Meine Arbeit für das Virtuelle Observatorium ist ja mit dem letzten Jahr ebenfalls zu Ende gegangen. Ich habe hier schön öfter darüber berichtet, was ich dort so getan getan habe und möchte das heute mit diesem Eintrag zu einem Abschluß bringen.

In der Dezember-Ausgabe von “Communicating Astronomy with the Public” , einer Fachzeitschrift für astronomische Öffentlichkeitsarbeit, habe ich gemeinsam mit Kollegen aus Italien einen Artikel veröffentlicht, der unsere Arbeit zum Thema “Öffentlichkeitsarbeit mit dem Virtuellen Observatorium” zusammenfasst. Unter dem Titel “The Sky is for Everyone — Outreach and Education with the Virtual Observatory” könnt ihr den Artikel auch runterladen (oder ihr geht zu arXiv; dort ist das Layout des Artikels aber nicht so schön).

Was das Virtuelle Observatorium (VO) ist, hab ich ja schonmal erklärt. Ich fasse es nochmal kurz zusammen: im Prinzip ist es einfach nur eine große astronomische Datensammlung. Das müssen nicht nur reine Beobachtungsdaten sein. Auch die Logbücher diverser Satellitenmissionen oder die Ergebnisse theoretischer Simulationen wie der Millenium-Simulation sind Teil des VO. Aber auch ganz andere Daten wie zum Beispiel die Messungen des Lightmeter-Netzwerks bei dem die Lichtverschmutzung untersucht wird sind Teil der Datenbank.

Aber die Daten einfach nur irgendwo zu speichern bringt noch nicht sonderlich viel. Man muss auch die Möglichkeit haben, sinnvoll darauf zugreifen und damit arbeiten zu können. Das zu ermöglichen ist die Aufgabe des VO; hier werden in internationaler Zusammenarbeit verschiedenste Computerprogramme entwickelt, mit denen sich auf die Daten zugreifen lässt; mit denen man sie manipulieren und damit wissenschaftlich arbeiten kann. Das ist kniffliger als es klingt; man muss sich da erstmal sehr viel Gedanken über viele nicht so spannende Sachen wie neue Dateiformate; Algorithmen zur Datenbankabfrage, etc machen. Und dann muss man noch mehr als ein dutzend Länder zusammenbringen und es schaffen, dass sie alle gemeinsam arbeiten.

Die Vision die am Ende der Arbeit am Virtuellen Observatorium steht ist die des Astronomen, der keinen Unterschied mehr zu einem echten Teleskop sieht. Wenn man Beispielsweise die M51-Galaxie in langwelligen Infrarotbereich beobachten will, dann geht man zum Virtuellen Observatorium, gibt dort Koordinaten und gewünschte Filter ein (so wie man es auch bei einem echten Teleskop tut) und bekommt dann das gewünschte Bild zurückgeliefert und kann damit nun genauso arbeiten, wie man es mit “echten” Aufnahmen tun würde. Der Vorteil ist klar: Beobachtungen mit echten Teleskopen kosten Zeit und Geld. Man muss oft sogar lange vorher Beobachtungsanträge schreiben; danach um die halbe Welt reisen und dann nächtelang beobachten. Und oft wäre das gar nicht nötig, weil die Daten schon auf der Festplatte irgendeines Astronomen existieren der sie damals vielleicht aus einem ganz anderen Grund aufgenommen hat und jetzt nicht mehr braucht. Aber wenn niemand davon weiß, bleibt einem nichts anderes übrig, als die Beobachtungen zu wiederholen. Gleiches gilt für theoretische Simulationen.

Das VO ist also erstmal ein Werkzeug um die wissenschaftliche Arbeit der Astronomen zu erleichtern. Das klappt jetzt schon recht gut und wird in Zukunft wohl immer besser klappen. Besser klappen müssen – denn die Satellitenmissionen produzieren immer mehr Daten die man ohne entsprechende Technik gar nicht bearbeiten könnte. Im Rahmen des Projekts an dem ich die letzten 2 Jahre gearbeitet habe, haben wir aber auch erstmals probiert zu testen, ob denn die wissenschaftliche Arbeit wirklich alles ist, für das man das VO benutzen kann. Die Unmengen an Daten dort müssten sich doch auch in der Lehre und in der Öffentlichkeitsarbeit einsetzen lassen. Gemeinsam mit Kollegen aus Italien und Frankreich haben wir also nachgesehen, ob das klappt.

