Gerade habe ich ein echtes Highlight beim Forum Wissenschaftskommunikation in Mannheim erlebt: eine Pecha-Kucha-Vortragsreihe! Pecha Kucha ist japanisch und heisst angeblich soviel wie “wirres/lautes Geplauder” und bezeichnet eine spezielle Art der Vortragstechnik. Der oder die Vortragende darf eine Präsentation mit 20 Folien/Bildern erstellen und jede dieser Folien ist genau 20 Sekunden lang zu sehen. Nicht mehr und nicht weniger. Hat der Vortrag einmal begonnen läuft die ganze Präsentation automatisch durch; der Vortragende hat keinen Einfluss mehr darauf und wenn nach 20 mal 20 Sekunden, also nach 6 Minuten und 40 Sekunden, alle Folien durch sind, ist Schluß – ohne Ausnahme!
Das klingt vielleicht so, als könnte man auf diese Art nur schwer irgendwelche vernünftigen Inhalte kommunizieren. Aber genau das Gegenteil ist der Fall! Ich finde Pecha-Kucha-Vorträge höchst genial und plädiere dafür, sie auch bei wissenschaftlichen Konferenzen standardmäßig einzusetzen!
Warum? Wer schon mal eine wissenschaftliche Konferenz besucht hat, der wird das kennen: viele Vortragende halten völlig unstruktierte Präsentationen; halten sich minutenlang mit irrelevanten Details auf und haben dann am Ende keine Zeit mehr und müssen die eigentlich interessanten Ergebnisse im Schnelldurchlauf abhandeln. Oder es wird gnadenlos überzogen. Besonders beliebt ist es auch, Vorträge zu recyclen. Und damit meine ich nicht, dass man Inhalte mehrmals für verschiedene Präsentationen nutzt. Das ist ganz normal – aber trotzdem sollte man jeden Vortrag neu und individuell konzipieren. Oft aber ist es sonnenklar, dass ein Vortragender eine Präsentation einfach komplett von einer früheren Veranstaltung übernommen hat – was dann besonders auffällt wenn der Vortrag damals 60 Minuten gedauert hat und nun nur 20 Minuten zur Verfügung stehen.
Wie es auch eine der Pecha-Kucha-Rednerinnen (Daniela Ruth von der Uni Rostock die einen sehr guten – meiner Meinung nach den besten – Vortrag über das Projekt “mstIfemNet meets Nano and Optics” gehalten hat) am Ende der Veranstaltung angemerkt hat: bei vielen “normalen” Vorträgen fehlt einfach die Disziplin.
Und genau das ist die Stärke von Pecha Kucha. Hier ist man dazu gezwungen sich mit dem Inhalt seines Vortrags und der Struktur auseinanderzusetzen. Man kann nicht einfach einen Haufen Diagramm in eine Präsentation packen und dann einfach spontan losreden. Man muss sich vorher ganz genau darüber Gedanken machen was man wann sagt; wie man es sagt und ob bzw. welche graphischen Informationen man zusätzlich bringen will. Diese zusätzliche Arbeit merkt dann aber auch: die 7 Vorträge in der heutigigen Pecha-Kucha-Session waren alle gut. Selbst wenn jemand mal ein wenig nervös war und ein paar Hänger hatte: der stark strukturierte Vortrag hat einen immer wieder schnell zurück geführt. Gleiches gilt, wenn jemand mal ein bisschen vom Thema abgewichen ist: die gnadenlos weiterlaufenenden Folien machen einen schnell darauf aufmerksam.
Ok, man muss sich nicht sklavisch an die 20 Folien/20 Sekunden Regel zu halten. Man kann auch mehr Folien länger zeigen. Aber ich denke, es würde den allermeisten Vorträgen die man so auf wissenschaftlichen Konferenzen zu hören kriegt äußerst gut tun, wenn die Redner sich vorher mit einem Pecha-Kucha-Konzept auseinandersetzen müssen: also ihre Inhalte so strukturieren, dass sie mittels einer automatisch ablaufenden Präsentation mit vorgegebender Länge dargestellt werden können. Und im Gegensatz zum Chef einer der Pecha-Kucha-Rednerinnen heute bin ich absolut nicht der Meinung dass sowas “unwissenschaftlich” ist. Die Wissenschaftlichkeit hängt hauptsächlich mal vom Inhalt ab und nicht der Form der Präsentation!
Also liebe Konferenzveranstalter! Denkt doch mal darüber nach, eine Pecha-Kucha-Session in euer Programm aufzunehmen (am besten wäre es ja, gleich die ganze Konferenz so abzuhalten – aber das wird wohl so schnell nicht passieren)! Ein bisschen Abwechslung tut den Konferenzen sicher gut. Und von den besseren Vorträgen – und sie werden besser werden! – profitiert nicht nur das Publikum sondern auch die Wissenschaftler!
Sogenannte “Pecha-Kucha-Nächte” gibt es übrigens überall auf der Welt – auch in Deutschland. Hier findet man alle Informationen.
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