Die kosmische Hintergrundstrahlung ist – neben vielen anderen Beobachtungen – ein extrem starker Beleg für die Realität des Urknalls. Aber sie ist nicht nur deswegen interessant; aus ihr lassen sich auch jede Menge Informationen über unser Universum gewinnen. Zum Beispiel kann man den Sunyaev-Zel’dovich-Effekt ausnutzen um so Galaxienhaufen zu entdecken die auf anderem Weg nicht zu beobachten sind.

Hintergrundstrahlung

Aber fangen wir am Anfang an. Was ist eigentlich die Hintergrundstrahlung? Wie der Name schon sagt, kommt sie aus dem “Hintergrund”. Das bedeutet, es handelt sich um elektromagnetische Strahlung, die aus jeder Richtung des Himmels kommt und nicht auf konkrete, singuläre Quellen zurückzuführen ist. Wir können sie allerdings nicht sehen; es handelt sich um Mikrowellenstrahlung und deren Wellenlänge ist viel länger als der Bereich, den unser Auge wahrnehmen kann. Aber wo kommt diese Strahlung nun her?

Dazu müssen wir weit zurück zum Anfang des Universums gehen. Vor etwa 13.7 Milliarden Jahren ist unser Universum beim Urknall entstanden und dehnt sich seitdem aus. In der Anfangsphase war das junge Weltall noch sehr heiß. So heiß, dass sich keine stabilen Atome so wie wir sie heute kennen bilden konnten. Die Elektronen, die normalerweise an die Atomkerne gebunden sind waren damals wegen der hohen Temperaturen alle frei und schwirrten durchs All. Das bedeutet aber auch, dass das Universum undurchsichtig war denn jedes Lichtteilchen (Photon) traf ziemlich schnell auf so ein freies Elektron und wurde absorbiert oder gestreut. Erst etwa 380000 Jahre nach dem Urknall sank die Temperatur weit genug (bis auf etwa 3000 Kelvin) so dass sich aus Elektronen und Protonen Wasserstoff bilden konnte. Diese Phase bezeichnet man als Rekombination und es war gleichzeitig der Zeitpunkt an dem sich die Photonen ungehindert im All ausbreiten konnten; es wurde durchsichtig.

Genau diese mehr als 13 Milliarden Jahre alten Photonen sind es, die die Hintergrundstrahlung ausmachen. Da sich das Universum aber immer weiter ausdehnte wurden aufgrund der Rotverschiebung aber auch die Wellenlängen dieser Photonen gedehnt und wir sehen sie heute als Mikrowellenstrahlung. Da die kosmische Hintergrundstrahlung bzw. CMB (“cosmic microwave background”) mehr oder weniger das Älteste ist, dass wir in unserem Universum beobachten können lassen sich darauf natürlich jede Menge wichtige kosmologische Parameter ableiten. Satelliten wie WMAP oder nun Planck haben die Strahlung daher extrem genau vermessen. So sieht zum Beispiel der CMB-Himmel aus, den WMAP gesehen hat:

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Man sieht, dass die Intensität der Strahlung – also die Temperatur des Universums (angegeben durch die Farbe) nicht überall exakt gleich ist. Die Messung dieser Variationen in der Hintergrundstrahlung ist eines der wichtigsten astronomischen Ergebnisse der letzten Zeit. Genau solche Variationen wurden von der Urknalltheorie vorhergesagt und George Smoot und John Mater haben 2006 zu Recht den Physik-Nobelpreis für den ersten Nachweis der Variationen (damals noch mit dem COBE-Satelliten) bekommen. Die Abweichungen vom Mittelwert sind übrigens extrem gering; sie betragen nur einige Mikrokelvin.

Durch die Galaxienhaufen…

Eine genaue Analyse der Hintergrundstrahlung liefert nicht nur Werte für Parameter wie das Alter oder die Zusammensetzung des Universums – wir erhalten auch Informationen über die Gegenden, die die Strahlung auf dem Weg zu uns durchquert hat. Denn das Universum ist zwar größtenteils leer – aber nicht völlig. Außerhalb unserer Milchtstrasse gibt es jede Menge andere Galaxien und die Galaxien selbst sind wieder in Galaxienhaufen organisiert. Zwischen den Galaxien so eines Galaxienhaufens ist nun nicht Nichts, sondern das sogenannte Intracluster-Medium. Das ist ein sehr dünnes, sehr heißes Gas aus Wasserstoff und Helium. Also im Prinzip das ganze Zeugs, dass durch diverse astrophysikalische Prozesse (z.B. Supernova-Explosionen) aus den Galaxien geschleudert wird. Durch die hohen Temperaturen des Gases sind Wasserstoff und Helium ionisiert – das heisst, sie haben ihre Elektronen verloren die nun frei durch den Raum zwischen den Galaxien fliegen. In etwa so wie im frühen Universum vor der Rekombination. Nur das da das Gas wesentlich dichter war: Damals konnte ein Photon quasi überhaupt nicht vorwärtskommen; es ist immer sofort auf ein Elektron getroffen. Im Raum zwischen den Galaxien kann so ein Photon heute im Mittel knapp ein Lichtjahr weit durch die Gegend fliegen bevor es ein Elektron trifft.

Wenn das aber passiert, dann kommt es zu etwas, das man Compton-Effekt nennt. Dabei wird das Photon am Elektron gestreut und es wird Energie von einem zum anderen transferiert. Je nach Ausgangslage verliert oder gewinnt das Photon dabei Energie. Wenn es nun um die niederenergetischen Photonen der Hintergrundstrahlung geht, die auf die hochenergetischen Elektronen des Intracluster-Mediums treffen, dann gewinnt das Photon Energie. Rashid Sunyaev und Jakow Borissowitsch Seldowitsch (Sunyaev ist übrigens einer der Direktoren des Max-Planck-Instituts für Astrophysik in Garching) haben nun Ende der 1960er Jahre vorhergesagt, dass man diesen Effekt in der Hintergrundstrahlung beobachten können müsste. Durch die Interaktion der CMB-Photonen mit den Elektronen im Intracluster-Medium sollte in der Hintergrundstrahlung mehr hochenergetische Photonen vorhanden sein als eigentlich erwartet. Das wurde dann 1983 tatsächlich nachgewiesen; 10 Jahre später konnte man anhand des nun Sunyaev-Zel’dovich-Effekt (SZ-Effekt) genannten Phänomens auch erstmals ein konkreter Galaxienhaufen in der Hintergrundstrahlung identifiziert werden. Mittlerweile gibt es spezielle Beobachtungsanlagen, die den SZ-Effekt nutzen, um Galaxienhaufen zu kartieren – z.B. das Sunyaev-Zel’dovich Array in Kalifornien. Auch der schon oben erwähnte Planck-Satellit ist sensitiv genug um den SZ-Effekt zur Kartierung des Universums nutzen zu können.

