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Wenn sich die beobachtenden Astronomen bei einer Konferenz treffen, dann erzählen sie nicht nur von den Dingen, die sie am Himmel gesehen haben, sondern auch von neuen Teleskopen die sie bauen wollen oder von besseren Messinstrumenten, die gerade entwickelt werden. Wenn sich die Himmelsmechaniker treffen, dann reden sie über Mathematik. Denn unsere Instrumente zur Datengewinnung sind der Computer und die Mathematik. Deshalb gibt es in diesem Bereich neben den Astronomen auch viele Mathematiker und beide beschäftigen sich oft intensiv mit der Entwicklung und dem Testen neuer mathematischer Methoden.


Über genau so eine Methode hat heute Veresa Eybl von der Universitätssternwarte Wien gesprochen. Der Titel ihres Vortrags lautete “The use of mapping methods for systems in mean motion resonance” und keine Angst: das klingt schlimmer als es ist 😉
Natürlich ist es tatsächlich ein wenig schwer, solche speziellen Themen so zu erklären, dass sie auch jemand ohne Hintergrundwissen versteht. Wenn ich jetzt sage, dass Veresa sich mit annähernd integrablen Hamiltonsystemen beschäftigt hat deren Störungsfunktion sie mittelt, dann die Hamiltonfunktion erweitert, Koordinatentransformationen durchführt und sich daraus schließlich eine Erzeugunsfunktion für die Hadjidemtriou-Mapping-Methode bastelt, dann wird das einige vielleicht etwas ratlos zurück lassen 😉 Aber wenn man das ein wenig aufdröselt, dann ist das Prinzip nicht allzu schwer zu verstehen.

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Phasenraum eines Pendels

Zu allererst muss man wissen, was ein Phasenraum ist. Das habe ich schonmal detailliert in meiner Serie über Chaostheorie erklärt. Ich wiederhole es aber nochmal kurz: jedes dynamische System hat eine gewisse Anzahl an freien Parametern. Ein Pendel zum Beispiel hat eine Geschwindigkeit und einen Winkel, der die Auslenkung aus der Vertikalen angibt. Diese zwei Größen bestimmen das System vollständig und beide Parameter bilden den Phasenraum. Also in diesem Fall einen abstrakten Raum mit zwei Dimensionen in dem jeder Punkt einem Wertepaar von Geschwindigkeit/Auslenkung entspricht. Jetzt kann so ein dynamisches System natürlich mehr als zwei Parameter haben die nötig sind, um es vollständig zu beschreiben. Will man wissen, wie sich ein Asteroid unter dem Einfluss zweier großer Massen – zum Beispiel Sonne und Jupiter – bewegt, dann hat gibt es hier im einfachsten Fall vier Parameter die die Bewegung des Satelliten beschreiben: zwei Ortskoordinaten und zwei Geschwindigkeitskoordinaten (wir bleiben erstmal im ebenen Raum und ignorieren die dritte Dimension). Diese sogenannte eingeschränkte Dreikörperproblem ist es auch, dass sich Veresa angesehen hat.

So ein System kann man dann auch durch eine Hamiltonfunktion beschreiben. Das ist eine mathematische Funktion, die – simpel gesagt – gebildet wird, in dem man die Gesamtenergie (also kinetische und potentielle Energie) des Systems in Abhängigkeit der freien Parameter aufschreibt. Solche Hamiltonfunktionen sind sehr wichtig denn aus ihnen kann man äußerst einfach die Bewegungsgleichungen des Systems bestimmen; also die Gleichungen, mit denen man dann tatsächlich ausrechnen kann, wie sich der Asteroid im Laufe der Zeit bewegt.

