Die Fragen nach der genauen Natur der dunklen Energie gehört, zusammen mit der Frage nach der Zusammensetzung der dunklen Materie, zu den großen aktuellen Fragestellungen der Astronomie/Physik. Bei der dunklen Materie macht man langsam Fortschritte. Astronomische Beobachtungen liefern immer mehr Daten und Experimente mit Teilchenbeschleunigern und Detektoren sind der dunklen Materie auf der Spur. Es gibt sogar schon erste Hinweise darauf, dass die dunkle Materie im Experiment tatsächlich nachgewiesen worden ist.
Bei der dunklen Energie sieht die Sache anders aus. Im Gegensatz zur dunklen Materie, über die schon seit bald achtzig Jahren diskutiert wird, haben wir die dunkle Energie erst vor kurzem endtdeckt. Und noch gibt es keine wirklich funktionierenden Idee, die uns erklären können, worum es sich hier handelt.
Aus den astronomischen Beobachtungen wissen wir zwar, dass es eine solche Energie geben muss – aber was sie verursacht ist unklar. Hier wäre es sehr hilfreich, wenn man nicht nur Beobachtungsdaten aus dem fernen Universum hätte, sondern auch experimentelle Daten aus irdischen Labors. Und genau das ist eventuell möglich, meinen zwei Physiker aus den USA.
Martin Perl und Holger Mueller haben kürzlich ihre Arbeit “Exploring the possibility of detecting dark energy in a terrestrial experiment using atom interferometry” veröffentlicht. Darin argumentieren sie, dass es durchaus heute schon im Bereich des technisch machbaren läge, die dunkle Energie auch im Labor zu messen.
Ausgehend von den aktuellen Beobachtungen und Modellen müsste die Energiedichte der dunklen Energie bei etwa 6.3 10-10 J/m³ liegen. Das klingt erstmal nach wenig Energie – aber wenn es nicht um die dunkle Energie gehen würde sondern z.B. um ein elektrisches Feld, dann liegen solche Größen absolut im Bereich des Machbaren. Ein elektrisches Feld mit einem Volt pro Meter hätte eine Energiedichte von 4.4 10-12 J/m³ und kann problemlos gemessen werden.
Natürlich ist die Situation nicht wirklich mit der dunklen Energie vergleichbar. Strom kann im Labor erzeugt und an- und wieder ausgeschaltet werden; wir haben die Möglichkeit unsere Messungen mit den Messungen zu vergleichen, die man ohne ein elektrisches Feld bekommen würde.
Setzt man aber voraus, dass es einen Gradienten im dunklen Energiefeld gibt – d.h. man geht davon aus, dass die dunkle Energie nicht völlig konstant ist sondern an verschiedenen Orten verschiedenen stark ist – dann könnte man sie vielleicht experimentell messen. Und zwar, in dem man Atominterferometrie betreibt.
Ein Atominterferometer an der HU-Berlin
Bei dieser Art der Interferometrie wird ein Strahl aus Atomen in zwei Strahlen aufgespalten und dann wieder vereint. Man nutzt dabei die Wellennatur der Atom aus und kann so diese “Atomwellen” miteinander interferieren lassen. Je nach den Kräften, die auf die Atome in den beiden Strahlen wirken, kommt es am Ende zu einem messbaren Effekt (einer Phasendifferenz). Perl und Mueller zeigen nun, dass man durch die Verwendung von 2 parallelen Interferometer einen durch die Anwesenheit der dunklen Energie hervorgerufenen Effekt messen könnte. Natürlich geht das nur, wenn man vorher die Effekte der bekannten Kräfte abzieht. Hier spielt die Gravitation die wichtigste Rolle – denn im Gegensatz zu Photonen werden die Atome ja durch die Gravitation zusätzlich abgelenkt. Die Autoren meinen, dass es möglich wäre, diese gravitativen Effekte bis zu einer Größenordung von 10-17 herauszurechnen. Die kleinste durch dunkle Energie verursachte Beschleunigung der Atome die gemessen werden kann liegt also bei 10-16 m/s².
Eine interessante Idee! Auch wenn sie nicht zum Erfolg führen muss. Über das Verhalten der dunklen Materie wissen wir noch sehr wenig und darüber, wie sich die Anwesenheit eines dunklen Energiefeldes auf die Strahlen eines Atominterferometers auswirken (und ob sie sich überhaupt auswirken) kann man momentan nur spekulieren. Aber es ist ein konkretes Experiment das mit den heutigen Mitteln durchaus durchgeführt werden kann. Es spricht also nichts dagegen, es auch durchzuführen – und wer weiß: vielleicht hat man ja Erfolg und kann die dunkle Energie bald auch in den Laboren auf der Erde erforschen!
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