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Planck sieht einen Galaxienhaufen mit dem SZ-Effekt (Bild: ESA/LFI & HFI Consortia)

Ich weiß, ich bin nicht objektiv 😉 Aber ich bin immer wieder beeindruckt von der Astronomie! Im Gegensatz zu den anderen Wissenschaften können wir unsere Studienobjekte i.A. nie direkt untersuchen. Alles was wir haben, sind ein paar Photonen. Aber was sich die Astronomen im Laufe der Zeit alles einfallen lassen haben um aus diesen Photonen Informationen über das Universum zu gewinnen ist schon phantastisch.


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Kommentare (59)

  1. #1 miesepeter3
    5. Januar 2011

    @Florian Freistetter

    “Ich weiß, ich bin nicht objektiv 😉 Aber ich bin immer wieder beeindruckt von der Astronomie!

    Kann ja so schwer nicht sein, wenn da jetzt schon 10jährige Supernoven entdecken. 😉

  2. #2 Drumer
    5. Januar 2011

    Naja, die Chemie und die Kernphysik können ihre Studienobjekte auch nicht direkt untersuchen, sondern brauchen riesige Apparaturen um sie einigermaßen finden zu können. 😉

    schöner artikel. =)

  3. #3 Turi
    5. Januar 2011

    @Drumer
    ich denke, was FF meint ist, dass Chemiker und Kernphysiker ihre Versuchsobjekte direkt beeinflussen können. Das macht die Sache doch etwas einfacher, als wenn man “nur gucken, aber nicht anfasssen” darf wie in Astronomie ^^.

  4. #4 nihil jie
    5. Januar 2011

    @Turi

    ja aber ein himmelskörper können die astronomen gewiss mit eigenen händen anfassen… das ist die erde 🙂 ein schwacher trost, aber ein schöner 😉

  5. #5 Drumer
    5. Januar 2011

    @ Turi:
    Stimmt schon, stimmt schon … ein bischen leichter haben wir’s dann doch. ^^

  6. #6 Andreas P.
    5. Januar 2011

    Verständnisproblem bei der Hintergrundstrahlung: ich versteh nicht warum die so gleichmässig verteilt ist.
    Ich stell mir das so vor, dass das Universum nach dem Urknall mehr oder weniger gleichmässig in alle Richtungen expandiert ist und daher annähernd Kugelform besitzen sollte. Und innerhalb dieser “Raumblase” müssen wir doch irgend eine Position einnehmen, oder? Und die Hintergrundstrahlung müsste doch von den Rändern dieser Blase kommen (das wären gewissermassen die “ältesten” Bereiche) und nur im Zentrum der Blase müsste das alles einigermassen gleichverteilt sein, oder?
    Und das wir rein zufällig im Zentrum sind kann ich mir nun wirklich nicht vorstellen.

    Warscheinlich ist schon die Vorstellung von der “Raumblase” Unsinn, wenn ich jemand erklären sollte wie der Raum eine Form hat müsste ich schon das Handtuch werfen …

  7. #7 dirk
    5. Januar 2011

    @Andreas: Nimm mal einen Luftballon, mal einige Punkte drauf, such Dir einen aus. das ist Dein Standort. Nimm mal an die Sättiung der Farbe ist die Hintergrundstrahlung. Blas den Ballon auf und Du wirst sehen, dass sich alle Punkte von einander entfernen und kein Punkt in der Mitte ist und überall wird die Farbsättiung gerineger.

  8. #8 Andreas P.
    5. Januar 2011

    @dirk
    ja, diesen Vergleich hab ich schon gelesen, nur ich versteh nicht wie der auf unsere Situation passt

  9. #9 dirk
    5. Januar 2011

    Es geht um eine 2-dimensionale Situation im 3-dimensionalen Raum. Das Universum ist eine 3-dimensionale Situation in 4 Dimensionen. Die Vorstellung der “Raumblase” passt nicht, da es nicht um die Ausdehnung in einem 3 dimensionalen Raum geht. Der Raum dehnt sich aus aber nicht in einem äusseren Raum, sondern in einer weiteren Dimension; wie die Oberfläche des Ballons(2-dim.) im 3 dimensionalen Raum

  10. #10 Andreas P.
    5. Januar 2011

    so als Ausbreitung in 4 Dimensionen hab ich das noch nicht gesehen .. lass mich da mal drüber nachdenken

  11. #11 Tobi
    5. Januar 2011

    Ah gut, dass genau dieses Thema behandelt wird. Zu der Hintergrundstrahlung habe ich auch eine Frage:
    In Unzickers “Vom Urknall zum Durchknall” heißt es auf S.127: “(…) Fakt ist, dass der kosmische Mikrowellenhintergrund ein absolutes Bezugssystem definiert.”

    Könnte mir vielleicht jemand kurz und laienverständlich erklären, was Meister Unzicker hiermit meint?

  12. #12 dirk
    5. Januar 2011

    @Andreas: Das ist nur ne Herleitungshilfe, nicht richtige wissenschaftliche Erklärung

  13. #13 Andreas P.
    5. Januar 2011

    @dirk
    passt scho, ich will’s ja auch nicht bewiesen haben sondern nur verstehen warum die Dinge so sind, wie sie sind

  14. #14 hugo
    6. Januar 2011

    @Tobi:
    Ich habe das Buch bisher nicht gelesen (und nach den Rezensionen die ich gelesen habe, wird sich das wohl auch nicht ändern) und der eine Satz den du zitierst liefert nur wenig Kontext.

    Dennoch vermute ich, dass Unzicker meint, dass es (vermutlich bis auf Translationen und räumliche Rotationen) genau ein Bezugssystem gibt, in dem die Hintergrundstrahlung so extrem isotrop ist, wie es das Bild in Florians Artikel zeigt. Bewegt man sich beispielsweise mit einer konstanten Geschwindigkeit relativ zu diesem Bezugssystem, so entsteht durch den Doppler-Effekt eine Dipol-Asymmetrie (d.h. aus der Richtung in die man sich bewegt misst man eine höhere Temperatur, aus der entgegengesetzten Richtung eine niedrigere).
    [Tatsächlich haben COBE und WMAP eine recht starke Dipolasymmetrie gemessen. Aus dieser lässt sich unsere Geschwindigkeit relativ zu diesem “ausgezeichneten” Bezugssystem auf ca 630 km/s bestimmen. In den Bildern der Hintergrundstrahlung wird diese Asymmetrie jedoch meist weggelassen, weil die restlichen Schwankungen sonst kaum sichtbar wären.]

