Da soll nochmal einer sagen, Aberglaube und Esoterik wären nicht gefährlich: dieser Artikel aus der New York Times zeigt das Gegenteil.
Im Irak vertrauen die Behörden auf eine Wünschelrute, um Bomben zu finden…
Die Situation im Irak ist nicht angenehm. Immer wieder gibt es Bombenanschläge. Deswegen sind überall in den großen Städten Kontrollpunkte eingerichtet, an denen Menschen und Autos nach Sprengstoff und Waffen durchsucht werden.
Diese Kontrollen werden mittlerweile von den irakischen Sicherheitskräften durchgeführt – und zwar mit einem Gerät namens “ADE 651″.
Auf der Homepage des Herstellers findet man dazu folgende Angaben:
Detection technology: Using ATSC’s proprietary application of electrostatic ion attraction, the ADE651™ provides detection of programmed substances with unprecedented sensitivity.
Aha – “elektrostatische Ionen-Anziehung” – so funktioniert das also. Klingt jedenfalls schonmal schön wissenschaftlich. Und dieses Gerät kann wirklich viele Sachen aufspüren:
Black Powder, Used Weapons, Fireworks, all types of Ammunition,
Ammonium Nitrate (ANFO-ANNIE), Chinese Czech and Russian Semtex, Plastic (C4, C1, …), Dynamite, RDX, TNT, Nitroglycerine, Tetryl, Grenades, Mines, Amphetamine, Cocaine, Crack, Heroine, Marijuana, Cannabis, Morphine, Ivory, Human research, Bank notes, …
Wow – ein kleines Kästchen mit ner Wackelantenne dran kann also Sprengstoff, Geldscheine, Marihuana, Elfenbein und “human research” (was immer das auch sein mag) unterscheiden und detektieren – und das bis zu Entfernungen von 5 Kilometern!
Ein wahres Wunderding! Das ist es kein Wunder, dass man dafür ein paar zehntausend Euro auf den Tisch legen muss. Aber leider scheint das Wunderding nicht wirklich zu funktionieren…
Die amerikanischen Truppen im Irak verwenden das Ding jedenfalls nicht. Major General Richard Rowe sagt dazu:
“Ich glaube nicht, dass es einen Zauberstab gibt, mit dem man Sprengstoff detektieren kann. Wenn dem so wäre, dann würden alle ihn benutzen. Ich habe kein Vertrauen in dieses Gerät.”
Auch das National Explosive Engineering Sciences Security Center der Sandia Labs hat das Gerät untersucht und festgestellt, dass es nicht besser funktioniert, als wenn man einfach raten würde, ob Sprengstoff versteckt wurde oder nicht.
Und das amerikanische Justizministerium hält das Gerät ebenfalls für Humbug. Die irakischen Verantwortlichen interessiert das aber nicht. General Jehad al-Jabiri, im Ministerium zuständig für die Suche nach Sprengstoffen meint:
“Das Justizministerium und die Sandia Labs interessieren mich nicht. Ich weiß mehr über diese Angelegenheit als die Amerikaner.”
Er will auch keine Hunde bei der Suche nach Sprengstoffen einsetzen (für den Preis einer Wünschelrute bekäme man gleich ein paar ausgebildete Sprengstoffhunde) – denn das wäre zu aufwändig und würde zu lange dauern.
Natürlich hat man sich von Seiten der Hersteller abgesichter falls das Gerät mal versagt. Dann ist nicht der Zauberstab schuld, sondern der, der ihn bedient. Man muss bei der Anwendung nämlich ausgeruht sein, darf nicht zittern, muss einen ruhigen Puls und keine erhöhte Körpertemperatur haben. Und natürlich das Ritual genau befolgen, dass die NY Times so beschreibt:
Der Anwender muss zuerst einen Augenblick auf der Stelle laufen um das Gerät “aufzuladen” da es keine Batterie oder andere Energiequelle besitzt. Dann muss er sich mit dem Stab im rechten Winkel zu seinem Körper bewegen. Wenn sich Sprengstoff links vom Anwender befindet, dann soll sich der Stab auf die linke Seite drehen und auf sie zeigen.
Überraschend, das man nicht auch noch einen Zauberspruch aufsagen muss…
Ein Reporter der Times ist testhalber mit einer Waffe und Munition durch mehrere Strassensperren gefahren – ohne das die Sicherheitskräfte mit ihren Geräten irgendwas detektieren konnten. Auch bei einer Demonstration, die General Jabiri selbst angeregt hat, konnte ein Reporter eine Handgranate nicht detektieren. Jabiris Antwort: “Sie müssen mehr trainieren”
Im Vergleich dazu sind die Wüneschelrutengeher unserer Breiten richtig harmlos. Aber im Irak verlässt man sich auf diese wirkungslosen Geräte, um Bomben zu finden! Das ist dann nicht mehr lustig; hier führen Aberglaube und mangelnde Skepsis direkt zum Verlust von Menschenleben!
Übrigens hat auch James Randi der Firma ATSC, die das Gerät herstellt, eine Million Dollar angeboten, falls sie überprüfbar zeigen können, dass ihr Zauberstab funktioniert. Von den Verantwortlichen kam keine Antwort.
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