Über ein interessantes Gerichtsurteil berichtet Rechtslupe:
“Das Versprechen einer Lebensberatung, die sich auf die magischen Kräfte gelegter Karten gründet, ist auf eine im Rechtssinn unmögliche Leistung gerichtet. Ein Honoraranspruch für diese Leistung besteht nicht, entschied jetzt das Oberlandesgericht Stuttgart.”
Im Urteil 7 U 191/09 hat das Gericht in Stuttgart über den Fall einer Kartenlegerin entschieden, die per Telefon “Lebensberatung” macht. Auch wenn die Wahrsagerin nicht versprochen hatte, dass das was sie “gesehen” hatte auch eintreten wird, hat sie keinen Anspruch auf ein Honorar:
“Ein Vergütungsanspruch besteht allerdings nicht, weil die von der Klägerin versprochenen Dienste objektiv unmöglich sind, so dass der Anspruch auf die Gegenleistung entfällt (§§ 326 Abs. 1, 275 Abs. 1 BGB).”
Auch die übliche Ausrede, dass der Kunde ja zufrieden war, zählt hier nicht:
“Mit dem Argument, der Leistungsempfänger habe das bekommen, was er wollte, auf den von ihm erhofften Erfolg komme es nicht an, kann die Unmöglichkeit der Leistung nicht verneint werden. Zwar kennt der die Leistung begehrende Vertragspartner in der Regel die ablehnende Haltung der Wissenschaft und weiß auch, dass die Mehrheit der denkenden Bevölkerung solche Kräfte für Aberglauben hält. Die Kenntnis von der fehlenden Anerkennung reduziert die versprochene Leistung aber nicht zu unverbindlichen Beratungen. Inhalt und Qualität der Leistung werden durch den zugesagten Einsatz magischer Kräfte bestimmt. Dies zeigt sich auch in der Preisgestaltung. Ohne ein besonderes Leistungsversprechen würde der Vertragspartner – wie auch hier – keine beachtlichen Zahlungen leisten wollen. Seine Zahlungsbereitschaft besteht nur, weil er an die versprochene Wirkung magischer Kräfte glaubt. “
Und es geht nicht nur ums Kartenlegen:
“Objektiv unmöglich ist eine Leistung, wenn sie nach den Naturgesetzen oder nach dem Stand der Wissenschaft und Technik nicht erbracht werden kann1. Insbesondere ist in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass ein Vertrag, in dem sich eine Partei zum Einsatz magischer Kräfte verpflichtet, mit denen Lebensumstände positiv beeinflusst werden sollen – zum Beispiel Partnerschaftsprobleme gelöst werden sollen – auf eine unmögliche Leistung gerichtet ist, weil solche Kräfte nicht existieren. Das Gleiche gilt für die Übernahme einer Verpflichtung, die darauf hinausläuft, auf astrologischer Grundlage – dem Stand der Sterne – zu beraten und Weisungen für die Zukunft zu erteilen.”
Schön zu sehen, dass hier auch einmal ein Gericht explizit feststellt, dass der ganze Astrologie- und Wahrsagerquatsch “objektiv unmögliche” Leistungen sind und das man für das “Erbringen” solcher unmöglicher Leistungen auch kein Geld bekommen soll. Eigentlich wäre das ja selbstverständlich – aber wenns um Esoterik & Co geht, ist man ja was Recht und Konsumentenschutz angeht seltsam zurückhaltend.
Ich bin ja jetzt kein Rechtsexperte – aber was heisst das nun für die Praxis? Kann nun jeder, der sich von Astrologen, Kartenlegern etc “beraten” lässt mit Berufung auf dieses Urteil sein Geld zurück verlangen? Was machen die großen Anbieter wie Questico oder AstroTV? Denn das was dort passiert ist ja nun genau das, was im Stuttgarter Urteil angesprochen wurde. Niemand der “Berater” die dort ihre Dienste anbieten hätte demnach Anspruch auf Honorar. Aber vermutlich wäre es naiv anzunehmen, dass sich nun grundlegend etwas ändern wird. Die Esoteriker werden wohl weiter Wege finden, der hilfesuchende Kundschaft das Geld aus der Tasche zu ziehen…
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