Momentan werden in Österreich anscheinend die prominenten Biowissenschaftler interviewt. Letzte Woche brachte der Standard ein lesenswertes Gespräch mit Josef Penninger in dem dieser die Genetik zur Physik des neuen Jahrtausends ausrief. Und kürzlich hat Die Presse die Biochemikerin Renée Schroeder interviewt – und sie hat ebenfalls sehr Interessantes zu sagen!
Das Interview beginnt mit der Frage, ob die Entwicklung des Lebens vielleicht auch anders hätte ablaufen können. Was würde passieren, wenn man die Entstehung des Lebens auf der Erde nochmal neu starten könnte? Würde dann wieder genau das gleiche passieren? Sehr unwahrscheinlich, meint Schröder:
Wir nennen das einen eingefrorenen Zufall: Es gibt ein zufälliges Ereignis, aus dem sich etwas weiterentwickelt – und irgendwann ist die Entwicklung so weit fortgeschritten, dass es kein Zurück mehr gibt. Wenn man es verändern wollte, würde zu vieles, was sich daraus entwickelt hat, nicht mehr funktionieren. Das heißt nicht, dass Leben zwangsläufig eine DNA braucht. Wie gesagt: Würde der Prozess noch einmal ablaufen, ginge die Wahrscheinlichkeit, dass er sich wiederholt, gegen Null.
Über die Frage, wie denn nun das Leben eigentlich entstanden ist, kommt man dann auch auf Gott zu sprechen. Bettina Steiner, die die Fragen stellte, erzählt folgende Geschichte:
“Als meine ältere Tochter vier war, hat sie ein Bilderbuch von Disneys „König der Löwen” in die Hand bekommen. Da gibt es eine Seite, wo der alte Löwe auf einer Wolke sitzt, im Himmel sozusagen. Sie hat gemeint: Das will ich auch haben, wenn ich einmal sterbe. Da habe ich ihr eine Kinderbibel besorgt.”
Schroeder findet das nicht wirklich toll:
“Ich glaube nicht, dass die Bibel die richtige Lektüre für Kinder ist: Die Arche Noah ist die Beschreibung eines Genozids! Das ist ja unglaublich grausam. Die Geschichte geht im Übrigen interessant weiter: Als Noah endlich gelandet ist, baut er Wein an. Er betrinkt sich und liegt dann entblößt im Zelt. In diesem Zustand findet ihn einer seiner drei Söhne – und erzählte es den anderen, die ihn dann zudecken. Und jetzt kommt das Wichtige: Als Noah aufwacht und erfährt, was dieser Sohn ihm „angetan” hat, wird er zum Sklaven erklärt – und nicht nur er, sondern auch alle seine Nachkommen. Das ist genau das, was der Papst jetzt mit den Missbrauchsopfern auch macht: Betrunken und entblößt hat sich Noah. Aber der, der ihn dabei gesehen hat und es weitererzählt, wird bestraft. Das ist noch immer so! Täter-Opfer-Umkehrung. Da kann man doch nicht sagen, das sei ein tolles Buch, aus dem man einen Verhaltenskodex ableiten solle.”
Ganz richtig! Natürlich werden die Gläubigen jetzt antworten, dass man das nicht so wörtlich verstehen muss, dass doch unsere ganze Kultur auf der Bibel basiert (das ist übrigens auch die nächste Frage im Interview), usw. Mal ganz abgesehen davon, dass selbst das nicht unbedingt stimmen muss ist es auch irrelevant. Schroeder hat völlig Recht – die Bibel ist kein Text, der kleinen Kindern zugemutet werden sollte (ich habe dieses Thema hier ganz ausführlich behandelt). Man kann Kindern ganz wunderbar beibringen was richtig ist und was nicht ohne sie mit einem Buch voller bronzezeitlicher Stammeskämpfe, Menschenopfer und einem zornigen, völkermordenden Gott zu belästigen.
Anstatt den Kindern zu erzählen, welche Dinge Gott an welchen Tag geschaffen hat, könnte man ihnen lieber was über Gentechnik beibringen. Denn je mehr man weiß, desto weniger irrationale Ängste hat man später! Das meint auch Schröder:
“Man soll keine Angst vor der Technik haben – man soll sie beherrschen lernen und sich fragen, ob sie sinnvoll ist oder nicht. Die Gentechnik ist nicht abzuwenden.”
Lest das ganze Interview! Es lohnt sich.
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