Studiengang soll schließlich akkreditierungsfähig sein, dies setzt hohe Standards voraus.”
Hmm – Nur Mediziner und Geistes/Sozial/Erziehungswissenschaftler? Vielleicht hätte man doch noch ein paar Naturwissenschaftler um ihre Meinung bitten sollen…
Dabei wurde frühzeitig klar, dass aufgrund der Zielsetzung “Professionalisierung, Qualitätssicherung, Methodiken” der Studiengang in der FGSE angesiedelt und als Abschluss ein “Master of Arts” vergeben werden sollte. Die FME leistet Beiträge zu den Gebieten Ethik, Reflexion professionellen Handelns und der Arzt-Patienten-Beziehung, ärztliche Entscheidungsfindung und Nutzenbewertung sowie ggf. anderes mehr.”
“Reflexion professionellen Handelns” – das stell ich mir im Zusammenhang mit der Homöopathie besonders interessant vor. Man könnte den Teilnehmern des Studiengangs zum Beispiel dieses Video zeigen:
und sie danach bitten, in ihrer Funktion als ausgebildete Ärzte mal ganz professionell darüber zu reflektieren….
Prof. Weiß schreibt weiter:
“Ich selber als Chemiker sehe natürlich die Probleme. Wir haben aber auch die Vertreter des DZVhÄ, mit denen wir den Studiengang vorbereiten, als “open-minded” kennengelernt, die die Homöopathie in einen kritischen akademischen Dialog mit modernen Wissenschaftskonzepten einer medizinübergreifenden Community führen wollen. Z.B. angesprochen auf das “Erinnerungsvermögen” des Wassers, sagte mir einer, daran würde er auch nicht glauben, aber gerne verstehen, warum seine Behandlungsmethoden wirken würden. Das ist ein legitimer Anspruch.”
Ein “kritischer akademischer Dialog mit modernen Wissenschaftskonzepten”?? Ja, das hört man oft… aber Homöopathie ist 200 Jahre alt! Und in der ganzen Zeit hat sie es nicht geschafft, nachzuweisen, dass sie funktioniert! Langsam könnte man sich vielleicht mal zu der Entscheidung durchringen, dass Homöopathie Unsinn ist. Und dem Arzt/Homöopath, der gerne wissen will, warum seine Behandlung wirkt, sollte man vielleicht raten, nochmal seine Skripten aus der Studienzeit hervorzukramen und dort unter “Placebo”, “Beziehung zwischen Arzt und Patient” und ähnlichen Stichwörtern nachzusehen.
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