In meiner Serie über Störungsrechnung habe ich schonmal erklärt, dass es oft sinnvoll ist, sich ein dynamisches System zusammengesetzt zu denken: aus einem mathematisch leicht verständlich und behandelbaren Teil und einem komplizierten. Bei der Bewegung der Himmelskörper ist dieser leichte Teil – der “ungestörte Teil” – der, den schon Kepler beschrieben hat. Er fand damals heraus, dass sich die Himmelskörper in elliptischen Bahnen um die Sonne bewegen. Und das stimmt auch, allerdings nur dann, wenn man die gegenseitigen gravitativen Störungen der Objekte vernachlässigt. Das kann man aber normalerweise nicht immer tun und deswegen braucht man noch einen “gestörten Teil” der genau diese Effekte beinhaltet. Mathematisch werden die durch die sogenannte Störungsfunktion beschrieben. Das war auch der Ausgangspunkt von Veresas Arbeit.

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Eine Störungsfunktion

Jetzt kann man natürlich einfach weitermachen und die so gewonnenen Gleichungen z.B. mit numerischen Methoden am Computer näherungsweise lösen. So bekommt man zwar auch Ergebnisse, man kriegt als Output aber einfach nur ein paar Zahlen und verliert die Möglichkeit, direkt in den Gleichungen nach interessanten physikalischen Zusammenhängen zu suchen. Deswegen lohnt es sich oft, die Gleichungen mit mathematischen Methoden zu vereinfachen. Eine solche Methode sind sogenannte “Mappings”. Was das ist, habe ich auch schon mal ausführlich erklärt. Normalerweise könnte ja man einfach den Phasenraum benutzen, um dort alles Interessante über das System herauszufinden. Aber wenn der mehr als drei Dimensionen hat, dann wird es schwierig, das alles vernünftig zu visualisieren. Deswegen bedient man sich oft einer Technik, die man “Surface of Section (SoS)” nennt (und die auf Henri Poincaré zurück geht, der Ende des 19. Jahrhunderts die moderne Chaostheorie begründet hat). Wenn man aus einem Phasenraum eine SoS gewinnen will, dann betrachtet man nicht mehr den kompletten Raum, sondern nur den Schnittpunkt des vierdimensionalen Raums mit einer Ebene und kann so die Dimensionalität des Raums reduzieren. Man verliert dabei keine relevanten Informationen; in der SoS “>kann man immer noch die verschiedenen dynamischen Zustände des Systems unterscheiden.

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Dreidimensionale Projektionen eines vierdimensionalen Phasenraums – nicht sehr anschaulich…

Um so eine SoS zu bekommen, muss man allerdings immer noch die kompletten Bewegungsgleichungen des Systems berechnen und das kann oft lange dauern. Besser wäre es, man hätte eine Abkürzung, mit der sich aus einem Punkt der SoS direkt der nächste bestimmen lässt, ohne das man erst mühsam alle Punkte dazwischen auch noch ausrechnen muss. Genau so was leistet ein Mapping und genau deswegen sind sie auch so praktisch! Aus den Bewegungsgleichungen eines dynamisches Systems die Gleichungen eines Mappings zu bestimmen ist allerdings dann doch schwierige Mathematik. Ausgangspunkt ist die schon oben erwähnte Hamiltonfunktion die aus einem gestörten und einem ungestörten Teil zusammengesetzt ist. Diese Störungsfunktion wird dann gemittelt um die Dinge ein wenig einfacher zu machen. Das geht, in dem man zum Beispiel spezielle Koordinaten benutzt. Veresa hat dazu eine Abart der Delaunay-Elemente genommen die wiederum eine Variation der wesentlich geläufigeren Bahnelemente sind (also die sechs Zahlen, mit denen sich die Bahn eines Himmelskörpers beschreiben lässt). Hat man so eine neue Hamiltonfunktion bekommen, mittelt man die nun über die Bewegung des Körpers der den Asteroiden gravitativ stört – in diesem Fall ist das Jupiter.

