Wissenschaft ist ja generell spannend und interessant – aber manche Entdeckungen sind wirklich cool. Zum Beispiel die von Johny Setiawan und seinen Kollegen. Sie haben einen extrasolaren Planeten entdeckt! Ok, wird sich jetzt der eine oder die andere fragen: von den Dingern haben wir bis jetzt schon fast 500 gefunden. Was ist daran nun so toll?
Ja – auf den ersten Blick ist HIP 13044 b tatsächlich nur ein normaler extrasolarer Planet. Auf den zweiten Blick ist er aber was ganz besonderes: ein Besucher aus einer anderen Galaxie!
Der Planet den die Astronomen vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg gefunden haben umkreist einen Stern der ein wenig leichter ist als unsere Sonne. Er befindet sich etwa 2000 Lichtjahre von der Erde entfernt und er ist alt. Sehr alt! Älter als 9 Milliarden Jahre und damit schon im Endstadium seines Lebens. Man konnte beobachten, dass der Stern momentan hauptsächlich Helium verbrennt. Man nennt sowas “horizontal branch star” (das bezieht sich auf die Position im Hertzsprung-Russell-Diagramm) und ist ein Zeichen dafür, dass er schon das hinter sich hat was unserer Sonne erst noch bevor steht: die Umwandlung in einen roten Riesen. Denn wenn der Wasserstoff im Zentrum eines Sterns verbraucht und in Helium umgewandelt ist, beginnt er sich auszudehnen und wird immer größer. Das wird auch unsere Sonne in einigen Milliarden Jahren tun und dabei die inneren Planten und vermutlich auch unsere Erde verschlucken.
Der Stern HIP 13044 hat das schon erledigt. Danach hat er die äußeren Schichten seiner Atmosphäre abgestossen und verbrennt nun das Helium in seinem Inneren. Der Planet aber, der ein wenig schwerer ist als unser Jupiter, dürfte diesen Prozess nicht so toll gefunden haben. Er ist nämlich nur 0.116 astronomische Einheiten von seinem Stern entfernt. Das bedeutet, er ist ihm zehnmal näher als die Erde unserer Sonne und die Chancen stehen gut, dass er die Rote-Riesen-Phase seines Sterns in seinem Stern verbracht hat… Die äußeren Schichten der Sternatmosphäre sind nicht so wahnsinnig dicht und wenn die Phase nicht zu lange dauert, kann ein Planet das durchaus überleben. Es kann natürlich auch sein, dass HIP 13044 b erst später in Richtung Stern gewandert ist und ursprünglich weiter entfernt war. Aber andere Planeten die näher am Stern waren, waren vielleicht weniger glücklich. Setiawan und seine Kollegen haben festgestellt, dass der Stern ziemlich schnell um seine eigene Achse rotiert; schneller als die meisten anderen Sterne seiner Art. Das könnte ein Hinweis darauf sein, dass er tatsächlich ein paar Planeten verschluckt hat – denn dadurch würde sich auch seine Rotationsgeschwindigkeit erhöhen. Aber noch ist HIP 13044 b nicht außer Gefahr. Denn der Stern wird wieder größer werden während er das Helium verbrennt (das passiert ja bei heißeren Temperaturen als das Wasserstoffbrennen) und sich in der Zukunft vielleicht auch noch diesen Planeten einverleiben.
