Seit dem ersten astronomischen Teleskop von Galileo Galilei vor 400 Jahren hat sich einiges getan. Mittlerweile beobachten die europäischen Astronomen von der Europäischen Südsternwarte ESO aus mit 8 Meter großen Spiegeln – und selbst das ist eigentlich nicht genug (Ok, für Astronomen sind die Teleskop generell immer zu klein 😉 ). Momentan wird das EELT geplant. Das steht für “European Extremly Large Telescope” – ein nur logischer Name für den Nachfolger des VLT – dem “Very Large Telescope”. Ursprünglich war ja der Bau des OWL (“Overwhelmingly Large Telescope“) geplant das einen Spiegeldurchmesser von 100 Meter haben sollte – man hat sich dann aber doch auf das EELT beschränkt. Das ist aber mit einem Spiegel von etwa 42 Metern immer noch ordentlich groß. Aber wozu brauchen die Astronomen überhaupt so riesige Teleskope? Müssen die heutzutage wirklich so groß sein oder geht das nicht vielleicht doch auch kleiner? Diese Fragen hat heute Roberto Gilmozzi von der ESO in seinem Vortrag bei der Tagung der Astronomischen Gesellschaft in Bonn beantwortet.

Was also treibt die Astronomen an, so riesige Teleskope zu bauen? Die
großen Wissenschaftler der Vergangenheit haben ja auch tolle und revolutionäre Entdeckungen gemacht und das ganz ohne gigantische Spiegel auf hohen Bergen. Aber Wissenschaft ist natürlich nicht statisch sondern bringt ständig neue Erkenntnisse. Vor 50 Jahren wäre beispielsweise niemand ernsthaft auf Idee gekommen, ein Teleskop zu bauen, mit dem man Planeten beobachten kann, die andere Sterne umkreisen. Zu der Zeit wusste man noch nichtmal, ob es solche extrasolaren Planeten überhaupt gibt. Die wurden erst vor 15 Jahren entdeckt und erst seit wenigen Jahren ist es tatsächlich möglich direkte Aufnahmen von Exoplaneten zu machen. Allerdings nur von sehr großen Planeten die sehr weit vom Stern entfernt sind. Interessanter wäre es natürlich, wenn wir erdähnliche Planeten sehen könnten, die sich nahe am Stern befinden; in der sogenannten “habitablen Zone” – dort wo die Temperaturen passend wären, um auf solchen Planeten Leben zu ermöglichen. Wir stehen gerade an der technischen Grenze wo ein indirekter Nachweis solcher Planeten möglich wird. Aber wenn wir wissen wollen, wie die Atmosphären solcher erdähnlichen Planeten aussehen; wenn wir wissen wollen, welche Moleküle es dort gibt und sich dort vielleicht sogar (primitives) Leben befindet – dann brauchen wir bessere Teleskope. Teleskope wie das EELT.

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Denn das könnte tatsächlich solche erdähnlichen Planeten in der habitablen Zone ihres Sterns direkt abbilden. Und der große Spiegel stellt sicher, dass man genug davon sehen wird können, um vernünftige Aussagen zu machen. Aber die Exoplanetenforschung ist nicht der einzige Grund, warum man sich so ein großes Teleskop wünscht. Mit dem EELT kann man Sterne in weit entfernten Galaxien auflösen; dort, wo wir mit heutigen Instrumenten nur die Galaxie selbst sehen. Kann man nun aber auch die Eigenschaften der einzelnen Sterne bestimmen, aus denen sich die Galaxie zusammensetzt, dann eröffnet das ganz neue Möglichkeiten.

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Hier sieht man, was das EELT kann. Die farbigen Ringe im Bild zeigen, wie groß der Bereich am Himmel ist, innerhalb dessen ein Teleskop keine Einzelsterne mehr auflösen kann. Der große gelbe Ring steht für das Hubbleteleskop. Die Ringe die das EELT anzeigen sind in diesem Foto kaum mehr zu sehen; sie liegen innerhalb des großen hellen Flecks – der Galaxie.

Auch die dunkle Energie ist ein potentielles Forschungsfeld des EELT. Die durch die dunkle Energie verursachte beschleunigte Ausdehnung des Universums hat man bis jetzt durch die Vermessung von Supernova-Explosionen bestimmt. Das EELT könnte diese Beschleunigung quasi direkt messen. Die Genauigkeit wird dann so groß sein, dass es möglich ist die Geschwindigkeit eines Objekts zu zwei verschiedenen Zeitpunkten zu messen und zu schauen, ob die sich erhöht hat. Man wird dabei immer noch lange warten müssen; zwischen den Messungen können bis zu 20 Jahren liegen. Aber das ist trotzdem schon ein enormer Fortschritt.

