Die Astrologie ist weit verbreitet. Die Zeitungen sind voller Horoskope und Anzeigen von Astrologen die ihre Dienste anbieten. Der Staat bezahlt Arbeitslosen die Ausbildung zum Astrologen. Banken lassen sich astrologisch beraten. Und auch immer mehr Personalchefs setzen Astrologie ein. Es kommt aber eher selten vor, dass Firmen offen ihre Stellen nach astrologischen Kriterien ausschreiben – meistens erfährt man als Bewerber gar nicht, dass man wegen eines falschen Sternzeichens abgelehnt wurde. Über einen solchen Fall berichtet heute der Online-Standard.
Es geht um eine Stelle bei einem “international agierenden Softwareunternehmen mit tausenden Mitarbeitern” (dessen Name dem Standard bekannt ist). Gesucht war eine “Assistentin im Sales-Bereich” und beworben hat sich “Heidi J.”. Sie hatte ein passendes Studium, gute Qualifikationen und das Vorstellungsgespräch verlief vielversprechend. Bis zur letzten Frage:
“Am Ende des rund einstündigen, gut verlaufenden Interviews wurde ihr noch “eine letzte Frage” gestellt. Die nach dem Sternzeichen, so die Jobaspirantin: “Ich sagte daraufhin, ‘Ernsthaft, jetzt?!’ und bevor ich die Antwort verweigern konnte, lehnte sich die Dame über meinen Lebenslauf, sah mein Geburtsdatum und stellte selbst fest, dass ich Steinbock war.” Die Reaktion: “Eigentlich ist das nicht gut, wenn man das gleiche ist.”
Kurz danach wurde sie informiert, dass sie den Job nicht bekommt. Natürlich nicht wegen des falschen Sternzeichens sondern wegen einer “Überqualifikation”…
Heidi findet das diskriminierend und will dagegen auch gerichtlich vorgehen. Allerdings besteht da leider nicht viel Aussicht auf Erfolg. Laut Arbeiterkammer ist eine Selektion nach Sternzeichen zwar eine Einschränkung, aber keine Diskriminierung. Auch die Gleichbehandlungskommission die für Diskriminierungen aller Art zuständig ist, sieht an der Auswahl von Bewerbern anhand der Sternzeichen nichts Falsches:
“Sucht beispielsweise eine Firma für den Posten der Abteilungsleitung das Sternzeichen ‘Wassermann’, so umfasst diese Gruppe von Menschen, die im Sternzeichen des ‘Wassermanns’ geboren sind, Frauen und Männer, Ältere und Junge, Inländer/innen und Ausländer/innen.”
Hmm – ja, aber diese Gruppe umfasst eben keine Schützen, Löwen oder Waagen. Und für den Tag an dem man geboren ist kann man genausowenig etwas wie für sein Geschlecht; sein Alter oder seine Herkunft. Es ist also ein wenig inkonsequent jetzt gerade das Sternzeichen hier auszuschließen. Wenn man wegen anhand einer Eigenschaft beurteilt wird, die man nicht beeinflussen kann und die auch genaugenommen keine Eigenschaft ist (Astrologie ist Unsinn!), dann klingt das für mich schon sehr nach Diskriminierung. Ob ich nun sage “Ne, einen Neger will ich nicht, die sind alle faul!” oder “Ne, einen Steinbock will ich nicht, der passt sich nicht ins Team ein!” ist qualitativ genau das selbe…
Abgesehen davon wird man allerdings sowieso selten feststellen können, ob man nun gerade wegen seines Sternzeichens einen Job nicht bekommen hat. Die Geschichte im Standard bestätigt zwar das, was man im Gespräch mit Astrologen immer wieder zu hören bekommt: Personalchefs lassen sich immer wieder von Astrologen beraten bzw. nutzen selbst astrologisches “Wissen” um ihre Entscheidungen zu treffen. Aber am Ende gibt es so viele mögliche Kriterien anhand derer man abgelehnt werden kann, dass man sich hier kaum aufs Sternzeichen berufen muss. Diese Selektion kann der Personalchef ja außerdem leicht schon ganz von Anfang an durchführen – er braucht ja nur das Geburtsdatum auf der Bewerbung. Das könnte man nur durch anonymisierte Bewerbungen ändern (wie es in einigen Ländern schon praktiziert wird).
Aber ich denke, dass der gesetzliche Weg hier sowieso nicht viel bringt. Ein Arbeitgeber wird immer auch nach irrationalen Kriterien beurteilen; daran kann man nichts ändern. Es wäre allerdings schön, wenn sie nicht ganz so irrational wären wie die Astrologie. Aber ok – solange Personalchefs an Graphologie, Numerologie und Phrenologie glauben besteht da wenig Hoffnung…
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