    Ebenso wird man in vielen anderen Bezugssystemen eine asymmetrischere Hintergrundstrahlung messen als im erwähnten “ausgezeichneten” (etwa in relativ zu diesem rotierenden oder sich beschleunigt bewegenden).

    Den Umstand dass das Universum durch diesen Effekt quasi ein “absolut ruhendes” Bezugssystem liefert, könnte man nun zum Ausgangspunkt machen, die Äquivalenz aller Bezugssysteme in der Relativitätstheorie zu bezweifeln; aber da die gesamte Kosmologie und damit die Erklärung der Hintergrundstrahlung auf der Relativitätstheorie fußt (und bis jetzt exzellent funktioniert), handelt man sich damit vermutlich mehr Probleme ein als man zu lösen glaubt.

  15. #15 Niels
    6. Januar 2011

    @Tobi
    Die ART beruht auf dem sogenannten Äquivalenzprinzip.
    Es besagt, dass ein Beobachter in einem geschlossenen Raum ohne Information von außen nicht durch Experimente feststellen kann, ob er sich in der Schwerelosigkeit fernab von Massen befindet oder im freien Fall nahe einer Masse.
    Wenn es ein absolutes Bezugssystem gäbe, wäre die ART falsch, da man ja herausfinden kann, ob man sich in Bezug zu diesem System bewegt oder nicht.

    Unzicker meint also, er hätte mal eben die Relativitätstheorie widerlegt.
    Fakt ist aber nun mal, dass der kosmische Mikrowellenhintergrund kein absolutes Bezugssystem definiert.
    Oder genauer: Mit Hilfe der Hintergrundstrahlung lässt sich kein Absoluter Raum im Sinne Newtons definieren.

  16. #16 SCHWAR_A
    6. Januar 2011

    Die Cluster stören das Planck-Spektrum auf dem Weg zu uns. Gäbe es dann an verschiedenen weit auseinander liegenden Punkten im Universum auch unterschiedliche Fluktuations-Bilder des CMB?

    Angenommen, man fände zu sehr vielen CMB-Temperaturschwankungen immer auch zugehörige Objekte in anderen Wellenlängenbereichen: Würde das nicht die Deutung als ‘eingefrorene Quantenfluktuationen’ in Frage stellen?

    Ich habe irgendwo mal gelesen, daß eine Überlagerung aller Wellenlängen ein Planck-Spektrum der Temperatur von 5.4K oder so ergäbe. Leider finde ich das nicht wieder… Gibt es da einen Zusammenhang mit dem CMB? Wo kann ich mehr darüber erfahren, um das mal nachzurechnen?

  17. #17 Tobi
    6. Januar 2011

    @hugo und Niels:
    Vielen Dank für die Erklärung!

  18. #18 Engywuck
    6. Januar 2011

    “Man sieht, dass die Intensität der Strahlung – also die Temperatur des Universums (angegeben durch die Farbe) nicht überall exakt gleich ist.”

    Was denn nun? Intensität oder Energie (und damit Temperatur)? Das ist ja erstmal nicht (notwendigerweise) korrelliert (siehe Photoeffekt)

  19. #19 Ben
    6. Januar 2011

    Warum definiert die Hintergrundstrahlung kein absolutes Bezugssystem?

  20. #20 SCHWAR_A
    6. Januar 2011

    @Ben:
    Die SRT bevorzugt kein Bezugssystem. Es gibt also kein von Natur aus ausgezeichnetes Bezugssystem, nur diejenigen, die wir definieren, zB. das, in dem sich unsere Galaxie bezüglich des hier meßbaren CMB bewegt. Dieser unsere CMB ist das, was wir innerhalb unseres ‘beobachtbaren Universums’ bei uns messen können.

    Eine Galaxie, die Megaparsecs weiter weg von uns liegt, hat sein eigenes ‘beobachtbares Universum’ und würde seine eigene CMB darin messen. Diese könnte dort ebenfalls als ausgezeichnetes Bezugssystem dienen. Nur, daß das dann ein ganz anderes ist, als das unsere hier.

  21. #21 Florian Freistetter
    6. Januar 2011

    Der Zusammenhang zwischen ART und CMB ist hier schön erklärt: https://www.relativitaetsprinzip.info/faq/cmb-ausgezeichnetes-inertialsystem.html

    Von Kritikern der Relativitätstheorie hört man manchmal, dass bereits die Existenz solch eines ausgezeichneten Systems eine Widerlegung der speziellen Relativitätstheorie sei, da diese die Existenz eines ausgezeichneten Bezugssystems ausschließe. Das ist jedoch nicht zutreffend. Die Aussage der Relativitätstheorie ist nur, dass physikalische Vorgänge in jedem Inertialsystem gleichartig ablaufen. Man kann also durch ein Experiment innerhalb eines abgeschlossenen Systems nicht feststellen, ob sich dieses System relativ zum Mikrowellenhintergrund bewegt oder nicht. Durch Messung des Hintergrunds selbst, ist es dagegen durchaus möglich die relative Geschwindigkeit zur kosmischen Hintergrundstrahlung zu bestimmen.

  22. #22 SCHWAR_A
    6. Januar 2011

    @FF:
    Angenommen, man fände zu sehr vielen CMB-Temperaturschwankungen immer auch zugehörige Objekte in anderen Wellenlängenbereichen: Würde das nicht die Deutung als ‘eingefrorene Quantenfluktuationen’ in Frage stellen?

    Ich habe irgendwo mal gelesen, daß eine Überlagerung aller Wellenlängen ein Planck-Spektrum der Temperatur von 5.4K oder so ergäbe. Leider finde ich das nicht wieder… Gibt es da einen Zusammenhang mit dem CMB? Wo kann ich mehr darüber erfahren, um das mal nachzurechnen?

  23. #23 Florian Freistetter
    6. Januar 2011

    @SCHWAR_A: “Ich habe irgendwo mal gelesen, daß eine Überlagerung aller Wellenlängen ein Planck-Spektrum der Temperatur von 5.4K oder so ergäbe. Leider finde ich das nicht wieder… Gibt es da einen Zusammenhang mit dem CMB? Wo kann ich mehr darüber erfahren, um das mal nachzurechnen? “

    Hmm… Ich bin ja leider kein Kosmologe; also auch nicht wirklich kompetent was solche Details angeht. Auf den Seiten von z.B. WMAP und Planck hast du schon geschaut? Wenns detaillierte Infos über CMB gibt, dann dort.

