In letzter Zeit gab es hier wieder mal ein paar Kommentatore die meinten, ich dürfe nicht über Religion schreiben. Oder über Esoterik und Verschwörungstheorien und den ganzen andern “Unsinn”. Immerhin sei das hier ja ein “Scienceblog” und da soll ich gefälligst nur über Astronomie schreiben. Da solche Kommentare immer wieder mal auftauchen und damit das Thema nicht immer wieder neu diskutiert werden muss möchte ich jetzt also mal klarstellen, was ein Scienceblogger so alles tun darf…
Eins gleich vorweg. Ich schreibe zwar ein Wissenschaftsblog; ich bin aber kein Scienceblogologe – oder wie auch immer sonst die Leute heissen, die offizielle Experten für Wissenschaftsblogs sind 😉 Das was ich hier gleich schreibe, ist meine persönlich Meinung zum Thema und stellt keinen Anspruch auf allgemeine Gültigkeit.
Das ist ein wichtiger Punkt! Einige Menschen sind anscheinend der Ansicht, ich dürfe mich nur zu Themen äußeren, für die auch ein offizieller Experte bin. Ich bin kein Astrologe – also habe ich gefälligst über Astrologie zu schweigen (und sie schon gar nicht zu kritisieren!). Ich bin kein Mediziner und darf mich daher auch nicht über Homöopathie, Akupunktur etc äußern. Ich bin kein Theologe, kein Religionswissenschaftler und noch dazu Atheist – also steht es mir auch nicht zu irgendwas dazu zu sagen.
Neben diesem “Du hast keine Ahnung also halt den Mund”-Argument gibt es auch noch das “Warum beschäftigst du dich mit diesem Unsinn“-Argument. Astrologie ist doch nur lächerlicher Aberglaube – damit sollte sich ein Wissenschaftler nicht beschäftigen. Esoterik ist Pfui und in einem Wissenschaftblog hat man sich damit nicht abzugeben. Statt Zeit mit Verschwörungstheorien und ähnlichen Quatsch zu verschwenden soll ich mich doch lieber mit richtiger Forschung beschäftigen. Usw.
Zu diesen beiden Punkten habe ich folgendes zu sagen:
Erstens: Ja – ich bin kein Mediziner, ich bin kein Theologe und ich bin auch für jede Menge andere Dinge kein Experte. Ich bin für die meisten Dinge kein Experte – Astronomie ausgenommen. Das bedeutet aber nicht das ich mich zu diesen Themen nicht äußern darf!. Vielleicht glauben manche Leute, ich würde hier mir hier – nur weil das hier ein “Wissenschaftsblog” ist – irgendeinen besonderen Status zusprechen? Das ist natürlich Unsinn! Wenn ich über Religion schreibe, über Politik (oder darüber was Scienceblogger machen dürfen), dann ist das meine persönliche Meinung! Ich habe in keinem meiner Artikel absichtlich den Eindruck erweckt, meine Aussagen z.B. über Religion wären wichtiger zu nehmen oder sonstwie von besonderer Bedeutung weil ich Wissenschaftler bin (was ja sowieso Unsinn ist. Argumente müssen immer für sich selbst sprechen; mit Authoritäten zu argumentieren ist lächerlich). Es sollte eigentlich für jeden klar sein, dass ich hier nur meine ganz persönliche Meinung kund tue.
Aber darf ich das denn eigentlich? Was hat die persönliche Meinung in einem Wissenschaftsblog zu suchen? Tja… das hängt dann halt wieder davon ab, was man unter einem “Wissenschaftsblog” versteht. Viele Kollegen interpretieren das als ein Blog, in dem ausschließlich wissenschaftliche Themen behandelt werden. Das ist absolut legitim und es gibt viele lesenswerte Blogs dieser Art – aber ich sehe das anders. “Astrodicticum Simplex” ist das Blog eines Wissenschaftler. In der Selbstbeschreibung von ScienceBlogs steht:
Auf ScienceBlogs schreiben Forscher, was sie bewegt.
Und genau das tue ich hier. Mich bewegt vieles – nicht nur Wissenschaft. Wer es als unpassend empfindet, dass ich nicht nur wissenschaftliche Forschungsergebnisse beschreibe sondern auch meine Meinung zu anderen Dingen kund tue, der darf diese Artikel gerne ignorieren und nur die rein wissenschaftlichen Beiträge lesen (von denen gibts ja jede Menge). Wer meine Meinung blöd findet kann gerne einen entsprechenden Kommentar schreiben – ich diskutiere gerne. Aber ich werde es mir trotzdem weiterhin erlauben, eine Meinung auch zu nicht-wissenschaftlichen Dingen zu haben und diese – wenn mir danach ist – auch öffentlich zu machen.
Viel wichtiger ist aber der zweite Punkt. Hier wird mir ja vorgeworfen, ich würde mich zu sehr mit “unwichtigen” oder “unsinnigen” Themen wie Esoterik und Pseudowissenschaft beschäftigen. Aber dafür habe ich sehr gute Gründe.
Ich habe hauptsächlich deswegen angefangen ein Blog zu schreiben, weil ich meine Faszination an der Wissenschaft vermitteln wollte. Weil ich auch anderen Menschen zeigen wollte, wie spannend und wichtig das ist, was die Forscher überall auf der Welt herausfinden. Weil ich dem Klischee des Wissenschaftlers im Elfenbeinturm entgegenarbeiten wollte. Aber zur Wissenschaftsvermittlung gehört meiner Meinung nach mehr, als nur zu erklären, was Wissenschaft ist. Es ist genauso wichtig auch zu erklären, was Wissenschaft nicht ist!
Man kann sich zum Beispiel noch so sehr darüber ärgern, dass immer mehr Menschen ihr Geld zum Astrologen tragen, das Banken und Firmen auf astrologische Beratung vertrauen und das die Regierung Astrologie mit Steuergeldern fördert. Aber wenn man an diesen Tatsachen irgendetwas ändern will, dann muss man den Menschen auch explizit erklären, warum Astrologie nichts mit Wissenschaft zu tun hat. Für jemanden, der in seinem Leben noch nie etwas mit der wissenschaftlichen Methode zu tun gehabt hat, kann das was ein Wissenschaftler sagt genauso plausibel oder nicht plausibel klingen wie das was ein Astrologe oder Homöopath erzählt. Wir brauchen uns nicht darüber wundern, wenn “Wissenschaftler” wie Dieter Broers in den Medien ihre unsinnigen “Theorien” verbreiten können wenn sich niemand die Mühe macht genau zu erklären, warum diese Theorien unsinnig sind.
Wenn wir Wissen vermitteln wollen; wenn wir den Menschen zeigen wollen, wie schön und wie wichtig Wissenschaft ist, dann reicht es nicht, nur über unser Arbeit zu sprechen. Wir müssen uns auch explizit mit denen beschäftigen, die der Wissenschaft und Aufklärung aktiv entgegenwirken. Deswegen werden Esoterik, Pseudowissenschaft, Pseudomedizin und Verschwörungstheorien auch weiterhin einen fixen Platz in meinem Blog haben. Es ist wichtig, sich mit diesen Themen zu beschäftigen!
Ich weiß, dass ich es nicht allen Leuten recht machen kann. Egal was ich schreibe – irgendwer wird sich immer finden der meint, das wäre unsinnig, unnötig oder unpassend. Aber niemand muss meine Texte lesen – und immerhin scheint es so zu sein, dass das was ich schreibe doch recht viele Leute interessant finden. So viel scheine ich also nicht falsch zu machen…
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