Auf den ersten Blick scheint es in unserem Sonnensystem ja recht ordentlich zuzugehen. Die Planeten bewegen sich alle auf ihren Bahnen um die Sonne und kommen sich nicht in die Quere. Aber wir wissen, dass das eigentlich anders ist. Unser Sonnensystem ist durchaus chaotisch und vor allem in der Zeit als die Planeten entstanden ging es wild zu. Es gab damals wesentlich mehr (Proto)Planeten als heute – und die sind immer mal wieder zusammengestossen. Diesen Kollisionen verdanken wir den Mond oder das Gold – aber die Planeten sind nicht nur zusammengestossen. Planeten können auch durch nahe Begegnungen mit größeren Planeten ganz aus dem Sonnensystem geworfen werden. Was passiert dann eigentlich mit denen? Könnte es vielleicht auf diesen Planeten die alleine und ohne Stern durch die Galaxie streifen Leben geben?
Diese Frage haben sich auch Dorian Abbot und Eric Switzer von der Universität Chicago gestellt und probiert in ihrer Arbeit “The Steppenwolf: A proposal for a habitable planet in interstellar space” zu beantworten.
Aber was gibts da groß zu beantworten wird man sich fragen? Wie kann ein einzelner Planet der weitab von jedem Stern alleine durch die Galaxie fliegt etwas anderes sein als ein dunkler, gefrorener Eisklumpen; tot und ohne Leben? Dabei vergisst man aber, dass nicht nur Sterne Energie liefern können. Im Planeten selbst stecken auch noch Energiequellen. Einerseits ist da die Wärme die noch von der Entstehung übrig ist: damals entstand durch die Kompression im Inneren des Planeten jede Menge Energie die im Laufe der Zeit langsam abgegeben wird (wobei der Planet langsam schrumpft). Das geht natürlich nicht ewig; irgendwann ist die ganze Energie abgegeben. Die Erde zum Beispiel schrumpft nicht mehr; der Jupiter aber strahlt immer noch viel Energie ab und schrumpft dabei um 3cm pro Jahr. Und dann sind da noch die radioaktiven Elemente im Inneren eines Planeten die ebenfalls Energie erzeugen. Durch diese Prozesse kann ein Planet ein bis fünf Milliarden Jahre lang selbst Wärme generieren – also ein Zeitraum der mit der “normalen” Lebensdauer eines Planeten innerhalb eines Sonnensystems vergleichbar ist.
Die Frage die sich nun stellt ist: reicht diese Energie aus, um Leben zu erhalten bzw. überhaupt erst zu ermöglichen? Wir können momentan sinnvollerweise nur Leben untersuchen das dem auf unserer Erde ähnelt und für diese Art von Leben braucht man auf jeden Fall flüssiges Wasser. Abbot und Switzer argumentieren dass ein Planet mit einer dichten Wasserstoffatmosphäre einen ausreichend starken Treibhauseffekt generieren könnte um einen flüssigen Ozean an der Planetenoberfläche zu ermöglichen. Und dann gibt es ja noch die Möglichkeit eines unterirdischen Ozeans der unter einer dicken Eisschicht existiert (so wie man es z.B. auf dem Jupitermond Europa vermutet – wobei hier aber die Gezeitenkräfte mit Jupiter für die Erwärmung sorgen). Es ist außerdem damit zu rechnen dass Vulkane jede Menge CO2 in die Atmosphäre pusten was die Temperatur weiter erhöht.
Abbot und Switzer haben nun ausgerechnet wieviel Wärme erdähnliche Planeten generieren. “Erdähnlich” heisst hier dass die Parameter des Planeten (Masse, Größe) die selbe Größenordnung haben sollen wie bei der Erde und das die Zusammensetzung ähnlich ist.
So sieht das dann aus. Auf der x-Achse im Bild oben sieht man die Masse des Planeten; auf der y-Achse die Temperatur (in Kelvin) die über dem Eis herrscht. Im hellgrauen Bereich ist die Existenz eines unterirdischen Ozeans möglich wenn man davon ausgeht das es auf dem Planeten in etwa so viel Wasser gibt wie auf der Erde. Gibt es etwa zehnmal mehr Wasser dann könnte ein unterirdischer Ozean auch im dunkelgrauen Bereich existieren. Und das ist dann richtig spannend – denn dann müssen die Planeten nicht so groß wie die Erde sein sondern können auch wesentlich kleiner sein; Marsgroß in etwa. Und je kleiner, desto häufiger sind solche Planeten und desto größer die Chance, dass sie irgendwann aus einem System rausgeworfen werden.
Es spielt natürlich auch eine Rolle ob die Wärme durch Konvektion weitergeleitet wird oder durch Konduktion. Bei der Konvektion kommt es dann auf die genauen Eigenschaften des Eises und die Größe der Eisteilchen an. Wenn man das alles im Detail durchrechnet wird die Arbeit vermutlich wesentlich länger und komplexer werden als die 4 Seiten die Abbot & Switzers Artikel hat. Aber sie haben auf jeden Fall schon mal gezeigt, dass es prinzipiell möglich ist, flüssiges Wasser auf einem Planeten ohne Stern zu finden.
Aber alle Theorie nützt nichts ohne Bestätigung. Wenn es solche Planeten gibt, kann man sie dann auch irgendwann finden? Vielleicht, meinen Abbot und Switzer. Wenn man sich darauf beschränkt rein im optischen Bereich nach ihnen zu suchen müssen wir allerdings großes Glück haben. Wenn der Planet so groß ist wie die Erde, dann muss er sich uns auf 830 Astronomische Einheiten (das 830mal der Abstand zwischen Erde und Sonne) nähern um genug Sonnenlicht zu reflektieren damit er gerade noch zu sehen ist. Wenn wir allerdings im Infrarotbereich suchen – zum Beispiel mit dem Herschel-Weltraumteleskop – dann könnten wir ihn schon bei 4000 AE sehen. Es wäre auch möglich, dass wir zufällig gerade hinsehen, wenn so ein Planet vor einem Stern vorüberzieht und dessen Licht verdunkelt. Man schätzt, dass entsprechende Suchen etwa 20 Kandidaten finden könnten (vorausgesetzt dass jedes Sonnensystem einen erdähnlichen Planeten auswirft). Allerdings nutzt das nicht wirklich viel denn solche Beobachtungen lassen sich dann leider so gut wie nicht bestätigen. Man hat zwar schon sechs potentielle “free-floating planets” entdeckt – aber bis wir tatsächlich so einen “Steppenwolf-Planeten” finden, auf dem vielleicht sogar Leben existiert wird noch viel Zeit vergehen.
Ach ja, der Name! Die Autoren bezeichnen solche Planeten ohne Stern auf denen Leben existiert als “Steppenwolf-Planeten” weil “jedes Leben in dieser seltsamen Umwelt wie ein einsamer Wolf wäre, der durch die galaktische Steppe wandert.” Naja – komischer Name – weiß nicht, ob sich der durchsetzt. Ich finde ihn irgendwie blöd 😉
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