Vor langer Zeit habe ich einmal einen Artikel geschrieben in dem ich erklärt habe, das Astrologie Unsinn sei. Ich habe dort auch eine – meiner Meinung nach – sehr einfache Frage an die Astrologen gestellt: wie wählt man aus, welche Himmelskörper für das Horoskop von Bedeutung sind? Warum verwendet man zum Beispiel den Mond der Erde – aber keine Monde von Jupiter? Warum verwendet man manchmal den Asteroiden Ceres – aber nicht den Asteroiden 2002 AB 7? Es gibt so viele Himmelskörper im Sonnensystem (und noch viel mehr außerhalb) – wie begründet ein Astrologe also die Auswahl die er trifft?
Würde mich jemand fragen, warum ich zum Beispiel in meinen Simulationen zu den erdnahen Asteroiden die Planeten Venus, Erde, Mars, Jupiter und Saturn berücksichtigt habe; nicht aber Merkur, Uranus, Neptun, Pluto und was da sonst noch so herumfliegt, dann kann ich das sofort begründen. Das muss man auch können denn wenn man nicht weiß, welche Parameter das System beeinflussen, das man untersuchen will, dann kann man sich die Arbeit gleich sparen. Fehlende Begründungen für die Auswahl der Systemparamater sind ein klassischer Mangel den jeder Gutachter bei der Beurteilung einer wissenschaftlichen Arbeit sofort bemerken und ankreiden wird!
Die Astrologie gibt es ja nun schon lange genug. Und, glaubt man den Astrologen, dann funktioniert sie wunderbar und kann jede Menge tolle Sachen leisten. Man sollte also meinen, die Astrologen wären in der Lage, zu erklären, warum sie gewisse Himmelskörper verwenden und andere nicht. Trotzdem habe ich den Kommentaren zu meinem Artikel nicht wirklich eine Antwort bekommen. Zumindest keine, die diesen Namen verdient…
Nun hat sich netterweise noch ein Astrologe gefunden, der meine Frage beantworten will: Andreas W. Höschen hat bei astrologie.de einen langen Text mit dem Titel “Zur Begründung der Astrologie” eingestellt, in dem er direkt auf meine Fragen eingeht. Dafür erstmal vielen Dank! Hier ist nun meine Antwort auf seinen Artikel.
Ich überspringe erstmal den Anfang des Textes – da wird nur wieder mal behauptet, dass Astronomen nicht fähig sind, Astrologie zu beurteilen und es wird festgestellt, dass ich der “Skeptikerbewegung” angehöre. Aber – im Gegensatz zu vielen anderen Astrologen hält Herr Höschen mich immerhin einer Antwort für würdig:
“Ich finde: Man kann zwar darauf verweisen, das sei doch offensichtlich und Freistetter hätte das gefälligst selbst aus den Astrologiebüchern herausfinden müssen, ja: sei gewissermassen “einer Antwort nicht würdig”, weil er die “heilige” Astrologie auf so schlimme Weise kritisiere. Doch damit setzt man sich dem Verdacht aus, die Antwort selber nicht so recht zu wissen.”
Nach weiterer langer Vorrede gehts dann tatsächlich mit einer Antwort los:
“Also: Astrologie ist symbolische Deutung astronomischer Tatsachen. Davon gibt es nun wirklich sehr viele (“weißt du wie viel Sternlein stehen … ?”). Und selbstverständlich ist es gemäß dem Prinzip der symbolischen Entsprechung in der Synchronizität sowie der Einheit und Ganzheit eines Augenblicks immer so, dass tatsächlich alles (!) “etwas bedeutet”.”
