Aha! Also doch überlichtschnelle Bewegung? Nein, nicht ganz. Im Artikel schreiben Muxlow et al:
Und in der Pressemitteilung von Jodrell Bank liest man:
“This was equivalent to an apparent superluminal motion of over 4 times the speed of light. Such large apparent velocities are not seen in supernova remnants and are usually only found with relativistic jets ejected from accretion disks around massive black hole systems.”
In beiden Aussagen gibt es ein wichtiges Wort, das bei der Verbreitung dieser Nachricht leider oft ignoriert worden ist: apparent. Das bedeutet “scheinbar”. Es handelt sich also um eine “scheinbare Überlichtgeschwindigkeit” und dieses Phänomen ist in der Astronomie nicht unbekannt. Wenn zum Beispiel ein Quasar einen sehr schellen Jet (also einen stark gebündelten Strahl von Materie) ausstößt, dann können Beobachtungs- bzw. Projektionseffekte dafür sorgen, dass es von uns aus gesehen so aussieht, als würde sich das Material schneller als das Licht bewegen, obwohl das in Wahrheit nicht der Fall ist (wer es genau wissen will: Wikipedia rechnet es vor). Das die unbekannte Quelle sich also mit einer scheinbaren Geschwindigkeit bewegt, die der 4fachen Lichtgeschwindigkeit entspricht, ist also nicht weiter aufregend. Bzw. doch – aber aus einem anderen Grund. Denn eine Supernova breitet sich normalerweise nicht so schnell aus!
Überhaupt passt auch sonst einiges an den Beobachtungen nicht zu einer Supernova. Bei einer Frequenz von 4998 MHz betrug die maximale Helligkeit der Quelle 1018W/Hz. Das ist viel schwächer, als man es bei einer Typ-I Supernova erwarten würde. Aber vielleicht war es eine Typ-II Supernova (die werden von den größeren Sternen, die schwerer als 9 Sonnenmassen sind ausgelöst)? Könnte sein – hier passen die Parameter schon ein wenig besser. Allerdings macht hier die Geschwindigkeit einen Strich durch die Rechnung. Normalerweise dehnen sich solche Supernovae mit Geschwindigkeiten von etwa 23000 Kilometer pro Sekunde aus. Nach 250 Tagen müsste so ein Supernovaüberrest also etwa 2 Millibogensekunden groß sein. Nach 250 Tagen hat man hier allerdings eine Ausdehnung von 15 Millibogensekunden gemessen! Die Ausdehnungsgeschwindigkeit muss als viel höher sein, als es normalerweise der Fall ist. Ok, man hat solche Objekte auch schon gefunden – aber es ist doch unwahrscheinlich, dass es sich hier wirklich um eine Supernova handelt – dafür passen zuviele Dinge nicht zusammen.
Es könnte sich natürlich auch Strahlung handeln, die von einem schwarzen Loch ausgesandt wird. Bzw. nicht vom schwarzen Loch selbst sondern von dem Material, dass in einer Akkretionsscheibe um das Loch kreist und dabei Radiostrahlung erzeugt. Die unbekannte Quelle liegt zwar ganz in der Nähe des zentralen Schwarzen Loches von M82 – aber nicht nahe genug. Es kann sein, dass es ein zweites großes Schwarzes Loch im Zentrum von M82 gibt. Aber auch das ist eher unwahrscheinlich.
Muxlow und seine Kollegen meinen, dass es sich hier um die erste Beobachtung eines “extragalaktischen Mikroquasars” handeln könnte. Das ist ein kleineres schwarzes Loch (von nur einigen Sonnenmassen) oder ein Neutronenstern, der von einem normalen Stern in einer sehr engen Umlaufbahn umkreist wird. Dabei kann Material vom Stern auf das Schwarze Loch oder den Neutronenstern fallen und dabei auch Radiostrahlung aussenden. In unserer Milchstrasse hat man schon einige solcher Objekte gefunden – aber noch nie in einer anderen Galaxie.
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