Am Anfang des Jahres habe ich über extrasolare Planeten in Doppelsternsystemen geschrieben.

Das ist keine Science-Fiction – solche Objekte gibt es tatsächlich. Und ihre Erforschung ist nicht unwichtig. Denn unser Sonnensystem mit seiner einzelnen Sonne ist gewissermaßen ein Spezialfall: die Mehrheit der Sterne ist in Doppel- bzw. Mehrfachsternsystemen organisiert. Zu wissen, ob und welche Planeten dort existieren können ist also äußerst interessant!

Eine neue Entdeckung kurz vor Weihnachten bringt dieses Thema wieder einmal an die Öffentlichkeit.


In meinem früheren Artikel habe ich schon beschrieben, dass es prinzipiell zwei Möglichkeiten gibt, wie sich ein Planet in einem Doppelsternsystem bewegen kann.

Entweder er bewegt sich weit innen nur um einen der beiden Sterne herum – oder weit außen um beide auf einmal!

Der Bereich dazwischen ist tendetiell chaotisch; dort können sich keine Planeten aufhalten.

i-5227a5500bbdc543ecfabde30560626d-ptyp-thumb-500x291.jpgi-17d2fcab832dc29d0bceafd8fa706ab3-styp-thumb-500x290.jpgPlanet auf S-Typ-Bahnen (“S” steht hier für “satellite”) hat man schon viele entdeckt. Aber bis jetzt ist kein einziger echter P-Typ-Planet (“P” heisst “planetary”) gefunden wurde.

Man kannte einen “falschen”: 2003 wurde der Planet “PSR B1620-26 b” entdeckt. Er umkreist ein Doppelsystem, bestehend aus einem Pulsar und einem weißen Zwerg. Beides sind keine echten Sterne sondern verschiedene Arten von “Sternleichen”. Aus einem großen Stern wird am Ende seines Lebens, wenn aller Kernbrennstoff verbraucht ist nach einer großen Supernova-Explosion ein Neutronenstern (ein nur etwa 10 km kleines Objekt das extrem dicht ist) oder ein schwarzes Loch (ein Pulsar ist ein spezieller Neutronenstern). Kleinere Sterne so wie unsere Sonne enden als weißer Zwerg – ebenfalls ein sehr dichtes, kleines Objekt (ungefähr so groß wie die Erde).

Findet man in solchen “toten” Systemen Planeten, ist es immer schwer zu sagen, ob es sich dabei um “Planeten” im eigentlichen Sinne handelt. Den gewaltsamen Tod ihrer Muttersterne hätten sie wahrscheinlich nur schwer überstanden (obwohl auch das möglich sein kann). Vielleicht haben sie sich erst nach dem Ende der Sterne aus deren Überresten gebildet?

Die Mehrheit der Astronomen sieht solche Planeten meistens nicht als “echte” Planeten an – dafür müssten sie normale sogenannte “Hauptreihensterne” umkreisen – also Sterne, in denen noch der normale Kernfusionszyklus stattfindet.

Astronomen aus China haben nun wieder die Entdeckung eines Planeten, der um zwei Sterne auf einmal kreist, verkündet. Das Doppelsternsystem um das es sich handelt, heisst QS Virginis. Es besteht aus einem roten Zwergstern und einem weißen Zwerg. Beide sind nahe beieinander. Sehr nahe. Also wirklich nahe!

Ihr Abstand beträgt nur knapp 840000 km – das ist etwa die doppelte Entfernung zwischen Erde und Mond! Ich habe es jetzt zwar nicht nachgerechnet – aber der Raum zwischen den beiden Sternen dürfte – dynamisch gesehen – wirklich sehr knapp sein. Es ist also nicht verwunderlich, dass der Planet beide Sterne weiter außen umkreist.

QS Vir b ist mehr als sechsmal so schwer wie Jupiter und ist von beiden Sternen etwa 4.2 Astronomische Einheiten entfernt. Das entspricht in unserem Sonnensystem in etwa der Entfernung des äußeren Endes des Asteroidengürtels zwischen den Bahnen von Mars und Jupiter. Aus dieser Entfernung ist es für den Planeten – wieder dynamisch gesehen – auch ziemlich egal ob da ein oder zwei Körper sind. In erster Näherung spürt er die kombinierte Gravitationswirkung beider Sterne und es ist für ihn so, als wäre da nur ein zentrales Objekt.

