Dunkle Materie ist ne spannende Sache. Wir können sehen, wie dunkle Materie die Bahnen von Sternen, Galaxien und Galaxienhaufen beeinflusst – aber die dunkle Materie selbst können wir nicht sehen. Um endlich herauszufinden, aus was sie denn nun besteht (oder ob sie vielleicht doch nicht existiert?) laufen zur Zeit jede Menge Experimente. Der große Teilchenbeschleuniger LHC am europäischen Kernforschungszentrum CERN sucht nach Teilchen, aus denen die dunkle Materie bestehen könnte; andere Experimente haben sogar schon viel versprechende Messungen gemacht und auch die Satelliten im All scheinen auf einem guten Weg zu sein. Und jetzt können wir vielleicht auch noch unsere Sonne als Meßinstrument benutzen…
Stephen West von der Royal Holloway Universität London hat eine interessante Theorie aufgestellt: die Sonne hat einen Kern aus dunkler Materie. Bzw. hat sich im Laufe der Zeit dunkle Materie im Sonnenkern angereichert. Und das liegt daran, dass die Sonne sich um das Zentrum unserer Milchstrasse bewegt – in einem Abstand von etwa 25000 Lichtjahren umkreist sie es etwa alle 230 Millionen Jahre einmal. Und dabei sollen Teilchen der dunklen Materie von der Sonnenschwerkraft eingefangen werden und sich in ihrem Kern ansammeln.
Klingt spannend – aber was fängt man mit so einer Theorie an? Kann man das auch irgendwie überprüfen? Ja, meint West überraschenderweise. Er und seine Kollegen haben untersucht, wie die dunkle Materie die Sonne beeinflusst. Sie senkt zum Beispiel die Temperatur des Kerns. Ok – das ist schonmal gut – aber die Kerntemperatur der Sonne können wir leider weder direkt noch sehr genau messen. Aber die dunkle Materie soll auch die Anzahl der Neutrinos verringern, die die Sonne aussendet. Und die kann man – auch wenn es sehr aufwendig und die Technik bei weitem noch nicht ausgereift ist – schon messen. Es wird also schwierig, so einen Einfluss der dunklen Materie zu messen; ist aber nicht prinzipiell unmöglich. Und vor hat man nun eine neue und unabhängige Methode um Ergebnisse von Teilchenbeschleunigern und anderen Experimenten zu bestätigen.
Natürlich ist die gesamte Theorie spekulativ. Um die Auswirkungen der dunklen Materie auf die Sonne zu berechnen muss man wissen, aus was die dunkle Materie besteht. Das wissen wir aber nicht – wir haben nur verschiedene Ideen. Auf einer davon – den WIMPS (Weakly Interactive Massive Particles) – basiert die Arbeit von West. Die verschiedenen Berichte über den “dunklen Kern” sind erstaunlich zurückhaltend, was die eigentlich Quelle der Arbeit angeht. Die einzige passende Arbeit die ich bei arxiv (wo West die Ergebnisse veröffentlicht haben soll) gefunden habe, ist ein Artikel mit dem Titel “Light WIMPs in the Sun: Constraints from Helioseismology”. Das Thema passt – aber er ist schon am 27. Mai erschienen und Erstautor ist Daniel Cumberbatch von der Universität Sheffield. Nicht einmal die letzte Woche von der Royal Holloway Uni herausgegebene Nachricht ist da gesprächiger…
Naja – in der oben verlinkten Arbeit sprechen die Autoren jedenfalls von “light dark matter candidates”; also den schon erwähnten WIMPS (Nachtrag: so wie es aussieht, ist diese spezielle Art von WIMPS experimentell allerdings schon fast völlig widerlegt worden). In ihrem Modell haben sie eine “intrinsic asymmetry that prevents annihilations after capture by the Sun”. Um nun genau zu erklären, wie diese eingebaute Asymmetrie der Teilchen aussehen soll verstehe ich leider zu wenig von Teilchenphysik… (oder bedeutet das einfach nur, dass die Teilchen der dunklen Materie nicht ihre eigenen Antiteilchen sind und sich daher nicht selbst auslöschen können?) Egal – viel interessanter fand ich, was die Autoren am Schluß des Artikels geschrieben haben:
“We note finally that for solar mass stars near the centre of the Galaxy, where the WIMP density is enhanced by up to some 6 orders of magnitude relative to that in the solar neighbourhood, the effect of the redistribution of energy in the stellar core may generate a significant reduction of the main sequence lifetimes.”
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