Ok – soweit, so esoterisch. Aber nicht überraschend. “Alles hat Bedeutung”, “Es gibt keinen Zufall” und Ähnliches bekommt man ja von den esoterischen Disziplinen ständig zu hören. Es scheint also tatsächlich so zu sein, das jeder Himmelskörper – vom interstellaren Staubkorn bis hin zum Riesenstern – irgendwie von Bedeutung ist. Man muss aber trotzdem eine Auswahl treffen, meint Höschen:
“Die Auswahl bestimmter Phänomene als besonders wichtig aus diesem nahezu unendlichen und unerschöpflichen “Chaos” stellt selbstverständlich eine Reduzierung dar. Aber ohne eine solche könnte überhaupt keine Wahrnehmung stattfinden, auch keine wissenschaftliche Erkenntnis. “
Gut. Und die Frage, die bleibt, ist die, die ich gestellt habe: wie wählt man aus? Herr Höschen meint:
“Nun, die Antwort ist einfach und ergibt sich ganz direkt aus in der Tat vom Kosmos selbst vorgegebenen eindeutigen Besonderheiten dieser Faktoren:
Denn schon im Altertum wurde sorgfältig beobachtet, dass nur einige wenige Himmelskörper sich vor dem Hintergrund der zueinander immer gleich stehenden Fixsterne bewegen. Das sind die “Planeten”. Ursprünglich bedeutet das Wort: “Wanderer”.”
Zu diesen “Wanderern” gehören laut Astrologie auch Sonne und Mond. Zu den in der Antike bekannten “Wanderern” zählt Höschen dann noch Uranus, Neptun und Pluto dazu und kommt so auf die “zehn Planeten”:
“Diese insgesamt zehn “Planeten” (nach der alten Definition) sind die grundlegenden Anzeiger astrologischer Bedeutung. Das heisst wie gesagt nicht, dass andere Faktoren etwa keine Bedeutung hätten. Doch die Besonderheit der Planeten (inklusive Sonne und Mond wie gesagt) ergibt sich direkt aus dem, was der Kosmos uns als – symbolisch zu deutendes – “Bild” zeigt. Sie sind auch deshalb besonders wichtig, weil sich aus ihren Bewegungen auch innerhalb von menschlicher Erkenntnis zu überbrückender Zeiträume charakteristische Veränderungen ergeben. “
Und Höschen sagt weiter:
“Alle anderen Himmelskörper sind keine Planeten bzw. zu klein und vielfältig, um bei der Herausarbeitung der großen Linien und Knackpunkte der Zeitqualität maßgeblich zu sein. Dass es zusätzlich sinnvoll sein kann, einzelne davon sozusagen als “Kür” hinzuzuziehen, ist auch richtig. Doch sehe ich persönlich die Tendenz zur Heranziehung von immer mehr Faktoren – Asteroiden etc. sehr skeptisch (!), aus oben erläuterten Gründen der Klarheit.”
Abschließend fasst er nochmal zusammen:
“Diese zehn Haupt”planeten” sind also durch ihre Zugehörigkeit zu unserem Sonnensystem und zusätzlich durch ihren Planetenstatus (Pluto ist ein Sonderfall – siehe den Meridian-Artikel dazu …!) bzw. ihre Besonderheit als Sonne und zur Erde gehörender Mond vor allen anderen “Sternen” hervorgehoben. Und das ist die Antwort auf Ihre Frage, Herr Freistetter.”
Ok – mal sehen, ob ich das richtig verstanden habe: Es gibt die Planeten Merkur, Venus, Mars, Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun. Die sind “wichtig”, weil sie Planeten in unserem Sonnensystem sind. Dann gibt es die Sonne, die wichtig ist, weil sie die Sonne ist und den Mond, der wichtig ist, weil er die Erde umkreist. Und dann gibts noch Pluto – der auch irgendwie wichtig ist (ich hab mir das Meridian-Heft nicht gekauft; kann also nicht sagen, warum das so ist).
Also – und ich bitte Herrn Höschen mir zu widersprechen, sollte ich falsch liegen – ist zum Beispiel der Saturnmond Titan (immerhin größer als unser Mond und auch größer als der Planet Merkur) deswegen aus astrologischer Sicht zu vernachlässigen, weil er eben den Saturn umkreist und nicht die Erde und wir Menschen halt auf Erde wohnen und nicht auf dem Saturn. Und die große Anzahl an Exoplaneten, von denen viele größer sind als Jupiter sind deswegen zu vernachlässigen, weil sie nicht um “unsere” Sonne kreisen sondern um andere.
