Am Donnerstag startet die europäischen Weltraumagentur ESA ihren neuen Satelliten CryoSat-2 ins All. Ich werde beim Launch-Event am Satellitenkontrollzentrum ESOC in Darmstadt mit dabei sein (und auch ein paar Leser dieses Blogs) und live von dort berichten.
Heute möchte ich aber erstmal ein wenig was zur Mission selbst erklären. Obwohl es um einen Satelliten im All geht, hat die Mission eigentlich nichts mit Sternen, Galaxien oder Planeten zu tun. CryoSat wird nicht in die Tiefen des Weltraums blicken, sondern auf unsere Erde.
Die Mission ist Teil des Living Planet Programms der ESA. Das besteht aus einer Reihe von Weltraummission die das Ziel haben, mehr über unser Erde herauszufinden. Von diesen Earth Explorer Missions war CryoSat die erste.
Menschliches Versagen
Am 8. Oktober 2005 sollte es losgehen; die Rakete startete auch perfekt und alles verlief nach Plan. Als dann aber die dritte Stufe mit dem Satelliten sich von der zweiten Stufe trennen sollte, gab es Probleme. Das Computerprogramm zur Steuerung sah vor, dass die zweite Stufe erst abgeschaltet wird, wenn die dritte Stufe gezündet wird. Gleichzeitig sah das Program aber auch vor, dass die dritte Stufe erst dann zündet, wenn die zweite abgeschaltet worden ist. Das Resultat: die Trennung der beiden Stufen erfolgte nicht im richtigen Moment sondern erst, als die zweite Stufe komplett ausgebrannt war. Damit befand sich aber die Rakete nun nicht mehr auf der richtigen Bahn – die Mission musste abgebrochen werden. Die dritte Stufe mitsamt dem Satelliten versank im Nordpolarmeer und die 136 Millionen Euro teure Mission war gescheitert.
Aber man hat nicht aufgegeben! Ein Ersatzsatellit wurde gebaut: CryoSat-2! Und genau der macht sich am Donnerstag auf den Weg ins All – diesmal hoffentlich ohne Zwischenfälle. Denn CryoSat-2 hat wichtige Forschungsaufgaben zu erledigen.
Eis ist wichtig!
Es geht ums Eis. Das spielt eine wichtige Rolle für das Klima auf der Erde. Wenn die Erde wärmer wird, schmilzt das Eis und der Meeresspiegel steigt (um 80 Meter, wenn die beiden Pole komplett abtauen würden). Aber ganz so simpel ist die Sache auch wieder nicht. Große Eisschollen auf dem Meer wirken wie Isoliermatten und verhindern die Wärmeabstrahlung. Wenn zum Beispiel das Eis an der Küste der Antarktis schmilzt, wird die Luft über dem Meer wärmer und diese wärmere Atmosphäre kann zu verstärktem Schneefall in der Antarktis führen. Die Eismassen der Erde spielen also eine komplexe und wichtige Rolle für das Weltklima (wer mehr darüber wissen will, der schaut am besten bei Georg von Primaklima rein!).
Wenn wir das Klima und die folgen der globalen Erwärmung verstehen wollen, müssen wir auch über das Eis Bescheid wissen. Natürlich ist es mühsam, die Polarregionen abzuwandern und überall zu messen, wieviel Eis da ist und wie dick es ist. Das wäre kaum machbar – hier muss man Beobachtungen und Messungen aus dem All anstellen. Das macht die ESA auch jetzt schon. Satelliten wie ERS oder ENVISAT sind momentan im Weltraum und beobachten die Eisflächen. Allerdings kann ein Satellit nicht jedes beliebige Gebiet auf der Erde ansehen. Was er beobachten soll, muss unter ihm liegen und man kann ein Raumfahrzeug nicht wild durch die Gegend steuern. Die Bahnen der bisherigern Satelliten sind aber leider nicht geeignet um Bereiche oberhalb des 82. Breitengrades flächendeckend zu untersuchen – und genau dort wirds aber interessant, wenn man den Polarregionen interessiert ist!
Ein zweiter Versuch
CryoSat-2 wird das ändern. Seine Flugbahn wird fast direkt über Nord- und Südpol verlaufen und er wird die Eismassen an und um die Pole gut im Blick haben. Das wichtigste Instrument an Bord ist der Radarhöhenmesser SIRAL (Synthetic Aperture Interferometric Radar Altimeter). Damit kann CryoSat-2 Höhenunterschiede von ein bis drei Zentimetern erkennen! AUs den gewonnen Daten lässt sich dann genau bestimmen, wieviel Eis sich wo befindet; wie dick es ist und wie schnell es sich bewegt. Die Geowissenschaftler und Klimatologen werden dann berechnen können, wie sich das abschmelzenden Eis auf das Klima auswirkt; wie stark die isolierende Wirkung der Eisflächen tatsächlich ist und wie stark das Sonnenlicht von den eisbedeckten Gebieten der Erde reflektiert wird.
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