Das die Welt 2012 nicht untergehen wird, sollte mittlerweile jedem klar sein, der sich über dieses Thema halbwegs vernünftige Gedanken gemacht hat. 2012 werden auch noch eine Menge weitere Dinge nicht geschehen: die Erde wird zum Beispiel nicht “umkippen”; die Ausrichtung der Erdachse wird sich nicht ändern: den viel beschworenen “Polsprung” wird es nicht geben. Und auch das die echte Wissenschaft diesen Begriff verwendet ändert daran nichts. Wenn man in der Geophysik von “Polsprung” redet, dann meint man damit keine Veränderung der Erdachse sondern eine Umpolung des Magnetfeldes. So etwas ist in der Vergangenheit tatsächlich schon öfter vorgekommen und das haben mittlerweile auch einige der Weltuntergangspropheten und Esoteriker mitbekommen und ihre “Theorien” entsprechend abgeändert. Da sich das Magnetfeld während der Umpolung abschwächt erreicht uns auf der Erdoberfläche zu dieser Zeit der verstärkt der Sonnenwind was dann wahlweise zu Katastrophen oder einem “Bewusstseinsprung” führen soll. Kürzlich haben Geophysiker nun Forschungsergebnisse veröffentlicht, die nahelegen, dass so ein Polsprung nicht immer einige tausend Jahre dauert so wie bisher angenommen sondern unter Umständen auch viel schneller, während weniger Jahre oder gar Monate ablaufen kann. Dieser “spontane Polsprung” wird nun immer wieder als Beleg für das nahende Unheil bzw. den nahenden Bewusstseinssprung gebracht. Was steckt da aber wirklich dahinter?
Erstmal ein paar grundlegende Fakten. Unsere Erde hat ein Magnetfeld. Das liegt – simpel gesagt – daran, dass sie einen teilweise flüssigen Kern aus Eisen hat der sich schnell dreht. So entsteht ein Magnetfeld und man kann sich die Angelegenheit vereinfacht so vorstellen, als hätte man da einen gewaltigen Stabmagneten in der Erde mit einem magnetischen Nordpol und einem magnetischen Südpol. Diese Magnetpole liegen in der Nähe der geografischen Pole – aber sie sind nicht identisch und weil das Erdmagnetfeld auch nicht ständig konstant ist ändert sich auch die Position der Pole im Laufe der Zeit immer ein wenig. Manchmal aber ist die Änderung größer. Dann wird das Magnetfeld immer schwächer und schwächer – und baut sich dann in umgekehrter Polarität wieder auf. Sowas kommt alle paar hundertausend Jahre vor und es dauert normalerweise einige tausend Jahre bis dieser Vorgang abgeschlossen ist.
Das wissen wir übrigens aus der Untersuchung von Steinen (Steine sind cool!). Wenn zum Beispiel Lava aus dem Erdinneren austritt und magnetische Bestandteile enthält, dann richten die sich nach dem Erdmagnetfeld aus. Wird die Lava dann zu festen Gestein, dann bleibt diese Ausrichtung im Gestein erhalten. So kann man auch noch Millionen Jahre später herausfinden, wie das Magnetfeld gerade orientiert war, als das Gestein entstanden ist. Scott Bogue und Jonathan Glen haben nun Steine vom Battle Mountain in Nevada untersucht. Dort ist anscheinend vor etwa 16 Millionen Jahren ein Vulkan ausgebrochen und man kann heute noch einen erstarrten Lavastrom sehen. Dieser Lavastrom wurde durch einen zweiten Vulkanausbruch erneut aufgeschmolzen. Bogue und Glen konnten nun feststellen, dass sich das Magnetfeld zwischen erster und zweiter Aufschmelzung um 53 Grad gedreht hatte. Und das zwischen beiden Ereignissen nur 4 Jahren lagen!
Kann also eine Umpolung des Magnetfeldes doch viel schneller ablaufen? Nur wenige Jahre anstatt einiger tausend Jahre? Auch wenn die Daten das nahezulegen scheinen; noch weiß man es nicht sicher. Es könnte genausogut sein, dass hier das Magnetfeld einfach kurzfristig lokal gestört wurde – auch sowas kommt vor. Um den schnellen Polsprung eindeutig zu belegen, müsste man auch entsprechende Belege aus anderen Weltgegenden finden.