  24. #24 SCHWAR_A
    7. Januar 2011

    @FF:
    Ja, hab’s recherchert, aber leider ohne einen Hinweis, wie man Planck-Spektren-Überlagerungen bzw. -Integrale berechnet. Nur, daß sowas 5.4K ergeben soll. Es wäre schön, wenn sich da jemand ein wenig auskennen würde…

    Möglicherweise ist das ja auch ein ‘heißes Eisen’, an das man möglichst nicht herangehen möchte? Immerhin könnte das ja eine zusätzliche physikalische Erklärung für den absolut isotropen CMB liefern…

    Hier noch eine interessante Energie-Frage (falls OT: könntest du darüber mal was machen?):
    Die Expansion verursacht eine der verschiedenen Rotverschiebungen von Licht. Die Wellenlänge von Licht bestimmt seine Energie. Licht ‘verliert’ also bei seiner Reise durch den Raum sozusagen Energie, da sie aber nicht wirklich verloren gehen kann, muß sie sich jetzt im durchlaufenen Raum befinden. Da ‘Raum’ selbst, Vakuum vorausgesetzt, diese Energie nicht aufnehmen kann, reist sie also rückwärts, in entgegengesetzter Richtung.

    Ist das so korrekt geschlossen, oder hab’ ich da was wichtiges übersehen?

  25. #25 Niels
    7. Januar 2011

    Licht ‘verliert’ also bei seiner Reise durch den Raum sozusagen Energie, da sie aber nicht wirklich verloren gehen kann

    Warum kann Energie nicht verloren gehen?
    Für das Universum gilt keine Energieerhaltung.
    Zum Beispiel gibt es die zusätzliche Vakuumenergie und Dunkle Energie bei der Raumexpansion doch auch “geschenkt”.

    Das Licht verliert eindeutig Energie, mit einer “Rückwärtsreise in entgegengesetzter Richtung” kann ich gar nichts anfangen.
    Wie meinst du das?

    Genau um die Frage des Energieverlustes des Lichtes bei der kosmologischen Rotverschiebung geht es übrigens in diesem (für mich etwas verwirrenden) Artikel hier:
    https://www.spektrumverlag.de/artikel/1044837
    Verliert das Universum Energie?

    Das wirft die Frage auf, wohin die Energie verschwindet, wenn das Licht durch die kosmische Expansion röter wird. Geht sie verloren – und verletzt damit das Erhaltungsprinzip?

    Vielleicht hast du Zugriff über die Uni oder so?
    Die Antwort der Autorin ist im Wesentlichen:
    Die Gesamtenergie des Universums ist nicht definierbar.

  26. #26 SCHWAR_A
    7. Januar 2011

    @Niels:
    Danke, ich bin leider an keine Uni angebunden und vor Bezahlschranken mache ich fast immer halt.

    Für das Universum gilt keine Energieerhaltung.

    Ist das ein Postulat, oder gibt es eine Herleitung?
    ‘Vakuumenergie’ und ‘Dunkle Energie’ liefern Energie. Mir geht es aber um Energie-Verlust.

    Das Licht verliert eindeutig Energie

    Wie wird das hergeleitet? Wohin geht die Energie? Wird sie umgewandelt? In was? Wodurch? (Ich weiß: viel zu viele Fragen…)
    Oder meinst Du nur das, was man eindeutig beobachten kann, also Rotverschiebung? Das ist mir dann aber doch eine zu einfache Antwort…

    rückwärts, in entgegengesetzter Richtung

    Damit meine ich, daß die angenommene Energie-Differenz des Lichts ja irgendwohin muß, und vektortechnisch habe ich die Richtung einfach negiert.

    Hast Du zur Berechnung der ~5.4K als Integral über alle Planck-Spektren einen Hinweis für mich? Vielen Dank im Voraus.

  27. #27 Niels
    7. Januar 2011

    @SCHWAR_A
    Licht verliert Energie, weil E = h*f . Kann man messen.
    Ist zwar einfach, aber man kann nicht widersprechen, oder?

    Damit meine ich, daß die angenommene Energie-Differenz des Lichts ja irgendwohin muß

    Die Energie muss nur irgendwohin, wenn Energieerhaltung gilt.
    Wenn Energie nicht erhalten ist, hat man kein Problem.

    Vakuumenergie’ und ‘Dunkle Energie’ liefern Energie. Mir geht es aber um Energie-Verlust.

    Ich hab das eigentlich deswegen angeführt: Wenn Energie offenbar aus dem Nichts kommen kann, warum darf Energie dann nicht auch im Nichts verschwinden?
    Verlust und Gewinn sind doch das selbe Problem, nicht?

    Ist das ein Postulat, oder gibt es eine Herleitung?

    Genauer wäre wohl zu sagen: Es gibt keinen Grund, warum für das Universum die Energieerhaltung gelten sollte.
    Das Noether-Theorem ist für die ART nicht richtig einsetzbar.
    Die aus Symmetrien über das Noether-Theorem abgeleitete Energiedichte beinhaltet nicht das Gravitationsfeld, sondern ausschließlich die an das Gravitationsfeld koppelnde Materie und Felder.

    Es gibt deswegen auch gar keine Definition für eine erhaltene Energie in der ART.

    Natürlich ist nicht geklärt, ob das eine grundlegende Eigenschaft ist oder ob man mit Hilfe einer Erweiterung der ART, also z.B. einer Quantengravitation, so eine erhaltene Energie nicht doch definieren könnte.

  28. #28 SCHWAR_A
    7. Januar 2011

    @Niels:

    Die Energie muss nur irgendwohin, wenn Energieerhaltung gilt. Wenn Energie nicht erhalten ist, hat man kein Problem.

    Echt kein Problem? Mathematisch etwas zu ‘verlieren’ oder wegzudämpfen kann ich mir gut vorstellen. Aber immer hatte bisher jede Dämpfung eine physikalische Umwandlung als Ursache.

    Erweiterung der ART zu einer Quantengravitation

    So eine QGT scheint demnach notwendig zu sein, damit die ART korrekt wird, sehe ich das (zwinkernd 😉 richtig?

  29. #29 Niels
    8. Januar 2011

    @SCHWAR_A

    Ich bin kein Kosmologe, du musst meine “Weisheiten” also immer mit Vorsicht genießen.
    😉
    Ich hab gestern mal etwas zum Energieverlust der Photonen aufgrund der Expansion gegoogelt. Leider aber nix sinnvolles gefunden.

    Wenn du noch etwas zu diesem Thema oder zum Integral über alle Planck-Spektrenheraus findest, wäre es nett, wenn du dich nochmal meldest.

