Warum ist das wichtig? Wenn man die Lösung einer Gleichung störungstechnisch aufbaut, setzt man sie aus verschiedenen Elementen zusammen:
Ganz am Anfang der Reihe steht der ungestörte Fall, der in der Gleichung oben mit σ0 bezeichnet wird. Dann folgt der sogenannte Säkularterm σ1 , der direkt von der Zeit t abhängt und der entsteht, wenn man in der Summe die Indizes j und k gleich Null setzt. Danach kommen die Terme höherer Ordnung die immer weniger zur Genauigkeit der Lösung beitragen.
Der Säkularterm ist wichtig – er hängt direkt von der Zeit ab und wächst mit ihr. Je mehr Zeit vergeht, desto größer kann er werden. Das ist von großer Bedeutung, wenn man über die Stabilität des Sonnensystems Bescheid wissen will. Die relevante Frage ist hier, ob die Bahnen der Planeten bei ihren Änderungen auf einen bestimmten Bereich beschränkt sind oder beliebig groß werden können. Wenn beispielsweise die Bahn der Venus immer größer und größer wird – also die große Halbachse der Venusbahn ungehemmt wachsen kann – dann kann sie irgendwann mit der Erde zusammenstoßen. Nur wenn die Änderungen beschränkt sind, kann das Sonnensystem stabil bleiben.
Wenn in der Lösung ein Säkularterm existiert, dann kann sie allerdings im Laufe der Zeit immer größer und größer werden. Hier sieht man nun, warum der zusätzliche Index bei der Lösung von σ0 äußerst wichtig ist: wenn alle Indizes null gesetzt werden (was man ja machen muss um den Säkularterm zu berechnen), dann sorgt das zusätzliche j dafür, dass der komplette Ausdruck null wird. Die Lösung von L1 hat also keinen Säkularterm!
Und da L1 direkt von der großen Halbachse des ersten Planeten abhängt ist sichergestellt, dass seine große Halbachse und damit seine Bahn nicht beliebig groß werden kann. Das gilt natürlich auch für die Lösungen der anderen Planeten und somit ist klar, dass das Sonnensystem stabil ist! Die Bahnen der Planeten können sich nicht beliebig ändern sondern sind auf bestimmte Bereiche beschränkt.
Allerdings bleibt ein kleiner Schönheitsfehler. Ich hab ja schon erwähnt, das die Störungsrechnung immer nur Näherungslösungen liefert, die zwar immer exakter gemacht werden können – aber nie völlig exakt sein werden. Wenn man die die oben dargestellten Lösungen verbessert – in der Störungstheorie sagt man, dass man zu höheren Ordnungen übergeht – dann ändert sich das Bild. Beim Übergang zur nächsthöheren Ordnung taucht immr noch kein Säkularterm auf – aber bei der nächsten Ordnung ist die Situation anders: hier gibt es dann einen Säkularterm und es kann nicht für alle Zeiten sichergestellt werden, dass die Planetenbahnen stabil bleiben.
Das zeigen dann auch die numerischen Simulationen: in erster Näherung ist unser Sonnensystem stabil – aber wenn man lange Zeiträume betrachtet und alle Effekte inkludiert, dann kann es unter Umständen zu chaotischem Verhalten kommen.
Kommentare (10)