Aber selbst wenn sich zeigen sollte, dass eine Umpolung tatsächlich viel schneller ablaufen kann als man bisher dachte ist das noch kein Grund zur Panik. Denn so eine Umpolung ist kein Weltuntergang. Immerhin gab es sowas in der langen Geschichte der Erde schon sehr oft – und noch existiert sie. Das Magnetfeld der Erde reicht weit ins Weltall hinaus:
In dieser künstlerischen Darstellung ist der Abstand zwischen Erde und Sonne natürlich untertrieben – das Magnetfeld reicht aber wirklich weit über die Erde hinaus. Die Magnetopause, das ist der äußerste Punkt des Magnetfeldes auf der Seite der Erde die der Sonne zugewandt ist, ist etwa 10 Erdradien entfernt. Natürlich ist das nicht konstant; das Magnetfeld reagiert z.B. auf den Sonnenwind. Wenn die Sonnenaktivität gerade hoch ist, dann kann das Magnetfeld der Erde zusammengestaucht werden und die Magnetopause rückt näher an die Erde ran. Hier ist eine Simulation, die das zeigt:
Genau das passiert auch während eines Polsprungs. Das Magnetfeld wird schwächer – verschwindet aber nicht ganz. Das heisst, die Magnetopause rückt näher an die Erde heran. Forscher vom Geoforschungszentrum im Potsdam sagten gegenüber dem Focus, dass die Magnetopause dann auf etwa 5 Erdradien an die Erde heranrücken würde. Das ist nicht sonderlich gefährlich – das passiert auch heute schon immer wieder Mal wenn die Erde von einem größeren Sonnensturm getroffen wird. Und selbst wenn das Magnetfeld ganz weg wäre, hätten wir immer noch die Atmosphäre die viel von der kosmischen Strahlung abfängt. Denn die soll ja unser Verderben sein: ohne Magnetfeld, dass uns vor der Strahlung aus dem All schützt, kommen die Katastrophen – oder der Bewusstseinssprung. Das Sonnenstürme tatsächlich gefährlich sein können bestreitet ja niemand – ich habe das hier detailliert beschrieben. Erhöhte Sonnenaktivität kann auf der Erde beispielsweise dazu führen, dass es zu Störungen im Flugbetrieb kommt (weil die Flugzeuge wegen der höheren Strahlenbelastung tiefer bzw. gar nicht fliegen). Es kann auch zu Stromausfällen kommen – aber auch wenn manche es ordentlich übertreiben brauchen wir kein Angst vor einem Weltuntergang haben. Schon gar nicht 2012. Oder 2013. Momentan gehen ja gerade wieder Meldungen durch die Medien die vor den Sonnenstürmen im Jahr 2013 warnen (hier zum Beispiel – und die BILD-Zeitung warnt sogar vor dem “Mega-Chaos” das uns angeblich bevorsteht). Ist natürlich Unsinn. Zwar gibt es tatsächlich ein Maximum der Sonnenaktivität im Jahr 2013 – das wird aber deutlich schwächer ausfallen als das letzte. Das war übrigens im März 2000 und soweit ich mich erinnere, gab es damals kein “Mega-Chaos”.
Also – keine Angst vor 2012 oder dem spontanen Polsprung. Überhaupt verstehe ich nicht, wieso sich die Weltuntergangspropheten jetzt auf einmal alle auf den schnellen Polsprung stürzen? Was immer es auch während der Umpolung für negative Effekte gibt: je schneller die Sache vorbei ist, desto besser! Wenn wir nur wenige Jahre unter den Auswirkungen des schwachen Magnetfeldes zu leiden haben anstatt einigen tausend, dann ist das doch eigentlich eine tolle Nachricht!
Ach ja – was ist eigentlich mit dem Bewusstseinsprung? Unser alter Bekannter, Dieter Broers (immer noch kein Doktor) macht ja momentan wieder mit einem Interview die Runde in dem er erneut irgendwelche pseudo-geheimen Studien heranzieht um zu belegen, wie sich die Sonnenaktivität auf unser Bewusstsein auswirkt und zu demonstrieren, dass uns ein “Bewusstseinssprung” bevorsteht. Das Broers hier nicht weiß wovon er redet und dass seine Angaben und Belege alle fehlerhaft sind, habe ich ja schon in diesen beiden Artikeln ausführlich dargelegt. Das aktuelle Interview macht da auch keine Ausnahme. Die Experimente des im Interview angesprochenen Michael Persinger sind zum Beispiel nicht deswegen nicht anerkannt weil das ganze “geheime militärische forschung” ist sondern weil die Daten nie reproduziert werden konnten. Und Broers scheint immer noch nicht verstanden zu haben, dass die Magnetfelder die uns von der Sonne selbst bei hoher Aktivität erreichen sehr, sehr, sehr viel schwächer sind als die, die wir hier künstlich auf der Erde passieren. Was immer auch angeblich passieren soll, wenn uns 2012 die Sonnenaktivität um die Ohren fliegt: den gleichen Effekt müsste man auch erhalten, wenn man sich ein paar Kühlschrankmagnete auf den Kopf legt.
Also: egal wie schnell der Polsprung nun stattfindet, wir müssen keine Angst davor haben. Und auch die Sonnenstürme werden 2012 weder die Welt untergehen lassen noch uns auf eine höhere Bewusstseinsebene bringen.
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