  30. #30 SCHWAR_A
    8. Januar 2011

    @Niels:
    Sehr interessant: Nicht die ART ist das Problem, sondern dessen Verallgemeinerung durch die “Einstein-Cartan-Theorie” (ECT), bei der der Spin für (Anti-?)Gravitation verantwortlich sein soll. Diese Theorie wurde entwickelt, um einen Widerspruch der ART zum Big Bang aufzulösen: Der könnte nämlich gar nicht stattgefunden haben, wenn es keine Energie zusätzlich zu der zur Materie gehörenden Energie gegeben hätte – alles wäre dann nämlich gravitativ zusammengeblieben, es hätte keinen Anstoß zu einem Ausbruch gegeben.

    Leider hat man sich damit die Nicht-Erhaltung der Energie auf großen Skalen eingehandelt…

  31. #31 SCHWAR_A
    8. Januar 2011

    @Niels:
    Hier habe ich die Herleitung der Temperatur 5.4K aus der kosmischen Strahlungsdichte im Kapitel 9d wiedergefunden. In späteren Artikeln nennt der Autor das “endliche mittlere Strahlungsdichte baryonischer Materie, deren Integral äquivalent ist zu dem einer Schwarzkörperstrahlung der Temperatur 5.4K”

    In Kürze mit aktuellen Konstanten und unter Auslassung des Omega-Terms:

    2 · 2.725K = 5.45K = sqrt[sqrt[ ( 9/(16·π^6)) · c^3·h^3·H·LS / (G·mS) ]] / kB
    mit H = 2.424·10^-18 s^-1 {Hubble-Konstante}
       LS = 3.845·10^23 W {Sonnen-Leuchtkraft}
       G = 6,67428·10^-11 (m/s)^4/N {Gravitations-Konstante}
       mS = 1.998·10^30 kg {Sonnen-Masse}
       kB = 1.3806505·10^-23 Nm/K {Boltzmann-Konstante}

    Die Halbierung auf 2.725K erledigt möglicherweise die Entfernung der Beobachtungsgrenze von uns durch die Rotverschiebung von z=1…

    Die Hubble-Konstante ist von mir aus dieser Formel rückwärts errechnet worden und entspricht 74.8 km/sMpc…

  32. #32 Niels
    8. Januar 2011

    @SCHWAR_A

    Nicht die ART ist das Problem, sondern dessen Verallgemeinerung durch die “Einstein-Cartan-Theorie

    Wie meinen?
    In der Einstein-Cartan-Theorie steckt eindeutig drin, dass die Energieerhaltung im Universum verletzt ist?
    Das bedeutet, über die ECT kann man die Gesamtenergie des Universums berechnen?
    Ich kenn von der ECT eigentlich nur den Namen und das es irgendwas mit Spin-Bahn-Kopplung zu tun hat.

    Der könnte nämlich gar nicht stattgefunden haben, wenn es keine Energie zusätzlich zu der zur Materie gehörenden Energie gegeben hätte – alles wäre dann nämlich gravitativ zusammengeblieben, es hätte keinen Anstoß zu einem Ausbruch gegeben

    Versteh ich nicht.
    Das Urknallmodell funktioniert doch super “nur” mit ART. Anfangsexpansion hätte man doch sogar in einem Universum ohne dunkle Energie und mit x-mal höherer Materiedichte?
    Wenn du sagt, der Urknall hätte gar nicht stattfinden können, sprichst du dann von Bedingungen vor dem Urknall? Ist das sinnvoll?

    Zu den Artikeln von Peter Ostermann:
    Sind das glaubwürdige Quellen? Das sieht mir ziemlich crank-mäßig aus, wenn jemand mal eben ein stationäres Universum herleitet und außerdem noch eine einheitliche Theorie der Quantenmechanik, Elektrodynamik und Gravitation aufstellt.

  33. #33 Bjoern
    8. Januar 2011

    @SCHWAR_A:

    Sehr interessant: Nicht die ART ist das Problem, sondern dessen Verallgemeinerung durch die “Einstein-Cartan-Theorie” (ECT), bei der der Spin für (Anti-?)Gravitation verantwortlich sein soll.

    Nicht ganz richtig: Spin ist in dieser Theorie eine weitere Quelle der Gravitation, zusätzlich zu den Quellen, welche schon die ART behandelt.

    Diese Theorie wurde entwickelt, um einen Widerspruch der ART zum Big Bang aufzulösen: Der könnte nämlich gar nicht stattgefunden haben, wenn es keine Energie zusätzlich zu der zur Materie gehörenden Energie gegeben hätte – alles wäre dann nämlich gravitativ zusammengeblieben, es hätte keinen Anstoß zu einem Ausbruch gegeben.

    Wie schon Niels sagte: das ergibt von vorne bis hinten keinen Sinn.

    Leider hat man sich damit die Nicht-Erhaltung der Energie auf großen Skalen eingehandelt…

    “damit”? Mit der Einstein-Cartan-Theorie? Nein, das steckt schon in der Original-ART drin…

    In Kürze mit aktuellen Konstanten und unter Auslassung des Omega-Terms:

    Äh, warum lässt du den aus?!? Wie im Text erläutert, ist der nötig, um auf die 2.7 K zu kommen! (allerdings geht der Autor, soweit ich sehen kann, mit keinem Wort auf die außergewöhnliche Isotropie und Homogenität der Hintergrundstrahlung ein, sondern sagt selbst, dass seine Rechnung nur einen “mittleren” Wert ergibt!)

    Die Halbierung auf 2.725K erledigt möglicherweise die Entfernung der Beobachtungsgrenze von uns durch die Rotverschiebung von z=1…

    Häh? Welche Beobachtungsgrenze? Wir können Objekte bei Rotverschiebungen deutlich größer als 1 beobachten!

  34. #34 Niels
    8. Januar 2011

    @SCHWAR_A
    Ich hab mir vorher den Artikel, deine Rechnung und die Beschreibung gar nicht richtig angeschaut.
    Bist du zufällig Peter Ostermann?
    Ich glaube, es ist wenig sinvoll, sich damit tiefer zu beschäftigen.

    Eine Beobachtungsgrenze bei z=1 wäre aber wirklich sehr seltsam, vor allem, da die Hintergrundstrahlung etwa z=1100 hat.

    @Bjoern
    Du kennst dich doch ziemlich gut aus, hast du eine Meinung zur Energiesache bei der kosmologischen Rotverschiebung?