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So könnte das EELT aussehen. Rechts daneben sieht man im Vergleich das VLT und ganz klein davor erkennt man Autos und Menschen (Bild: ESO)

Noch ist das EELT nicht gebaut. Nächste Woche wird über einen Konstruktionsvorschlag abgestimmt und wenn alles gut läuft und auch noch die nächsten Beurteilungen positiv sind, dann kann mit dem Bau schon nächstes Jahr begonnen werden! So ein gewaltiges Teleskop zu bauen ist natürlich eine ebenso gewaltige Aufgabe. Einen 42 Meter großen Spiegel kann man nicht am Stück bauen; er wird aus 5 Spiegelflächen zusammengesetzt die wiederrum aus vielen kleinen Einzelspiegeln bestehen. Zusammen kommen sie auf eine Fläche von mehr als 1200 m² – und natürlich wird das Teleskop mit adaptiver Optik ausgestattet werden. Dann muss das Ding auch noch vernünftig und stabil montiert werden und man braucht eine passende Kuppel dafür und einen Haufen anderer Gebäude. Erschwerend kommt hinzu, dass die Baustelle nicht irgendwo in “zivilisierten” Gebiet liegt sondern am Gipfel des Cerro Armazones, einem knapp 3000 Meter hohen Berg in der chilenischen Atarcarma-Wüste. Deswegen wird es auch 8 Jahre dauern bis im Jahr 2019 dann mit dem “First Light”, also der ersten richtigen Beobachtung, zu rechnen ist – und es ist auch nicht verwunderlich, dass das ganze Projekt etwa eine Milliarde Euro kosten wird.

Aber was das dann für tolle Bilder – und vor allem für tolle Wissenschaft geben wird!

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Kommentare (19)

  1. #1 Michael
    16. September 2010

    Namensvorschlag für den Nachfolger: HORST – Huge Optical Really Super Telescope, oder PFFT – Perfect Final Finish Telescope.

  2. #2 datenkind
    16. September 2010

    Das ist doch Astronomen-Porno! ;D

  3. #3 Niemand von Bedeutung
    16. September 2010

    > Einen 42 Meter großen Spiegel kann man nicht am Stück bauen;
    > er wird aus 5 Einzelspiegeln zusammengesetzt

    Wirklich? Ich denke das sind ein paar mehr. Die fünf Spiegel sind wohl das Spiegelsystem, wenn ich es richtig verstehe.

  4. #4 George
    16. September 2010

    1 Milliarde € klingt irgendwie fast lächerlich wenig, wenn man bedenkt was Stuttgart 21 kostet, und hier wird ein riesiges Teleskop ans andere Ende der Welt geschafft

  5. #5 MartinS
    16. September 2010

    “Es ist weder möglich noch ratsam, einen solch großen Spiegel in einem Stück zu bauen. Stattdessen wird der 42-Meter-Spiegel aus rund 1000 sechseckigen Segmenten zusammengesetzt, die je 1,4 Meter breit und 5 Zentimeter dick sind.”
    https://www.eso.org/public/germany/astronomy/teles-instr/e-elt_num.html

  6. #6 MOeP
    16. September 2010

    Die Kosten stimmen glaube ich auch nicht so ganz.
    Das E-ELT soll wohl nur um die 400 Millionen Euro kosten. Die angegebene Milliarde (und mehr) wurde für das OWL veranschlagt.

  7. #7 Mick
    16. September 2010

    @ Michael
    Der Namensvorschlag ist genial 😉
    Hab mich grad weggeschmissen vor Lachen

  8. #8 Daniel Fischer
    16. September 2010

    “Nächste Woche wird über einen Konstruktionsvorschlag abgestimmt und wenn alles gut läuft, dann kann mit dem Bau schon nächstes Jahr begonnen werden!” So hatte ich’s beim Vortrag auch verstanden, aber Gilmozzi nachher noch mal gefragt: Das E-ELT ist noch immer vier Meilensteine vom endgültigen Baubeschluss entfernt. Zwar gibt es kommende Woche einen sehr wichtigen Review (der natürlich gut ausgehen wird, wie er sagt), und Ende des Jahres werden alle Unterlagen über die Realisierbarkeit des Teleskops dem ESO Council vorgelegt.

