Es ist tatsächlich möglich, dass sich auf natürlichen Weg nukleare Reaktoren bilden. Ein bekanntes Beispiel ist der Naturreaktor Oklo in Westafrika. Dort entstand eine Urankonzentration, in der eine Kettenreaktion einsetzte, die eine halbe Millione Jahre lang Energie erzeugte. Zwar nicht viel – aber immerhin noch eine Leistung von 100 kW. Allerdings war das auch schon vor 2 Milliarden Jahren und von einem natürlichen Reaktor kann man nicht allzuviel verlangen 😉
Frühere Arbeiten von de Meijer und van Westrenen haben ergeben, dass sich auch in der Frühzeit der Erde genug Uran und Thorium konzentrieren konnte um natürliche Reaktoren im inneren der Erde bilden könnten. Und so ein Reaktor soll vor etwa 4,5 Milliarden Jahren überkritisch geworden sein und so den letzten Anstoß zur Mondentstehung gegeben haben.
Eine interessante Hypothese! Aber ist sie auch plausibel? Wie erklärt dieses Szenario die heutige Eigenschaften des Mondes? Die Autoren schreiben:
Immediately after the separation of the proto-Earth and proto-Moon, the rotation period of the proto-Earth becomes 5.7 h. Due to tidal forces, energy and angular momentum are transferred from the Earth to the Moon until they have, with their increased mass, the present properties.
Ok – das ist nicht sehr aufschlußreich. Das müsste man schon detailliert erklären. Aber de Meijer und van Westrenen schreiben selbst, dass ihr Model nur ein qualitatives ist und kein quantitatives:
Quantitative models would require detailed dynamical calculations, but these will be hard to constrain due to the general lack of of data on the precise conditions in Earth’s deep interior 4.5 Ga ago.
Das ist meiner Meinung nach der größte Schwachpunkt der Arbeit. Für die Kollisionstheorie gibt es viele Simulationen, die – auch wenn sie die Realität nur näherungsweise beschreiben – die heutigen Eigenschaften des Erde-Mond-Systems recht gut beschreiben. So etwas bräuchte es auch für die revitalisierte Abspaltungstheorie.
Simulation der Kollisionstheorie (CC-BY-SA 3.0, Anynobody)
Mal sehen, wie die Theorie in der wissenschaftlichen Community ankommt. Und ob sich jemand findet, der probiert, entsprechende Simulationen durchzuführen. Dann könnte man vielleicht besser einschätzen, ob an der Theorie der nuklearen Explosion was dran ist. Denn der einzige andere Weg wäre momentan die genauere Untersuchung von Mondgestein. Da ist es allerdings zweifelhaft, ob wir hier in nächster Zeit neue Proben bekommen…
Übrigens sind auch die Geologen skeptisch: Gunnar Ries und Stryke haben ebenfalls – und lesenswert – über das Thema gebloggt. Gunnar hält das ganze für “Geophantasie” und Stryke meint (gemeinsam mit Tilman Spohn vom DLR) dass “es nicht zur Aufheizung und Explosion käme, weil die Energie zuvor durch Vulkanismus abgebaut würde”.
So wie es im Moment aussieht, wird also die Kollisionstheorie in naher Zukunft nicht abgelöst werden. Aber spannend ist die ganze Geschichte auf jeden Fall…
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