  35. #35 electricus
    8. Januar 2011

    Ja, Big Bang und Rotverschiebung, daß ist so ein Thema, wo man sich immer fragt, warum da immer noch so getan wird, als ob alles klar sei…

    https://www.thunderbolts.info/tpod/2010/arch10/100421redshifts.htm

    Genau diese mehr als 13 Milliarden Jahre alten Photonen sind es, die die Hintergrundstrahlung ausmachen.

    Drollig, Photonen (sind das jetzt doch Partikel?) mit aufgedrucktem Herstellungsdatum…

  36. #36 Florian Freistetter
    8. Januar 2011

    @electricus: jaja, das gute alte elektrische Universum. Das wird leider auch nicht dann richtig, wenn man keine Ahnung von Astronomie hat…

  37. #37 electricus
    9. Januar 2011

    @ Florian Freistetter
    Das ist auf alle Fälle näher an der Wahrheit, als Dein Universum entstanden aus Nichts, zusammengehalten von gekrümmtem Raum – oder waren es Gravitronen? – oder ein Gravitationsfeld? – angefüllt mit dunkler Phantasie und panischer Angst vor Fortschritt in der Forschung. Und das alles ,obwohl Du kein Ahnung von Astronomie hast, Herr Theoreticus Simpel.

  38. #38 Florian Freistetter
    9. Januar 2011

    @electricus: Ok, jetzt durftest du mich beleidigen und deinen elektrischen Kram verlinken und jetzt ists dann wieder gut, ok. Meld dich wieder, wenn die Elektriker ein paar vernünftige Paper publiziert haben.

  39. #39 Bjoern
    9. Januar 2011

    @Niels:

    Du kennst dich doch ziemlich gut aus, hast du eine Meinung zur Energiesache bei der kosmologischen Rotverschiebung?

    Danke für die Blumen… (ich würde nicht sagen, dass ich mich “ziemlich gut” auskenne – Kosmologie ist letztlich auch nur ein Hobby von mir, und ich bin weit weg von einem echten Kosmologen).

    Zur “Energiesache bei der kosmologischen Rotverschiebung” kann ich nur sagen, dass deine Argumentation absolut korrekt war. Genauer wird die Nicht-Erhaltung der Energie z. B. hier erklärt (wobei auch auf die Rotverschiebung als Beispiel eingegangen wird):
    https://math.ucr.edu/home/baez/physics/Relativity/GR/energy_gr.html
    https://blogs.discovermagazine.com/cosmicvariance/2010/02/22/energy-is-not-conserved/

  40. #40 Jörg
    9. Januar 2011

    Ist es nicht so, dass die Idee von Photonen die Energie verlieren nur der Fehler ist eines Denkmodells von lustigen kleinen Kügelchen die herumfliegen? Photonen sind die Elementaranregungen des Photonenfeldes, und wenn dieses sich verändert, ändern sich eben die Anregungen?

  41. #41 Bjoern
    9. Januar 2011

    @Jörg: Wenn du ein Problem mit den Photonen hier hast, dann reden wir eben von der Gesamtenergie im Strahlungsfeld. Und die nimmt durch die Ausdehnung des Universums eindeutig ab.

  42. #42 Jörg
    9. Januar 2011

    @Bjoern: Eben, daher auch die Energie der Anregungen. Ich dachte nur, dass das vielleicht ein Verständnisproblem ist, also dass eben nicht ein Photon Jahrmilliarden durch das All kurvt und dabei nach hinten Energie verliert?

  43. #43 Bjoern
    9. Januar 2011

    @Jörg: Kann sicher ein Verständnisproblem sein – trotzdem denke ich, dass die meisten Leute mehr mit dem Photon-Modell anfangen können als mit der Formulierung “Gesamtenergie des Strahlungsfelds”. Andererseits wird natürlich der Energieverlust im Wellenbild anschaulicher als “Streckung” der Welle und damit Vergrößerung der Wellenlänge…

  44. #44 Niels
    9. Januar 2011

    Wobei das Photonenfeld auch nicht bei SCHWAR_As Frage hilft, wohin die Energie denn verschwindet, oder?

  45. #45 Bjoern
    9. Januar 2011

    @Niels: Ja, natürlich nicht. Die Frage ist schlicht falsch gestellt: die Energie verschwindet nicht irgend wohin, sie ist schlicht und einfach nicht mehr da. Ich habe keine Ahnung, warum manche Leute so ein Problem mit dem Konzept haben, dass die Energieerhaltung in der ART halt nicht streng gilt – das ist nicht der erste, der mir begegnet, der darauf beharrt zu fragen, “wohin” denn die Energie gehen würde…

  46. #46 Niels
    10. Januar 2011

    @Bjoern
    Na ja, die Energieerhaltung wird im allgemeinen durchaus als Heilige Kuh der Physik verkauft, oder?
    Dass sie in der ART nicht gilt ist doch erstmal erstaunlich?
    So wirklich allgemein bekannt dürfte diese Tatsache auch nicht sein.

    Da finde ich das Infragestellen, wenn man so etwas das erste mal hört, durchaus normal und auch vernünftig.

    Wie erklärt man die Verletzung der Energieerhaltung eigentlich möglichst allgemeinverständlich?

  47. #47 Bjoern
    10. Januar 2011

    @Niels:

    Na ja, die Energieerhaltung wird im allgemeinen durchaus als Heilige Kuh der Physik verkauft, oder?
    Dass sie in der ART nicht gilt ist doch erstmal erstaunlich?

    Ja, das ist in der Tat erst mal erstaunlich. Aber Leute wie SCHWAR_A oben sagen ja gar nicht (nur), sie könnten nicht akzeptieren, dass die Energieerhaltung nicht gilt – sondern sie verstehen noch nicht mal, was das überhaupt bedeutet!

    Wie erklärt man die Verletzung der Energieerhaltung eigentlich möglichst allgemeinverständlich?

    Wenn jemand das Konzept der potentiellen Energie kennt, kann man sagen, dass laut klassischer Physik z. B. kinetische Energie in potentielle Energie im Gravitationsfeld umgewandelt wird – in der ART gibt es aber keine Gravitationsfeld, deshalb “verschwindet” diese Energie da einfach. Ist zugegebenermassen aber nicht besonders allgemeinverständlich…

    Speziell bei dem Energieverlust durch Rotverschiebung kann man aber auch “einfach” mit der Dehnung der Wellen und dadurch Vergrösserung der Wellenlänge argumentieren. Setzt natürlich wieder wissen über Zusammenhänge zwischen Wellenlänge, Frequenz und Energie voraus…

    Man könnte auch sagen, die Photonen müssen gegen die Expansion des Raums anlaufen, und das kostet sie halt Energie. Dann wird’s aber schwierig zu erklären, warum das nur bei Photonen so ist und nicht bei allen Teilchen.