Ich weiß, ich bin ein Ignorant – aber ich finde das ziemlich unlogisch. Wenn wir Menschen in der Zukunft anfangen, den Mars zu besiedeln: sind dann auf einmal auch dessen Monde Phobos und Deimos “wichtig” fürs Horoskop? Sollten wir es einmal schaffen, zu einem erdähnlichen Exoplaneten zu reisen – können (müssen?) wir dann die ganzen Planeten unseres Sonnensystem ignorieren und herausfinden (wie?), wie man mit dem neuen Exoplanetensystem Astrologie betreibt? Sind Asteroiden in einer 1:1 Resonanz mit der Erde – wie zum Beispiel Cruithne jetzt deshalb nicht von Bedeutung, weil sie nicht die Erde umkreisen oder weil wir sie nicht mit freien Auge sehen können? Und wenn es nicht wichtig ist, ob ein Objekt mit freien Auge sichtbar ist (Neptun und Pluto gelten ja auch) – warum dann nicht zum Beispiel immer den Asteroiden Ceres berücksichtigen? Der wurde schon 1801 entdeckt; sollte also alt genug sein um Respekt zu verdienen (und wurde – so wie Pluto – lange Zeit als “Planet” bezeichnet).
Die Antwort von Herrn Höschen ist äußerst unbefriedigend. Natürlich ist sie nicht überraschend. Sie entspricht ziemlich genau dem, was ich damals schon in meinem ursprünglichen Artikel geschrieben habe:
“Wahrscheinlich wird mir vorgeworfen, ich würde Astrologie nicht verstehen. Und wahrscheinlich gibt es auch wunderbar-absurde Erklärungen, warum bestimmte Objekte verwendet werden und andere nicht. Ich nehme an, dass sich die Himmelskörper den Astrologen auf geheimnisvolle Art und Weise”aufdrängen” und deswegen auch nur genau die verwendet werden, die wichtig sind (so wie sich die Babys ja angeblich einen Geburtszeitpunkt “aussuchen”, der ihrem Charakter entspricht). Und wenn die Menschheit wieder mal in ein neues Zeitalter eintritt, dann werden sich sicher die entsprechenden neuen Himmelskörper präsentieren.”
Alle Himmelskörper sind also laut Astrologen “wichtig” – aber wirklich von Bedeutung sind die, die auch irgendwie eine Bedeutung für die Menschen haben. Aber wer bestimmt denn nun eigentlich, welche Himmelskörper für die Menschen bedeutend sind? Warum Jupiter und warum nicht die galileischen Monde des Jupiter? Immerhin in ihrer Größe vergleichbar mit Mond und Merkur; die ersten Himmelsobjekte im Sonnensystem die mit dem neuen Teleskop gefunden wurden und von großer Bedeutung beim Wechsel vom geozentrischen zum heliozentrischen Weltbild! Revolutionäre Himmelskörper also – aber in kaum einem Horoskop sieht man Io, Ganymed, Europa oder Callisto auftauchen. Und wenn – so wie es Herr Höschen geschrieben hat – sowieso alles irgendwie von Bedeutung ist und mit dem Schicksal der Menschen wegen der “Synchronizität” zusammenhängt: warum nimmt man dann nur Himmelskörper? Für uns Menschen sind noch jede Menge andere Dinge wichtig – viel wichtiger, als irgendwelche Gas- oder Felskugel weit entfernt im All. Für mich als Langstreckenpendler ist z.B. die Bewegung der ICEs enorm wichtig – was die Planeten im All treiben tangiert mich da eher weniger. Kann man nun mein persönliches Horoskop auch aus der Stellung der Fernzüge im deutschen Schienennetz ablesen oder müssen es Planeten sein?
Ich frage das nicht, um die Sache ins Lächerliche zu ziehen – aber das sind eben genau die Probleme, die man sich mit einem Weltbild einhandelt, in dem Alles eine Bedeutung hat (abgesehen davon, dass es für die behauptete “Synchronizität” aller Dinge keinerlei Belege gibt). Wenn alles wichtig ist, dann landet man sofort bei der absoluten Beliebigkeit – und genau dort findet man ja auch die Astrologie. Es ist kein Wunder, dass Astrologen immer so gut darin sind, irgendwelche Ereignisse im Nachhinein zu “erklären” und in ihren Horoskopen zu finden. Das ist absolut kein Wunder – denn wenn alles Bedeutung hat, dann kann ich damit natürlich auch alles “erklären” – und gleichzeitig natürlich nichts erklären denn “Erklärungen” dieser Art sind völlig nutzlos. So wie auch die Astrologie.
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