Ich habe ja schon öfter mal über Firmen und Banken berichtet, die sich auf astrologische Gutachten verlassen. Es gibt sogar schon Seminare, bei denen man lernt wie man die Astrologie bei der Suche nach einem neuen Job einsetzt. Das ist natürlich alles Unsinn – aber in den Personalbüros passiert anscheinend noch viel mehr Unsinn.
Das erzählt zumindest Uwe Peter Kanning, Professor für Wirtschaftspsychologie an der FH Osnabrück in einem Interview mit dem Spiegel:
Laut einer Schätzung des Diagnostikexperten und Psychologieprofessors Heinz Schuler von 2007 greifen immerhin 2,4 Prozent der deutschen Unternehmen bei der Personalauswahl auf die Graphologie zurück. Da sich stets mehrere Kandidaten auf eine Stelle bewerben, betrifft allein schon das ein paar Tausend Menschen.
Neben Astrologie und Graphologie (die genauso eine Pseudowissenschaft ist) scheint sich auch die “Psycho-Physiognomik” immer weiter durchzusetzen. Das klingt beeindruckend – ist aber nichts anderes als die alte Phrenologie bei der man angeblich aus der Form der Kopfes auf die geistigen Fähigkeiten schließen kann. Und anscheinend lassen sich viele Personalberater von so einem Unsinn beeindrucken:
“Schneemann fing sofort an, die Personalmanager zu deuten. Er sagte zum Beispiel sinngemäß: Ich erkenne am Abstand ihrer Augen, dass es Ihnen wichtig ist, etwas in Ihrem Leben zu leisten und ein positives Verhältnis zu Ihren Mitarbeitern zu haben. Das sind positive und so allgemeine Aussagen, dass die meisten natürlich zustimmen. In der Psychologie kennt man das als Forer-Effekt: Gibt man Menschen eine abstrakte Rückmeldung, dann finden sich viele wieder und sagen, ja genau, das bin ich. Keiner der akademisch gebildeten Personalmanager war in der Lage, solche simplen Taschenspielertricks zu durchschauen. Schneemann hat sich auch der sogenannten Ex-Post-Facto-Deutung bedient. Als es um Kosten ging, sagte er zu mir: “Herr Kanning, das habe ich doch gleich an ihren großen Ohrläppchen gesehen, Sie sind geschäftstüchtig.” Auch das hat die Personaler schwer beeindruckt. Es war erschütternd. Man darf sich nicht darauf verlassen, dass in Konzernen nur professionelle Personalarbeit betrieben wird.”
Kanning erklärt, was die Pseudowissenschaften für die Personaler so anziehen macht:
“Seinen Schädel oder sein Sternbild kann keiner verfälschen. Das klingt für viele Personaler sehr attraktiv, sie suchen so etwas wie eine geheime Formel, mit der sie Menschen durchschauen können. Dabei verweisen die Scharlatane gern auf Jahrtausende altes Erfahrungswissen. Auch das kommt oft gut an: Wenn’s schon die alten Chinesen oder Griechen wussten, kann es ja so falsch nicht sein. Denkt man das allerdings konsequent zu Ende, dann müssten wir ja heute auch noch zu den Göttern beten, um nicht vom Blitz erschlagen zu werden.”
Lest das ganze Interview – es ist sehr interessant! Kanning hat auch ein Buch zu Thema geschrieben (Von Schädeldeutern und anderen Scharlatanen: Unseriöse Methoden der Psychodiagnostik). Leider kann man gegen den Unsinn der Personaler nicht allzu viel machen, meint Kanning zum Schluß:
“Bei der Graphologie sollte man sich einfach zu schade sein. Wenn ein Unternehmen handschriftliche Unterlagen anfordert, sollte man sich nicht dort bewerben. In meinen Augen ist die graphologische Analyse unseriös, wer weiß, was so eine Firma sonst noch alles macht. Da würde ich mir auch von Hochschulabsolventen Selbstbewusstsein wünschen. Fatal ist es bei der Schädeldeuterei oder der Astrologie: Davon wissen die Bewerber in der Regel nichts und können sich auch nicht dagegen wehren.”
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