  48. #48 Bullet
    10. Januar 2011

    Hey cool … das wußte ich nun wirklich nicht:

    Na ja, die Energieerhaltung wird im allgemeinen durchaus als Heilige Kuh der Physik verkauft, oder?
    Dass sie in der ART nicht gilt[…]

    *staun*

    Jaaaa, sorry, ich bin eben nicht so der Fachmann. 🙂

  49. #49 Niels
    10. Januar 2011

    @Bjoern

    Speziell bei dem Energieverlust durch Rotverschiebung kann man aber auch “einfach” mit der Dehnung der Wellen und dadurch Vergrösserung der Wellenlänge argumentieren.

    Bis jemand fragt, warum man Photonen im Wellenbild und Elektronen im Teilchenbild betrachtet und nicht umgekehrt…

    Ich hab in diesem Online-Lexikon
    https://www.wissenschaft-online.de/astrowissen/index.html
    unter “Rotverschiebung” folgendes gefunden:

    Problem mit Energieerhaltung? Nein!
    Rot- und Blauverschiebungen bergen ein weiteres Verständnisproblem: Wo bleibt die Strahlungsenergie, wenn z.B. das stark rotverschobene Photon einer entfernten Galaxie auf der Erde ankommt? Keine Sorge, der Energieerhaltungssatz wird nicht verletzt. Man darf eben nur die Energie im Bezugssystem Galaxie mit derjenigen im Bezugssystem Erde vergleichen, wenn man auch berücksichtigt, dass das Universum zum Zeitpunkt der Emission des Photons in der Galaxie ein anderes Universum war, als zum Zeitpunkt der Ankunft des Photons auf der Erde! Präzise gesagt unterscheiden sich beide Bezugssysteme im Skalenfaktor R(t), auch Weltradius genannt. ‘Rotverschobene, kosmologische Photonen’ sind ähnlich zu den ‘gravitationsrotverschobenen Photonen’ in einem Schwerefeld zu sehen. Denn die Strahlungsenergie geht in beiden Fällen an die (dynamische bzw. gekrümmte) Raumzeit verloren. Kosmologische Rotverschiebung und Gravitationsrotverschiebung sind rein geometrische Effekte.
    Es spiegelt sich jedoch auch die Relativität des Beobachters darin wider, denn es spielt eine Rolle, in welchem Bezugssystem dieser sitzt.

    Liegen wir also doch falsch?
    Ich verstehe obiges aber nicht richtig: Einerseits geht Energie an die Raumzeit verloren (was macht die Raumzeit damit?), andererseits liegt es doch nur am Bezugssystem (warum geht dann überhaupt etwas verloren)?

  50. #50 jochen
    10. Januar 2011

    Diese interessante Diskussion geht nur um den ENERGIERVERLUST. Das Gesamtuniversum gewinnt aber auch Energie, nämlich dunkle-, Vacuumenergie oder Qunitessenz (je nach Belieben) des expandierenden Raumes. Gibt es hier einen Zusammenhang?
    Jochen

  51. #51 Niels
    11. Januar 2011

    Wobei das Zitat oben nur beschreibt, dass die Zeitinvarianz eben nicht gilt, oder?
    Weswegen es auch keinen Grund gibt, Energieerhaltung zu erwarten.

    @jochen
    Kannst du die Frage noch mal umformulieren? Geht es dir darum, ob sich Energieverlust und Energiegewinn für das Universum gerade ausgleichen?

  52. #52 jochen
    11. Januar 2011

    @niels

    Nicht unbedingt, dass sich “Gewinn” und “Verlust” ausgleichen. Dies wäre die Interpretation der klassischen Physik mit der lokalen Erhaltung.

    Offensichtlich gibt es aber mit dem Tauschwertprinzip in Bezug auf unser Universum doch größere Probleme. Dies merkt man auch an dem schon zitierten Artikel von T.M.Davis in Spektrum dW 11/10. Einerseits gilt das Noether Theorem für das Gesamtuniversum nicht, andererseits geht angeblich bei Rotverschiebung gar keine Energie verloren, da reine Dopplerverschiebung in der Raumzeit (was wohl einige Fragen zu Grundgleichungen der Quantenmechanik aufwirft).
    Aber wie dem auch sei. Mir geht es darum zu wissen, was Energie tatsächlich ist. Die arrivierte Physik verweist hier gerne auf den Fachbereich Philosophie. Ich bin allerdings der Meinung, dass wir alle aufgebrochenen und ungelösten Probleme der heutigen Physik nicht lösen können, ohne uns über elementare Begriffe wie Raum, Zeit und eben auch Energie im Klaren zu sein.

    Ich bin es leider auch nicht und außer auf Buchdeckeln habe ich noch keinen neuen Einstein erkannt.

    Jochen

  53. #53 Niels
    12. Januar 2011

    Mir geht es darum zu wissen, was Energie tatsächlich ist.

    Sorry, da bin ich überfordert. 😉

  54. #54 perk
    12. Januar 2011

    ich bin jetzt erst drauf gestoßen und die rechnung von ostermann ist quatsch, er vergleicht intensitäten (physikalische größen die auf oberflächen senkrecht zur strahlung in festgelegtem abstand zur quelle definiert sind)

    die eine intensität, die er angibt (die von einem schwarzen körper) gilt für die oberfläche des strahlenden körpers, mit zunehmenden abstand nimmt sie mit r² ab

    die andere intensität gilt für einen ruhenden beobachter in einem expandierenden universum und fasst die leistung aller sterne im bereich z=0..unendlich geteilt durch die jeweilige kugelfläche ihres abstands zum beobachter zusammen

    nun folgert er aus einer gleichsetzung dieser beiden intensitäten auf die temperatur, die ein schwarzer körper hier vor ort haben müsste, um die gleiche intensität zu emittieren

    das erste problem dabei ist: er ignoriert vollkommen das spektrum der strahlung, die anteile des sternenlichts von z=0 bis z= 1 die einen sehr großen anteil an der errechneten intensität ausmachen haben ihr maximum immernoch im sichtbaren bzw infraroten

    wir haben hier zwar eine sehr geringe intensität so wie bei der hintergrundstrahlung, aber für eine strahlung die eben kein scharzkörperprofil hat da sie aus den unterschiedlich stark rotverschobenen spektren von sternen komponiert ist

    die bestimmung einer effektiven temperatur über die intensität ergibt nur sinn wenn das spektrum schwarzkörperartig ist, und das ist hier nicht der fall

    genau das ist auch das einfachste argument für die urknallartigkeit des cmb: das schwarzkörperprofil der ausstrahlung bleibt nur erhalten wenn die gesamte strahlung gleichstark rotverschoben ist (also die gleiche zeit/strecke im expandierenden kosmos zurückgelegt hat)

    das zweite problem mit seiner abschätzung ist, dass er annimmt das alle baryonische materie in form gelber zwergsterne vorliegt was sehr weit an der beobachtung vorbeigeht, weshalb die von ihm erschätzte intensität um viele größenordnungen zu groß ist

  55. #55 Bjoern
    12. Januar 2011

    @Niels:

    Ich verstehe obiges aber nicht richtig: Einerseits geht Energie an die Raumzeit verloren (was macht die Raumzeit damit?), andererseits liegt es doch nur am Bezugssystem (warum geht dann überhaupt etwas verloren)?

