Die kosmische Hintergrundstrahlung ist – neben vielen anderen Beobachtungen – ein extrem starker Beleg für die Realität des Urknalls. Aber sie ist nicht nur deswegen interessant; aus ihr lassen sich auch jede Menge Informationen über unser Universum gewinnen. Zum Beispiel kann man den Sunyaev-Zel’dovich-Effekt ausnutzen um so Galaxienhaufen zu entdecken die auf anderem Weg nicht zu beobachten sind.
Hintergrundstrahlung
Aber fangen wir am Anfang an. Was ist eigentlich die Hintergrundstrahlung? Wie der Name schon sagt, kommt sie aus dem “Hintergrund”. Das bedeutet, es handelt sich um elektromagnetische Strahlung, die aus jeder Richtung des Himmels kommt und nicht auf konkrete, singuläre Quellen zurückzuführen ist. Wir können sie allerdings nicht sehen; es handelt sich um Mikrowellenstrahlung und deren Wellenlänge ist viel länger als der Bereich, den unser Auge wahrnehmen kann. Aber wo kommt diese Strahlung nun her?
Dazu müssen wir weit zurück zum Anfang des Universums gehen. Vor etwa 13.7 Milliarden Jahren ist unser Universum beim Urknall entstanden und dehnt sich seitdem aus. In der Anfangsphase war das junge Weltall noch sehr heiß. So heiß, dass sich keine stabilen Atome so wie wir sie heute kennen bilden konnten. Die Elektronen, die normalerweise an die Atomkerne gebunden sind waren damals wegen der hohen Temperaturen alle frei und schwirrten durchs All. Das bedeutet aber auch, dass das Universum undurchsichtig war denn jedes Lichtteilchen (Photon) traf ziemlich schnell auf so ein freies Elektron und wurde absorbiert oder gestreut. Erst etwa 380000 Jahre nach dem Urknall sank die Temperatur weit genug (bis auf etwa 3000 Kelvin) so dass sich aus Elektronen und Protonen Wasserstoff bilden konnte. Diese Phase bezeichnet man als Rekombination und es war gleichzeitig der Zeitpunkt an dem sich die Photonen ungehindert im All ausbreiten konnten; es wurde durchsichtig.
Genau diese mehr als 13 Milliarden Jahre alten Photonen sind es, die die Hintergrundstrahlung ausmachen. Da sich das Universum aber immer weiter ausdehnte wurden aufgrund der Rotverschiebung aber auch die Wellenlängen dieser Photonen gedehnt und wir sehen sie heute als Mikrowellenstrahlung. Da die kosmische Hintergrundstrahlung bzw. CMB (“cosmic microwave background”) mehr oder weniger das Älteste ist, dass wir in unserem Universum beobachten können lassen sich darauf natürlich jede Menge wichtige kosmologische Parameter ableiten. Satelliten wie WMAP oder nun Planck haben die Strahlung daher extrem genau vermessen. So sieht zum Beispiel der CMB-Himmel aus, den WMAP gesehen hat:
Man sieht, dass die Intensität der Strahlung – also die Temperatur des Universums (angegeben durch die Farbe) nicht überall exakt gleich ist. Die Messung dieser Variationen in der Hintergrundstrahlung ist eines der wichtigsten astronomischen Ergebnisse der letzten Zeit. Genau solche Variationen wurden von der Urknalltheorie vorhergesagt und George Smoot und John Mater haben 2006 zu Recht den Physik-Nobelpreis für den ersten Nachweis der Variationen (damals noch mit dem COBE-Satelliten) bekommen. Die Abweichungen vom Mittelwert sind übrigens extrem gering; sie betragen nur einige Mikrokelvin.
Durch die Galaxienhaufen…
Eine genaue Analyse der Hintergrundstrahlung liefert nicht nur Werte für Parameter wie das Alter oder die Zusammensetzung des Universums – wir erhalten auch Informationen über die Gegenden, die die Strahlung auf dem Weg zu uns durchquert hat. Denn das Universum ist zwar größtenteils leer – aber nicht völlig. Außerhalb unserer Milchtstrasse gibt es jede Menge andere Galaxien und die Galaxien selbst sind wieder in Galaxienhaufen organisiert. Zwischen den Galaxien so eines Galaxienhaufens ist nun nicht Nichts, sondern das sogenannte Intracluster-Medium. Das ist ein sehr dünnes, sehr heißes Gas aus Wasserstoff und Helium. Also im Prinzip das ganze Zeugs, dass durch diverse astrophysikalische Prozesse (z.B. Supernova-Explosionen) aus den Galaxien geschleudert wird. Durch die hohen Temperaturen des Gases sind Wasserstoff und Helium ionisiert – das heisst, sie haben ihre Elektronen verloren die nun frei durch den Raum zwischen den Galaxien fliegen. In etwa so wie im frühen Universum vor der Rekombination. Nur das da das Gas wesentlich dichter war: Damals konnte ein Photon quasi überhaupt nicht vorwärtskommen; es ist immer sofort auf ein Elektron getroffen. Im Raum zwischen den Galaxien kann so ein Photon heute im Mittel knapp ein Lichtjahr weit durch die Gegend fliegen bevor es ein Elektron trifft.
Wenn das aber passiert, dann kommt es zu etwas, das man Compton-Effekt nennt. Dabei wird das Photon am Elektron gestreut und es wird Energie von einem zum anderen transferiert. Je nach Ausgangslage verliert oder gewinnt das Photon dabei Energie. Wenn es nun um die niederenergetischen Photonen der Hintergrundstrahlung geht, die auf die hochenergetischen Elektronen des Intracluster-Mediums treffen, dann gewinnt das Photon Energie. Rashid Sunyaev und Jakow Borissowitsch Seldowitsch (Sunyaev ist übrigens einer der Direktoren des Max-Planck-Instituts für Astrophysik in Garching) haben nun Ende der 1960er Jahre vorhergesagt, dass man diesen Effekt in der Hintergrundstrahlung beobachten können müsste. Durch die Interaktion der CMB-Photonen mit den Elektronen im Intracluster-Medium sollte in der Hintergrundstrahlung mehr hochenergetische Photonen vorhanden sein als eigentlich erwartet. Das wurde dann 1983 tatsächlich nachgewiesen; 10 Jahre später konnte man anhand des nun Sunyaev-Zel’dovich-Effekt (SZ-Effekt) genannten Phänomens auch erstmals ein konkreter Galaxienhaufen in der Hintergrundstrahlung identifiziert werden. Mittlerweile gibt es spezielle Beobachtungsanlagen, die den SZ-Effekt nutzen, um Galaxienhaufen zu kartieren – z.B. das Sunyaev-Zel’dovich Array in Kalifornien. Auch der schon oben erwähnte Planck-Satellit ist sensitiv genug um den SZ-Effekt zur Kartierung des Universums nutzen zu können.
Ich weiß, ich bin nicht objektiv 😉 Aber ich bin immer wieder beeindruckt von der Astronomie! Im Gegensatz zu den anderen Wissenschaften können wir unsere Studienobjekte i.A. nie direkt untersuchen. Alles was wir haben, sind ein paar Photonen. Aber was sich die Astronomen im Laufe der Zeit alles einfallen lassen haben um aus diesen Photonen Informationen über das Universum zu gewinnen ist schon phantastisch.
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