Allein diese Geschichte würde HIP 13044 b schon zu einem sehr coolen und interessanten Objekt machen. Aber es gibt noch mehr! Denn wenn man den Stern betrachtet, den HIP 13044 b umkreist, dann sieht man, dass er zu einem sogenannten Sternstrom gehört. So bezeichnet man Gruppen von Sternen die sich – ein wenig so wie ein Fluß – alle mit annähernd gleicher Geschwindigkeit auf ähnlichen Bahnen in die gleiche Richtung bewegen. Dabei können sie sich nicht nur durch die Milchstrasse bewegen sondern auch teilweise um sie herum, wie dieses Bild hier zeigt:
Hier sieht man die künstlerische Darstellung der Bahnen von drei Sternströmen, die 2007 vom Weltraumteleskop Spitzer entdeckt wurden. Auch HIP 13044 gehört zu einem Sternstrom: dem sogenannten Helmi-Strom der 1999 entdeckt wurde und aus einigen Millionen Sternen besteht. Interessant wird es nun, wenn man nach dem Ursprung dieser Sternströme fragt: die kommen nämlich aus anderen Galaxien! Wenn die Milchstrasse einer anderen Galaxien begegnet und mit ihr kollidiert bzw. die beiden nahe aneinander vorbeifliegen, dann schnappt die größere der beiden Galaxien der kleinere auch einige Sterne weg die sich dann in Form eines Sternstroms durch die Milchstrasse bewegen. Der Helmi-Strom ist der letzte Rest einer kleinen Zwerggalaxie die unsere Milchstrasse vor sechs bis neun Milliarden geschluckt hat.
Der Stern HIP 13044 wurde also in einer anderen Galaxie geboren! Und das bedeutet, dass auch der Planet HIP 13044 b aus einer anderen Galaxie stammt! Zumindest mit größer Wahrscheinlichkeit – es könnte auch sein, dass er erst später in unserer Milchstrasse eingefangen wurde. Aber die Chancen für so ein Ereignis ist ziemlich gering. Ich habe mich ja vor einiger Zeit schonmal über die erste mögliche Entdeckung eines extragalaktischen Planeten gefreut (obwohl diese Beobachtung nicht bestätigt ist) und finde diese neue und überraschende Entdeckung eines extragalaktischen Planeten in unserer Milchstrasse ebenfalls äußerst cool!
Wir machen langsam aber sicher den nächsten großen Schritt in der Planetenforschung. Vor 1995 waren wir zwar sicher, dass es eigentlich auch bei anderen Sternen Planeten geben muss – konnten sie aber nicht finden. Dann hatten wir endlich Glück und fanden die ersten Planeten. Anfangs nur wenige aber dann immer mehr und heute laufen die Entdeckungen fast schon wöchentlich ein. Nicht mehr lange, und wir werden wirklich den ersten erdähnlichen Planeten finden und wenn die Daten der Weltraumteleskope erst einmal alle ausgewertet sind, dann werden wir zehntausende Planeten in unserer Milchstrasse kennen und untersuchen können. Und nun stehen wir kurz davor, auch konkrete Informationen über Planeten in anderen Galaxien zu finden. Irgendwann werden wir mit Sicherheit wissen, dass es auch dort Planeten gibt, so wie bei uns und irgendwann werden wir genug dieser Planeten kennen um wirklich interessante Fragen beantworten zu können. Denn wenn wir andere Galaxien beobachten, dann blicken wir ja nicht nur in die Ferne sondern auch in die Vergangenheit und wir könnten dann ganze Populationen an Planeten aus verschiedenen Zeiten miteinander vergleichen… Aber ok – noch ist das Zukunftsmusik. HIP 13044 b zeigt uns aber, was jetzt schon möglich ist und wer weiß, was man bei den Sternen der vielen Sternströme in unserer Milchstrasse noch alles finden kann.
Ein Planet aus einer anderen Galaxie, der uns besuchen kommt. Das ist schon ziemlich cool. Ich habe gestern bei einem Symposium der Uni Tübingen einen Vortrag gehalten und bin dabei auch vom Deutschlandfunk interviewt worden. Ich wurde gefragt, was ich am Himmel; an der Astronomie so faszinierend finde. Es ist genau das: diese tollen Entdeckungen! Und nichtmal unbedingt die Entdeckungen an sich sondern die Tatsache, dass wir sie überhaupt machen können! Das wir fähig sind, den Himmel zu betrachten und mehr zu sehen als ein paar helle Punkte. Das wir fähig sind, herauszufinden, dass einer dieser hellen Punkte aus einer anderen Galaxie stammt und von einem Planeten umkreist wird. Das wir fähig sind, den Himmel und das Universum zu verstehen – das wird mich immer wieder faszinieren!
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