Ich bin immer wieder aufs neue erstaunt darüber, was man mit Wissenschaft alles machen kann. Wir sind eigentlich nur ein paar Affen die gerade erst vor kurzem herausgefunden haben wie das mit der Intelligenz funktioniert – und trotzdem sind wir fähig Dinge über das Universum herauszufinden, die fantastisch sind.
Und die Wissenschaft überrascht einen immer wieder…
Vor einem guten Jahr habe ich über die faszinierende Arbeit von Alexander Kashlinsky vom Goddard Space Flight Center der NASA und seinen Kollegen berichtet.
Aus Daten des Satelliten WMAP, der die kosmische Hintergrundstrahlung untersucht, haben Kashlinsky und seine Kollegen herausgefunden, dass sich weit entfernte Galaxienhaufen nicht auf die Art und Weise bewegen, wie sie es eigentlich tun sollten. Sie bewegen sich alle in eine bestimmte Richtung und das schneller als es der Fall sein sollte.
WMAP-Bild der kosmischen Hintergrundstrahlung im Universum. Die Galaxienhaufen bewegen sich in Richtung der violetten Ellipse (Bild: NASA/WMAP/Kashlinsky et al.)
In Anlehnung an dunkle Materie und dunkle Energie wurde dieses Phänomen dark flow bzw. “Dunkler Fluss” genannt.
Vor kurzem haben Kashlinsky et al. einen neuen Artikel zu diesem Thema veröffentlicht. Er trägt den unspektakulären Titel “A new measurement of the bulk flow of X-ray luminous clusters of galaxies“ – aber er hat es in sich!
Kashlinsky sagt über die Ergebnisse:
Wenn der Fluss sich wirklich bis zum kosmologischen Horizont erstreckt, so wie das unsere Resultate andeuten, dann ist ihr Ursprung sehr wahrscheinlich mit der Struktur der Raumzeit vor der Inflation [das sind die ersten Millisekunden nach dem Urknall] verknüpft und kann uns Hinweise auf ein Multiversum der einen oder anderen Form geben.
Die inflationäre Phase von der Kashlinsky spricht, ist Teil des kosmologischen Standardmodells das besagt, dass sich das Universum kurz nach dem Urknall für kurze Zeit extrem schnell ausgedehnt hat – schneller als die Lichtgeschwindigkeit (diese superluminare Expansion
verletzt übrigens nicht die Relativitätstheorie). Deswegen gibt es auch heute noch Bereiche im Universum die so weit
entfernt sind dass das Licht von dort keine Zeit hatte um bis zu uns zu
gelangen (sie liegen hinter dem “kosmologischen Horizont” den Kashlinsky erwähnt).
Konkrete Beobachtungsdaten aus dieser Zeit zu erlangen, ist äußerst schwer. Aber es scheint so zu sein, dass die Untersuchung des dunklen Flusses vielleicht wirklich Aufschluß über das Universum vor der Inflation geben könnte.
Und hier wird es interessant! Die allerersten Augenblicke des Universums sind noch nicht komplett verstanden. Hier gibt es mehrere Theorien bzw. Hypothesen und manche davon postulieren ein “Multiversum”. Also mehrere Universen, die quasi “nebeneinander” existieren. Diese Hypothesen behaupten auch, dass die Paralleluniversen eine gewisse Kraft auf unser Universum ausüben können – die dann den “dark flow” verursacht!
Die Kosmologin Laura Mersini-Houghton meint sogar dass, “diese Ergebnisse eines der direktesten Indizien für ein Multiversum” sind. Die Multiversums-Theorie würde einen dark flow vorhersagen und auch die prognostizierten Geschwindigkeiten würden gut mit den Beobachtungen übereinstimmen.
Natürlich sind die Hypothesen über die Existenz eines Multiversums nicht unumstritten und auch die Beobachtungsdaten sind noch lange nicht klar genug. Aber alleine die Tatsache, dass wir fähig sind diese Frage anhand konkreter Vorhersagen und Messungen zu diskutieren ist faszinierend.
Erst vor knapp 400 Jahren haben wir gemerkt, dass die Erde und die Sonne nichts besonders sind und es noch unzählige andere Sterne im Universum gibt. Vor nicht einmal 100 Jahren haben wir herausgefunden, dass es neben unserer Milchstrasse noch unzählige andere Galaxien gibt und das das Universum viel größer ist, als wir dachten. Und heute sind wir eventuell bald in der Lage herauszufinden ob das Universum selbst einmalig ist oder ob noch andere Universen existieren! Wissenschaft ist so cool!
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