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Künstlerische Darstellung eines eruptiv veränderlichen Sterns. Um den weißen Zwerg sammelt sich Material in einer Akkretionsscheibe (Bild: NASA)

Was die Astrophysik angeht darf man jedoch nicht vernachlässigen, dass man hier zwei Objekte hat. Die beiden Sterne sind nämlich sogenannte kataklysmische Variable. Weil sie so extrem nahe beieinander stehen, kommt es vor daß Material vom roten Zwerg zum weißen Zwerg “fließt”. Dadurch wird der weiße Zwerg immer schwerer und schwerer bis er irgendwann die kritische Masse erreicht und kurzfristig eine Kernfusion einsetzt. Der weiße Zwerg wird zur Nova und leuchtet für kurze Zeit wieder auf – bis das Material wieder verbraucht ist und er erneut stirbt.

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Kommentare (10)

  1. #1 schlappohr
    29. Dezember 2009

    Ist wieder nur so ein Gedankengang: Setzt die “Neuzündung” des weißen Zwerges nur einmal ein oder immer wieder? Im zweiten Fall würde das Gesamtsystem durch die ständigen Novae ja schrittweise Masse verlieren, und durch die abnehmende Gravitation müsste sich der Planet ja im Laufe der Zeit spiralförmig entfernen. Wenn der Rote Zwerg irgendwann “verbraucht” ist, stabilisiert sich dann die Umlaufbahn des Planeten? Vermutlich ist alles wieder viel komplizierter 🙂

  2. #2 Florian Freistetter
    29. Dezember 2009

    @schlappohr: “Setzt die “Neuzündung” des weißen Zwerges nur einmal ein oder immer wieder?”

    Also solange Material fliesst, zündet der weiße Zwerg immer wieder. Die Frage ist dann, was stärker ist – die abnehmende Gravitation? Oder wird der Planet bei der nächsten Nova vielleicht doch gleich ins Nirvana gepustet? Über diese Prozesse weiß ich leider zu wenig um da ein verläßliches Urteil abgeben zu können. Aber wenn ich was rausfinde, sag ich natürlich Bescheid!;)

  3. #3 Gondlir
    29. Dezember 2009

    “Der Bereich dazwischen ist tendetiell chaotisch; dort können sich keine Planeten aufhalten.”
    Korrekter wäre: Planeten können sich zwar in jenem Bereich aufhalten, bewegen sich dort aber nicht auf stabilen Bahnen wie die Planeten in unserem Sonnensystem. Und dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit, daß sie den Bereich früher oder später verlassen werden.

  4. #4 Florian Freistetter
    29. Dezember 2009

    @Gondlir: Naja – die Chance, dass man genau so einen instabilen Planeten beobachtet während er noch da ist, ist verschwindend gering. Insofern ist “können sich keine Planten aufhalten” schon nicht wirklich falsch.

    Wer ganz genau über die Dynamik von Exoplaneten Bescheid wissen will, kann meine kleine Serie dazu lesen. Hier ist der letzte Teil: https://www.scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2009/05/ordnung-und-chaos-in-extrasolaren-planetensystemen-teil-4-die-dynamik-des-tres2-systems.php

  5. #5 richard
    30. Dezember 2009

    Hallo Florian, der Vollständigkeit halber: möglich ist auch noch die L-Typ Konstellation; da sitzt der Planet dann im L4 oder L5 – salopp ausgedrückt;

    und- by the way: danke für die vielen interessanten Beiträge

    LG aus Wien

  6. #6 Florian Freistetter
    30. Dezember 2009

    @richard: Über die hab ich eh auch schonmal nen eigenen Artikel geschrieben: https://www.scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2008/12/seltsame-welten-trojanerplaneten.php

    Oder meinst du, dass der Planet in den Lagrangepunkten des Doppelsternsystems sitzt? Da muss aber die Masse passen. I.A. sind die ja vergleichbar schwer – da sind L4/L5 dann ja instabil.

  7. #7 richard
    30. Dezember 2009

    @florian: ich meinte, dass sich der Planet in einem der Lagrangepunkte eines der beiden Doppelsterne befinden kann – allerdings nur bei einem entsprechenden Massenverhältnis der beiden binaries (m2/(m1+m2) kleiner 1/20 oder 1/25 – das weiss ich jetzt nicht so genau) – und danke für den Link;

  8. #8 Ludmila
    30. Dezember 2009

    Oh cool. Man wieder ein Planet vom Typ “huch, wer hat das denn bestellt”?

  9. #9 richard
    30. Dezember 2009

    @Ludmila: also gefunden hat man einen solchen – meines Wissens – noch nicht, aber immerhin ist so eine Konstellation denkbar….

  10. #10 Stefan
    30. Dezember 2009

    Interessantes Planetensystem! Welche Kriterien entscheiden eigentlich, ob das Abfliessen von Materie zu dem Weissen Zwerg zu einer Nova führt oder zu einer Typ Ia Supernova?