Über Homöopathie ärgere ich mich ja öfter mal. Manchmal ist es aber mehr als nur Ärger. Manchmal macht mich dieser ganze Homöopathie-Mist richtig wütend. Ok – wenn Erwachsene Leute meinen, sie müssten Zuckerkugeln schlucken, damit sie ihren Schnupfen schneller weg bekommen, dann ist das deren Sache. Wenn sie unbedingt Geld rausschmeissen wollen, dann sollen sie. Aber wenn Homöopathen ihre absurde Lehre Kindern aufzwingen; wenn Homöopathen mit ihrem Aberglauben Menschen belästigen, die schon genug andere Probleme haben: dann ist die Sache nicht mehr lustig.
Vor ein paar Wochen habe ich mich schon mal ziemlich darüber aufgeregt, dass die Homöopathen ohne Grenzen (HOG) meinen, sie müssten den Unsinn der Zuckerkugeln auch in den Entwicklungsländern verbreiten – als ob es den Menschen dort nicht eh schon schlecht genug gehen würde. Damals war es Sierra Leone – aber wie die Augsburger Allgemeine heute berichtet, sind die HOGs auch in Kenia aktiv.
Schon seit 2003 “engagiert” man sich dort. Hauptzielgruppe sind Hebammen:
“Margit Stapf hat seit vielen Jahren eine homöopathische Praxis in Schwabmünchen. Lange schlummerte schon der Wunsch in ihr, sich in der Entwicklungshilfe zu engagieren.
(…)
Seit 2003 unterhalten die HOG dort ein Projekt, das Hebammen an die Anwendung homoöpathischer Mittel heranführt. Denn in den ländlichen Gegenden Kenias sei die Mutter- und Säuglingsterblichkeit extrem hoch, berichtet Margit Stapf. 15 Homöopathen aus ganz Deutschland sind abwechselnd vor Ort und gaben ihr Wissen an die Hebammen weiter.”
Die Mutter- und Säuglingssterblichkeit ist extrem hoch? Und dann fällt den HOGs nichts besseres ein, als dort ihre Globulis auszuteilen, verdammt noch mal?! Will man verhindern, dass Mütter oder Neugeborene nach der Geburt an Komplikationen o.ä. sterben, dann braucht man vernünftige und hygienische medizinische Einrichtungen! Und keine gelangweilten Europäer die auf der Suche nach ein bisschen Abenteuer ihren esoterischen Wohlstandsmist an die Eingeborenen verteilen!
Es gibt sehr viel, was man gegen Kindersterblichkeit tun kann. Dafür sorgen, dass genug sauberes Wasser vorhanden ist, z.B. Dafür zu sorgen, dass Babys und Kinder genug vernünftige Lebensmittel bekommen. Die Kinder brauchen Impfungen und Malaria-Prophylaxe. Sie brauchen echte Ärzte und echte Medizin. Was sie nicht brauchen, ist unser europäischer Aberglaube und dessen selbstgerechte Missionare!
“Mit dem Einsatz der richtigen Kügelchen könne eine Hebamme auch eine Blutung nach der Geburt stoppen, sagt die 53-Jährige. Und damit in Lamu das Leben einer Mutter retten. Denn das Krankenhaus von Lamu ist aus dem Hinterland schwer zu erreichen, eine lange Bootsfahrt entfernt. Für Menschen, die kein Geld haben, unerreichbar weit weg. “
Und anstatt sich dafür einzusetzen, dass echte medizinische Versorgung flächendeckend angeboten werden kann, will man lebensbedrohliche Komplikationen mit Zuckerkugeln heilen…
Da fehlen mir echt die Worte. Es gibt so viele Möglichkeiten, wie man vernünftige (medizinische) Entwicklungshilfe leisten kann (die hier haben z.B. gute Ideen). Aber anstatt dabei zu helfen, die Dinge nachhaltig zu verbessern werden die Leute in Afrika mit diesem Globuli-Mist verarscht. Wir Europäer haben es ja gut – wir können unser Geld zum Heilpraktiker tragen und der “behandelt” dann unser kleinen Wehwechen. Wenn dann irgendwann mal was richtig schief läuft und wir ernsthaft krank werden, dann steht uns immer noch die echte, wirksame Medizin zu Verfügung. Aber die Menschen in Kenia haben diese Möglichkeit nicht!
Ebenso hilflos sind in der Hinsicht die Kinder. Was Erwachsene mit ihrem eigenen Körper anstellen, ist deren Sache. Aber Kinder können sich nicht aussuchen, wer sie erzieht und sind darauf angewiesen, dass ihre Eltern sich bestmöglich um sie kümmern. Wenn man dann aber immer wieder von Eltern hört oder liest, die ihren Kindern medizinische Behandlungen vorenthalten und sie stattdessen mit Zuckerkugeln kurieren, dann ist das tragisch. Besonders zynisch sind in der Hinsicht die Aussagen, die die Homöopathen selbst über ihre (minderjährigen) Patienten treffen. Hier, hier und hier findet man den Bericht über einen Homöopathie-Kongress. Was schlägt man dort bei der Behandlung von Kindern mit Mittelohrentzündung vor?
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