    Aber erst dieses von der ESO unabhängige Gremium wird dann – v.a. anhand absehbarer Finanzierung – die Entscheidung über grünes Licht treffen. Oder noch mehr Unterlagen anfordern (das würde ihn nicht wundern, glaube ich). Formeller Baubeginn könnte tatsächlich schon 2011 sein, aber in den ersten Jahren kann nur wenig konkret ausgegeben werden, weil die ESO zunächst noch viel in das Riesenradioteleskop ALMA stecken muss. Doch schon bei der nächsten AG-Tagung könnte es etwa Bilder zu sehen geben, wie der Berg platt gemacht wird: sichtbares Zeichen, dass das Projekt läuft.

    @Niemand von Bedeutung: Das optische System besteht aus fünf reflektierenden Flächen, wobei der Primärspiegel wiederum aus über tausend Segmenten zusammengesetzt ist.

    @MoEP: Das E-ELT wird – inklusive der ersten Generation Instrumente – tatsächlich 1 Mrd. Euro kosten. Wie einem Viewgraph aus Gilmozzis Talk zweifelsfrei zu entnehmen ist.

  9. #9 Alexander Stirn
    16. September 2010

    Sagen wir mal so: Das ELT soll eine Milliarde Euro kosten. Wenn es irgendwann 2025 fertig sein wird, werden die Kosten deutlich darüber liegen. Verzögerungen und Kostenexplosionen sind bei so einem Riesenprojekt (das zeigt auch Alma) einfach unumgänglich.

  10. #10 Florian Freistetter
    16. September 2010

    Sorry – das mit den kleineren Einzelspiegel hab ich in der Eile unterschlagen; ich werd das noch korrigieren. Was die Kosten angeht: wie Daniel schon gesagt hat; in der Präsentation wurde diese Zahl genannt; die dann auch die erste instrumentale Ausstattung umfasst. Das es sicherlich zu Verzögerungen kommen wird und das Ding wohl auch teurer werden kann ist nicht überraschend. Ein cooles Teleskop und wichtiges Projekt bleibt es trotzdem. Und ich freue mich schon auf HORST!

  11. #11 ruth
    16. September 2010

    also ich war ja immer schon fuer FLT – fucking large telescope. aber auf mich hoert ja keiner.

  12. #12 sputnic
    16. September 2010

    Es gibt nur einen Namen: ’42’

  13. #13 Karl Mistelberger
    16. September 2010

    Seit dem ersten astronomischen Teleskop von Galileo Galieo vor 400 Jahren hat sich einiges getan.

    Das Galileoscope ist ja ein lobenswertes Unterfangen. Das Instrument von “Galileo Galieo”, mir eher bekannt als Galileo Galilei hat allerdings ganz anders ausgesehen: https://brunelleschi.imss.fi.it/telescopiogalileo/index.html

  14. #14 Florian Freistetter
    16. September 2010

    @Klaus: Danke – hab den Tippfehler korrigiert.

  15. #15 Michael
    16. September 2010

    Wem das alles zu teuer vorkommt: Der Etat 2010 des Bundeskanzleramtes ist 1,844 Milliarden Euro. Merkel und deren Bespaßung kostet also pro Jahr fast doppelt so viel.

    Noch ein Namensvorschlag: LAME – Latest Astronomical Mega-Edifice

  16. #16 Florian Freistetter
    16. September 2010

    @Michael: Ach, wenn man Merkel und ihre Kollegen auch auf nen Berg in der chilenischen Wüste aufstellen würde, dann könnte man die 2 Milliarden sogar fast verschmerzen 😉

  17. #17 ZielWasserVermeider
    17. September 2010

    @Florian Freistetter

    Natürlich unter der Bodenplatte….

    Gruß
    Oli

  18. #18 Christian
    18. September 2010

    Weil es gut passt, und solche Großteleskope (auch dieses) mit Adaptive Optiken arbeiten, ich glaub Florian hat vor ein paar Tagen was darüber gepostet, hier ein link wie enorm die Verbesserung durch A.O ist.

    https://keckobservatory.org/images/gallery/press_images/aomovie_hist.gif

    Hintergründe dazu

    https://keckobservatory.org/news/nsf_awards_1.72_million_to_improve_keck_LGSAO/

  19. #19 das hausrat
    21. Dezember 2012

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