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Massimo Ramella erklärt Schülern das VO

Für den Schulunterricht bietet das VO beispielsweise jede Menge Vorteile. Lehrer und Schüler können hier mit echten wissenschaftlichen Daten arbeiten und so nicht nur die verschiedensten astronomisch-physikalischen Prinzipien nachvollziehen sondern auch einen Eindruck gewinnen, wie die professionellen Astronomen so arbeiten. Dazu braucht es natürlich entsprechende Werkzeuge. Die gibt es, weil sie für das VO ja extra entwickelt worden sind – allerdings sind sie viel zu komplex um für Laien einfach anwendbar zu sein. Der erste Schritt in unserem Projekt war es also, diese Software entsprechend zu vereinfachen und anzupassen. Dabei haben wir uns besonders auf “Aladin” konzentriert – ein Program des französischen Virtuellen Observatoriums mit dem man die ganze Pracht der VO-Datenbank durchsuchen; sich die gefundenen Bilder und Daten anzeigen lassen und damit arbeiten kann. Auch die Planetariumssoftware Stellarium wurde im Rahmen des VO-Projekts bearbeitet und angepasst.

Für beide Programme haben wir dann Beispiele entwickelt, die im Schulunterricht und der Öffentlichkeitsarbeit eingesetzt werden können. So kann man zum Beispiel die Daten im VO nutzen, um Schritt für Schritt die berühmte Arbeit Edwin Hubbles nachzuvollziehen und die Entfernung zur Andromeda-Galaxie zu bestimmen. Oder man klassifiziert Sterne und Galaxien oder nutzt alte Aufnahmen des Himmls um die Existenz einer Supernova zu bestätigen. Für die Öffentlichkeitsarbeit eignet sich vor allem ein Programm wie Stellarium. Hier haben wir ein Beispiel erarbeitet, in dem erklärt wird, was Konjunktionen in der Astronomie bedeutet und warum z.B. am 21.12.2012 keine stattfinden wird und die Planeten NICHT in einer Reihe stehen werden. Wir haben auch erstmals ausprobiert, ob sich das VO auch für astronomische Projekte in Vorschule und Kindergarten einsetzen lässt (lässt es!).

Natürlich haben wir diese Beispiele nicht einfach nur entwickelt, sondern auch getestet. Darum haben sich vor allem die Kollegen aus Italien gekümmert. Die hatten ein Abkommen mit dem Bildungsministerium und konnten in vielen italienischen Schulen 4 Stunden “VO-Unterricht” geben. Dabei wurde nicht nur das VO vorgestellt – die Schüler konnten direkt an den entwickelten Beispielen arbeiten und uns Feedback geben. Das war im Allgemeinen sehr positiv – Hier sieht man eine Übersicht über den Einsatz von Aladin und Stellarium.

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Dank der vielen anderen Kommentare der Lehrer und Schüler konnten wir unsere Beispiele anpassen und verbessern. Zum Abschluss des Projekts haben wir dann eine Internetseite eingerichtet, auf der sich sämtliche Software, alle Beispiele und auch sonst alles Wissenswerte über die Öffentlichkeitsarbeit mit dem VO findet. Ihr könnt sie HIER finden und dort auch alle entwickelten Beispiele runterladen wenn ihr Lust habt.

Auch wenn das VO noch viele Macken hat und es noch lange dauern wird bis die Vision von weiter oben Realität wird – die Arbeit an diesem Projekt zur Öffentlichkeitsarbeit fand ich doch äußerst interessant und lohnend! Wenn die Astronomen schon Nacht für Nacht so viele Daten produzieren, dann soll auch jeder was davon haben. Der Himmel ist für alle da!


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Florian Freistetter, Giulia Iafrate, & Massimo Ramella (2010). The Sky is for Everyone – Outreach and Education with the Virtual
Observatory Communicating Astronomy with the Public, 10, 18-21 (2010) arXiv: 1101.3061v1

Kommentare (4)

  1. #1 Markward
    19. Januar 2011

    Schöner Artikel, ich mag den OS-Gedanken in der Geschichte.

  2. #2 Arno
    20. Januar 2011

    Hallo Florian,
    ist denn die weitere Finanzierung des Projekts (sowohl VO im Allgemeinen, als auch Einsatz in der Schule) gesichert, oder seid ihr da noch am Antraege schreiben? Ich faends schade, wenn soetwas einfach auslaufen wuerde.

  3. #3 Lunatic
    20. Januar 2011

    Neulich bin ich auch auf eine virtuelle Beobachtungsmöglichkeit gestoßen, die vielleicht sogar einen Beitrag bei Astrodicticum Simplex wert wäre:

    https:// wms.lroc.asu.edu/ lroc#damoon

    (Anklicken zwecklos, da absichtlich ungültig gemacht.)

  4. #4 Florian Freistetter
    20. Januar 2011

    @Arno: Also ich hab seit Januar nichts mehr mit dem VO zu tun. Es wird aber vermutlich weiterlaufen. Das spezielle Projekt an dem ich beteiligt war wird auch fortgesetzt werden; aber ich bin nicht sicher ob es dann auch wieder einen Teil geben wird, der sich mit der Öffentlichkeitsarbeit beschäftigt.