Das Thema heute Abend bei “Menschen bei Maischberger” lautet “Übersinnliche Kräfte: Mysterium oder Mumpitz?”. Eingeladen sind der Esoteriker Rüdiger Dahlke; das “Medium” Kim Anne Jannes (sie durfte in der RTL-Reinkarnationsshow mit Toten sprechen); eine Frau die “Raum-Klärung” betreibt (was immer das auch sein mag); ein “Gedankenleser” der allerdings selbst zugibt, nur mit Tricks zu arbeiten und keine übersinnliche Kräfte hat; der Journalist und Esoterikkritiker Colin Goldner – und Heinz Oberhummer von den Science Busters der mit Esoterik nicht viel am Hut hat.
Was darf man von dieser Runde und dieser Sendung erwarten? Nichts, meint Michael Hohner vom RatioBlog. Denn TV-Debatten sind nur vergeudete Zeit.
Stimmt das wirklich? Hohner klingt recht überzeugend. Allein die Auswahl der Gäste zeigt ja schon, dass es hier nicht wirklich um die Findung der “Wahrheit” geht sondern um eine Pseudo-Ausgewogenheit die so eigentlich nicht existiert:
“Diese Art der Gästezusammenstellung ist angebracht, wenn es um Politik, Kultur, etc. geht, also wenn hauptsächlich eine Ausgewogenheit zwischen verschiedenen aber gleichberechtigten Meinungen, Geschmäckern und Wertungen hergestellt werden soll. Wenn es aber um Aussagen geht, die empirisch nachprüfbar sind, also wie hier um Wissenschaft bzw. Pseudowissenschaft, dann ist ein solcher Ausgleich völlig fehl am Platz. Hier zählen keine Meinungen oder Wertungen, egal ob sie von Nobelpreisträgern oder Schiffschaukelbremsern stammen, sondern alleine handfeste Nachweise. Ob die Aussagen der Akteure wahr oder falsch sind, das lässt sich auch ohne eine TV-Diskussion ermitteln. Auch die Meinung, die sich der Zuschauer bilden wird, ist als Ergebnis irrelevant. Die Realität richtet sich nicht danach, welche Meinung ein Mensch über sie hat.”
Wie absurd der Zwang der Medien ist, immer beide Seiten zu hören, zeigt dieses Video recht schön (ich hatte es zwar schonmal gebracht – aber es ist immer wieder gut):
Dazu passt auch schön der Satz aus dem RatioBlog:
“Wenn das Ziel der Produktion überhaupt ist, zu einer tieferen Erkenntnis zu kommen und nicht nur zu einer höheren Einschaltquote, dann ist es jedenfalls der falsche Weg, 50% Realität mit 50% Bullshit zu mischen und zu erwarten, dass sich in der Mitte die Wahrheit herauskristallisieren wird.”
Ok – aber wenn nun schonmal die Esoteriker vor der Kamera sitzen, sollten dann nicht die vernünftigen Menschen versuchen, auch dabei zu sein um zumindest den allergrößten Blödsinn richtig zu stellen? Nein, meint Michael Hohner. Im Gespräch mit einem Esoteriker kann man nur verlieren. Denn der kann immer einfach eine Behauptung nach der anderen rauswerfen – um Belege bzw. die Realität muss er sich ja nicht kümmern. Eine vernünftige und verständliche Widerlegung bzw. Erklärung solcher Behauptungen ist aber i.A. wesentlich länger und komplexer. Ein Wissenschaftler kann also in einer TV-Diskussion immer nur einige wenige Sachen richtig stellen – und kommt dabei natürlich für die unbeteiligten Zuseher immer schlechter rüber als der Esoteriker, der sehr viel mehr seiner Behauptungen einfach unwidersprochen “durchbringt” (diese Redetaktik nennt sich übrigens “Gish Gallop”).
Man sollte sich da am besten ganz raushalten, meint das RatioBlog:
“Meiner Meinung nach tun sich Rationalisten selbst keinen Gefallen, wenn sie sich für derartige Veranstaltungen hergeben. Sie stellen damit den Hokuspokus auf eine gleich hohe Stufe wie Wissenschaft, und es entsteht der falsche Eindruck, es gäbe überhaupt einen Anlass, den Hokuspokus wie eine gleichberechtigte, alternative wissenschaftliche Hypothese zu diskutieren. Der hektische Stil dieser auf Krawall gebürsteten Sendungen lässt eine vernünftige Argumentation überhaupt nicht zu und spielt den Esoterikern in die Hände. Die Rationalisten sehen dabei schlimmstenfalls schlecht aus, und bestenfalls ist die Diskussion völlig sinnlos, weil ohne Ergebnis.”
Stimmt das? Ich bin mir noch nicht ganz sicher, ob ich hier zustimme. Ich habe ja schonmal anläßlich des Auftritts eines Astronomen in Uri Gellers unsäglicher Alien-Sendung was dazu geschrieben.
Auch damals stand ich vor dem gleichen Dilemma wie heute. Das was im RatioBlog steht, ist im Wesentlichen richtig. Aber ich bin nicht wirklich überzeugt, ob es besser wäre, einfach nichts zu sagen? Manchmal ist es das vielleicht – wie es z.B. bei der Maischberger-Diskussion mit Nina Hagen und Joachim Bublath der Fall war, in der Bublath dann irgendwann ob Hagens grandioser Dummheit einfach kapitulierte und ging. Aber ich denke nicht, ob man das verallgemeinern sollte. Ich bin hier wirklich noch nicht zu einer endgültigen Meinung gelangt. DAS ich Öffentlichkeitsarbeit und vor allem das öffentliche Auftreten gegen Esoterik, Pseudowissenschaft und anderen Unsinn für wichtig halte habe ich ja hier schon oft genug erklärt. Aber wo zieht man die Grenze? Wo schadet man sich und seiner Sache durch einen öffentlichen Auftritt mehr als es nützen würde? Was meinen die Leserinnen und Leser?
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