Es wird mal wieder Zeit, ein Kinderbuch mit astronomischen Inhalt zu rezensieren. Es heisst “Die kleine Sonne auf großer Fahrt“, trägt den Untertitel “Märchensammlung zur naturwissenschaftlichen Bildung” und wurde von unter anderem vom Physiker Werner Gruber verfasst, der den meisten wohl von seinem Auftritt bei Markus Lanz oder den Science Busters bekannt ist.
Neben Werner Gruber haben auch noch die Physiker Natasha Riahi und Christian Rupp am Buch mitgeschrieben. Und selbst die Illustrationen im Buch stammen aus naturwissenschaftlich-kundiger Hand; von Jenny Feige (aufmerksame Leser erinnern sich sicher an sie).
Das Buch selbst enthält 5 verschiedene Geschichte. Das erste, titelgebende Märchen hat Werner Gruber geschrieben. Die kleine Sonne macht sich mit ihrem großen Bruder auf und erforscht die Galaxie. Dabei lernt sie interessante Kollegen kennen: blaue Zwerge, rote Riesen und die gefährlichen blauen Riesen (und am Ende sogar ein schwarzes Loch).
In der Geschichte “Propelli lernt fliegen” schreibt Christian Rupp über die Abenteuer des Flugzeugs Propelli – das noch nicht so richtig fliegen kann. Aber glücklicherweise kommt das Flugzeug Magnus vorbei und erklärt Propelli, wie das mit dem Fliegen so funktioniert…
In “Prinzessin Viola” von Natascha Riahi wirds klassisch märchenhaft. Prinzession Viola muss ihren Geliebten Valentin aus den Händen der bösen Zauberin befreien und dabei drei Prüfungen bestehen bei denen naturwissenschaftliche Kenntnisse gefragt sind 😉
Die zweite Geschichte von Christian Rupp heisst “Jonas träumt von den Sternen” und genau das passiert auch. Im Traum trifft Jonas auf Pegas, das geflügelte Pferd und macht mit ihm eine Sightseeing-Tour durch den Sternbildhimmel.
Die letzte Geschichte des Buchs stammt wieder von Natascha Riahi. “Die Fledermaus Fanny” erzählt von einer kleinen Fledermaus, die das Rätsel um die entführten Tierkinder lösen muss und dabei auf die mysteriöse und gefährlich Sinistra trifft.
Ich muss zugeben, dass ich nach dem ersten Durchblättern etwas skeptisch war. Die Wissenschaft die hinter den Geschichten steckt, war teilweise doch ziemlich anspruchsvoll und dementsprechend hoch hätte ich das Alter der Zielgruppe angesetzt (in etwa ab 8 Jahren). Aber ob so “alte” Kinder noch auf den klassischen Märchenstil stehen, in dem die Geschichten verfasst sind? Das ist doch eher etwas für jüngere Kinder… aber kommen die mit dem komplexen Hintergrund der Handlung klar?
“Propelli”, aus dem kostenlosen Probekapitel
Der Test am Kind (in meinem Fall 6 Jahre alt) hat dann aber gezeigt, dass das kein Problem ist. Vor allem, weil man die Geschichten auch nicht unbedingt dazu benutzen muss, um den Kindern Naturwissenschaft beizubringen. Geschichten wie “Die Fledermaus Fanny” oder “Prinzessin Viola” kann man auch als ganz normale Märchen auffassen. Aber wenn man (und das Kind) Lust dazu hat, kann man sie wunderbar benutzen um interessante naturwissenschaftliche Phänomene zu erklären – zum Beispiel die Echolotung der Fledermäuse oder die Infrarotstrahlung. Das wird vor allem durch die jedem Kapitel nachgestellten kurzen Erklärungen der wissenschaftlichen Schlüsselkonzepte die in der Geschichte eine Rolle gespielt haben erleichtert. Andere Geschichte, wie “Propelli lernt fliegen” oder “Die kleine Sonne auf großer Fahrt” haben die Wissenschaft direkt in der Story inkludiert – aber wenn man möchte gibt es auch hier noch jede Menge Möglichkeiten, beim Vorlesen ins Detail zu gehen und alles vom Urknall über die kosmologische Rotverschiebung bis hin zu Supernovae zu erklären.
Das Buch ist auch nicht nur für den “Privatgebrauch” sondern auch für den Einsatz in Kindergärten oder Grundschulen gedacht. Dazu gibt es am Ende des Buches noch ein Extrakapitel von Herbert Österreicher (kinderfreiland.de). Mit dem Buch bekommt man übrigens auch ein Passwort, mit dem dann ein paar Anleitungen für eigene Experimente runtergeladen werden können.
Wie ich schon sagte: anfangs war ich noch skeptisch (das mag vielleicht auch daran liegen, dass ich allgemein eher wenig für Märchen übrig habe). Aber je mehr ich mich mit dem Buch beschäftigt habe – und vor allem nachdem ich gesehen habe, wie das Buch bei der Zielgruppe ankommt – desto mehr gefällt es mir. Einerseits sind es wirklich “nur” Märchen – aber in modernem Gewand; ohne die mystische (und oft auch ziemlich brutale) Aufmachung der klassischen Märchen. In dieser Form sind die Geschichten wunderbar zum Vorlesen geeignet und Kinder aller Altersstufen werden Spaß darin haben. Aber so wie auch die Geschichte aus dem Vorgängerbuch, Die Reise der kleinen Sonne, regen diese Märchen die wissenschaftliche Neugier der Kinder an und laden mit jeder Zeile dazu ein, die verschiedensten naturwissenschaftlichen Konzepte und Phänomen zu diskutieren. Und da ja vielleicht nicht alle Eltern Physiker oder Biologen sind die kurzen Erklärungen die jedem Kapitel folgen ein Garant dafür, dass die Fragen der Kinder nicht ohne Antwort bleiben!
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