Glücklicherweise hat man es geschafft! Aber natürlich wollte man wissen, was der Grund für die Fehlfunktion war. Eigentlich sollten die Schalter 50000 Schaltungen problemlos aushalten können und der Fehler tratt schon bei der 3486ten Schaltung auf. Man hat viele Fehlerquellen untersucht und ist heute der Meinung, dass das Problem beim Signal lag, dass man an den Satelliten geschickt hatte. Das dürfte mitten während des Schaltvorgangs plötzlich zu schwach geworden sein. In so einem Fall sollte der Schalter eigentlich einfach wieder zurückfallen – was er aber anscheinend nicht getan hat.

Man hat nun einen Weg gefunden, das Teleskop so zu konfigurieren, dass man diesen Schalter nicht mehr benutzen muss. Eigentlich sollte alles wieder funktionieren und es gibt auch noch einen Backup-Schalter, der benutzt werden könnte. Aber man möchte lieber kein Risiko eingehen und spart sich diese Optionen für den Notfall auf.

Jedenfalls funktioniert XMM-Newton seit dem Zwischenfall wieder problemlos und die Wissenschaftler freuen sich. Die waren auch als nächstes am Wort. Die letzten beiden Vorträge des Tages waren der Röntgenastronomie selbst gewidmet.

J. Schmitt von der Hamburger Sternwarten gab einen Überblick über die letzten 10 Jahren der Röntgenastronomie und den Einfluss von XMM-Newton. Da waren einige interessante Ergebnisse dabei – zum Beispiel hat man durch Messungen der Röntgenstrahlung auch bei anderen Sternen einen ähnlichen Aktivitätszyklus wie bei unserer Sonne gefunden. Man konnte manche Aktivitäten sogar direkt detektieren: große Flares und Massenauswürfe so wie sie bei unsere Sonne gelegentlich vorkommen, konnte man auch bei anderennde Sternen messen (Übrigens hat Schmitt hier die Arbeiten einer Blogger-Kollegin zitiert 😉 )

Einige Vortragende hatten es leider nicht geschafft, die ihnen zugestandene Redezeit einzuhalten (so etwas kann ich absolut nicht leiden – das ist extrem unhöflich gegenüber den Zuhörern und den Veranstaltern den es zeigt, dass man sich nicht vernünftig vorbereitet hat). Um meinen Zug nicht zu verpassen musste ich schon gehen und konnte den letzten Vortrag nicht mehr anhören. Das ist schade – den hier hätte J. Wilms von der Dr. Karl Remeis-Sternwarte erzählt was wir in den nächsten 10 Jahren in der Röntgenastronomie zu erwarten haben (außerdem hätte es danach noch einen Sektempfang gegeben 😉 )

Es war auf jeden Fall eine interessante Veranstaltung. Als Astronom bekommt man ja selten die Gelegenheit, so ausführlich über die verschiedensten technischen Aspekte einer Satellitenmission informiert zu werden. Ich selbst hab ja in meiner astronomischen Arbeit kaum etwas mit Röntgenastronomie zu tun und musste deswegen vielleicht ab und zu über die extreme Begeisterung der XMM-Newton-Leute schmunzeln 😉 Natürlich ist Röntgenastronomie wichtig und ohne sie ist keine moderne Astronomie möglich – was nicht heisst, dass es nicht auch andere wichtige und interessante Gebiete gibt. Aber wie ich oben schon gesagt habe: das war der Tag der Röntgenastronomen und des Teams, die eines ihrer wichtigsten und erfolgreichsten Instrumente gebaut haben. Da darf man ruhig auch mal die Kollegen der anderen Disziplinen vergessen 😉

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Das XMM-Newton Flight Control Team

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Kommentare (5)

  1. #1 Carolin Liefke
    21. Januar 2010

    Jaja, da treibt sich der Chef mal wieder in der Weltgeschichte rum…

    Muß ich mir dann doch glatt mal zeigen lassen, was er da so über die Arbeit von mir meinem Kollegen Jan (der mit den Aktivitätszyklen) erzählt hat 🙂

  2. #2 Christian A.
    21. Januar 2010

    Was ich absolut faszinierend finde, ist die Tatsache, dass man die Satelliten auch nach der Verbringung an den Zielorbit noch manipulieren kann (und muss). Diese Geschichte mit dem Mikrometeoriten – wie funktioniert das? Wenn da oben Hardware beschädigt ist, wie bastelt man sich einen Workaround? Der Schalter: Wie kann man die Rechner dort oben neu programmieren, dass der Schalter nicht mehr benötigt wird? Weil ich von sowas auch überhaupt keine Vorstellung, noch nicht mal ne Ahnung habe, finde ich das extrem spannend. (Spannender als die Ergebnisse selber, aber das ist nur meine Präferenz 😉

  3. #3 AlteWeser
    21. Januar 2010

    @Christian A.
    Ich kenne nicht das Innenleben von Satelliten, aber dort dürften eingebettete Systeme ihren Dienst tun. Als Rechner, die Teil eines Systems sind und auf Bildschirm und Tastatur verzichten können.

    Diese Rechner haben “Bootloader”. Das sind Programme, die dazu dienen, dass man neue Programme auf die Rechner aufspielen kann. Der Bootloader bleibt dabei unverändert, nur die Anwendersoftware gibt es neu. Das passiert z.B. wenn ein Auto in der Werkstatt ein Update für ein Steuergerät bekommt. Über Funk dürfte das bei Satelliten ähnlich sein.

  4. #4 Christian A.
    21. Januar 2010

    @AlteWeser:
    Klar, dass das irgendwie so funktionieren muss 😉 Trotzdem, ich bin einfach baff, dass das funktioniert.
    (Und ist auch klar, dass nach 50 Jahren Erfahrung im Satellitenbetrieb die Notwendigkeit für solche Möglichkeiten bekannt ist)
    Was ja noch dazu kommen muss, ist ja die Möglichkeit, eine umfangreiche Diagnose zu fahren. Ich vermute, dass dazu viele Simulationen zum Einsatz kommen, z.B. welcher Fehler führt zu welchen bordeigenen Diagnosen; wenn der Fehler identifiziert ist, wie behebt man ihn etc.
    Apropos: Ist im Bild 1 die kumulierte Anzahl Publikationen aufgetragen? Dann ist die Anzahl von Papern pro Jahr ja doch relativ konstant, oder?

  5. #5 Jens Fischer
    21. Januar 2010

    Drei kleine Schreib- bzw. Formulierungsfehler Fehler hab ich gefunden:

    “Nach 10 Jahren Laufzeit sind noch 77,47 kg davon übrig. Das klingt nicht nach viel – aber XMM-Newton braucht normalerweise nur 0,48 Kilogramm.”
    …braucht normalerweise nur 0,48 Kilogramm *pro Monat?/pro Korrektur?*
    Interessant wäre vielleicht auch anzugeben, wie viel Treibstoff zu Beginn der Mission vorhanden war.

    “Norbert Schartel, der Project Scientist umriß im nächsten Vortrag kurz die unterschiedlichen wissenschaftlichen AUfgaben [sic!: Aufgaben] des Teleskops.”

    “Es ist an sich schon verwunderlich, dass es so ein Objekt bis ins innere großen Teleskops geschafft hat und den Detektor beschädigen konnte.”
    …bis ins innere *des* großen Teleskops geschafft…