    Ich finde die Argumentation auch widersprüchlich – und zumindest der Teil mit den Bezugssystemen stimmt so auch nicht, würde ich sagen. Man kann das Ganze in ein und demselben Bezugssystem betrachten (Beobachter hier auf der Erde) und hat trotzdem noch einen Energieverlust. Und dieses “geht an die Raumzeit verloren” ergibt auch wenig Sinn – das würde so nur stimmen, wenn man der Raumzeit auch eine Energie(dichte) zuordnen könnte, was in der ART halt nicht sinnvoll geht (man kann nur einen Energie-Impuls-“Pseudo”tensor definieren – siehe den weiter oben erwähnten Artikel im Usenet Physics FAQ).

    Wobei das Zitat oben nur beschreibt, dass die Zeitinvarianz eben nicht gilt, oder?
    Weswegen es auch keinen Grund gibt, Energieerhaltung zu erwarten.

    Yep.

  56. #56 Bjoern
    12. Januar 2011

    @Bullet:

    Hey cool … das wußte ich nun wirklich nicht:…

    Man kann sich auch darüber streiten – es gibt durchaus auch Physiker, die meinen, selbst in der ART bleibe die Energie erhalten. Das wird in dem erwähnten Artikel im Usenet Physics FAQ diskutiert. Der Artikel fängt mit den schönen Worten an (sinngemäß): “Ist die Energie in der Allgemeinen Relativitätstheorie erhalten? Nun, das hängt davon ab, was man unter ‘Energie’ versteht, und was man unter ‘erhalten’ versteht.” 😉

  57. #57 Bjoern
    12. Januar 2011

    @jochen:

    Mir geht es darum zu wissen, was Energie tatsächlich ist.

    Na, dann viel Spass… 😉 Ich liste mal einige gängige Erklärungen:

    * Schulphysik: “Energie ist ein Mass für die Fähigkeit, Arbeit zu verrichten.” (wobei “Arbeit” wie üblich als konstante Kraft in Wegrichtung mal Weglänge definiert wird – “Kraft” wird aber eigentlich nie definiert…) Ist relativ anschaulich – aber schon in der Thermodynamik stösst man damit auf Probleme (2. Hauptsatz: innere Energie kann nie vollständig in Arbeit verwandelt werden!). Ausserdem impliziert diese Formulierung, dass Energie absolut gemessen werden kann, dass es einen Energienullpunkt gibt.

    * Verbesserungsvorschlag: Energie ist die Eigenschaft von Körpern (und Feldern), die sich erhöht, wenn Arbeit am Körper verrichtet wird, und verringert, wenn der Körper Arbeit verrichtet. Wenn man Wärme als mikroskopische Arbeit versteht, dann passt diese Definition auch für die Thermodynamik – und man ist den Energienullpunkt losgeworden. Allerdings ist das Ganze schon etwas abstrakter geworden… (Diese Definition ähnelt übrigens der, die auch Feynman in seinen lectures gibt.) Mit der Allgemeinen Relativitätstheorie passt das aber immer noch nicht zusammen…

    * Abstrakte Definition: Energie ist diejenige Erhaltungsgröße, die aus der Zeitinvarianz folgt. Das klappt eigentlich in den meisten Fällen – wenn man aber ein System hat, das nicht zeitinvariant ist, gibt es keine solche Erhaltungsgröße. Ich denke aber (ohne mir das bisher jemals genauer angeschaut zu haben), dass man auch in diesen Fällen (halbwegs?) sinnvoll auf eine ähnliche Weise die Energie definieren könnte.

    * andere abstrakte Definition: Energie ist gleich der Hamiltonfunktion. Eine solche gibt es immer, also gibt es auch immer eine eindeutig definierte Energie. Leider gibt es meines Wissens Beispiele für Systeme, in der die Hamiltonfunktion nicht mit dem überein stimmt, was man anschaulich unter “Energie” verstehen würde…

    So, war das jetzt irgendwie hilfreich…? 😉

  58. #58 jochen
    12. Januar 2011

    @bjoern

    Leider nein. Diekussion ist aber immer hilfreich.
    Feynman, Vorlesungen über Physik, Band I, S. 60: ” Es ist wichtig, einzusehen, daß wir in der heutigen Physik nicht wissen, was Energie ist” Und auf S. 68-69: “Wir verstehen die Energieerhaltung nicht. Wir begreifen die Energieerhaltung nicht als eine Anzahl kleiner Klümpchen. Sie mögen gehört haben, daß Photonen in kleinen Klümpchen auftreten und daß die Energie eines Photons gleich der Planckschen Konstante mal der Frequenz ist. Das ist wahr, aber da die Lichtfrequenz alle Werte haben kann, gibt es kein Gesetz, welches besagt, daß Energie einen bestimmten Betrag haben muß. … Also begreifen wir die Energie im Moment nicht als Abzählen von irgend etwas, sondern nur als eine mathematische Größe… In der Quantenmechanik zeigt sich, daß die Energieerhaltung mit einer anderen wichtigen Eigenschaft der Welt eng verwandt ist: Die Dinge hängen nicht von der absoluten Zeit ab…So, wie die Unabhängigkeit im Raum mit der Impulserhaltung zu tun hat, hat die Unabhängigkeit von der Zeit mit der Energieerhaltung zu tun”
    Meiner Meinung nach läßt sich Energie (entweder als absoluter Wert oder als mathematisches Äquivalent) nicht definieren, ohne vorher grundlegend Raum und Zeit im Kontext von QT und S/ART neu definiert und vereinheitlicht zu haben. Aber da sind bekanntlich ja schon hellere Köpfe dran gescheitert.

  59. #59 Andreas P.
    14. Januar 2011

    @dirk
    Nachtrag: ich hab mir jetzt mal Hawkings ‘Universe in a Nutshell’ reingezogen .. ich glaub ich hab’s jetz halbwegs gerafft