Im weiteren Verlauf hat sich Veresa nun auf die Bewegung der Asteroiden in sogenannten Resonanzen konzentriert. Eine Resonanz tritt dann auf, wenn die Umlaufgeschwindigkeit eines Asteroiden in einem ganzzahligen Verhältnis zur Umlaufbahn eines anderen Körpers steht. Wenn z.B. ein Asteroid genau dreimal um die Sonne läuft während Jupiter einen Umlauf beendet, dann spricht man von einer “3:1”-Resonanz. Hier habe ich die Sache mit den Resonanzen im Detail erklärt. Resonanzen sind äußerst wichtig wenn man die Dynamik von Himmelskörpern verstehen will denn sie können gravitative Störungen entweder besonders verstärken und so zu chaotischen Zuständen führen oder aber Himmelskörpern vor genau solchen Störungen schützen. Veresa hat nun also die Hamiltonfunktion nochmal geändert um so genau die Bewegung von Asteroiden in der 3:1 Resonanz mit Jupiter zu beschreiben. Nach ein paar weiteren eher technischen mathematischen Manipulationen landet man schließlich bei einer Funktion, die man “generating function” nennt. Diese Funktion kann man nun mit einer speziellen Technik (in diesem Fall die Methode von Hadjidemtriou; ein Himmelsmechaniker aus Griechenland der übrigens ebenfalls an dieser Konferenz teilnimmt) so verwenden, dass man am Ende ein Mapping enthält.

Dieses Mapping besteht nun aus Gleichungen, bei denen man nur noch einen Punkt der Surface of Section als Input reinstecken muss um sofort und direkt den nächsten Punkt der Surface of Section zu erhalten. Man spart sich so die ganze aufwendige Rechnung des kompletten Phasenraumorbits und man spart eine Menge Zeit. Um die Dynamik eines Asteroiden während 150000 Umläufen des Jupiters zu berechnen, brauchte Veresa mit einem normalen Computer nur knapp 2 Minuten und das ist dann doch ziemlich fix.

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Die Verteilung der Asteroiden im Asteroidengürtel

Und warum macht man das alles? Weil man die Asteroiden besser verstehen will. Die Resonanzen sind zum Beispiel die Ursache, warum es im Asteroidengürtel zwischen den Bahnen von Mars und Jupiter so viele Lücken gibt. Die Resonanzen verstärken die gravitative Störung der Asteroiden in den entsprechenden Regionen und erhöhen deren Exzentrizitäten, d.h. die Bahnen wandeln sich von einer eher kreisförmigen Bahn zu einer stark elliptischen was dazu führt dass sie in die Nähe von anderen Planeten kommen – zum Beispiel Mars. Der kann sie dann mit seiner Anziehungskraft komplett aus dem Asteroidengürtel holen und zu erdnahen Asteroiden machen. Am Ende bleibt im Asteroidengürtel eine Lücke; genau dort, wo die Resonanz am stärksten wirkt. Man ist nun natürlich daran interessiert wie effizient dieser Mechanismus ist: wie schnell können die Exzentrizitäten anwachsen?

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Das fertige Mapping für die 3:1 Resonanz mit Jupiter

Formuliert man diese Frage mathematisch/dynamisch, dann lautet die Frage: gibt es im Phasenraum Verbindungen zwischen bestimmten Bereichen? Zum Beispiel dem Bereich, in dem die Asteroiden eher kleine Exzentrizitäten haben und dem, in dem die Exzentrizitäten größer sind. Denn der Phasenraum eines dynamischen Systems besteht ja im Allgemeinen aus Bereichen die reguläre, geordnete Bewegung beschreiben und Gegenden, in denen die Bewegung chaotisch ist. Befindet sich nun ein Asteroid in einem ordentlichen Bereich, dann bleibt er normalerweise auch dort und kann zum Beispiel nicht rauskommen, sich durch die chaotische Gegend schummeln und dann einen anderen regulären Bereich betreten. Wenn zwei reguläre Bereiche aber verbunden sind, dann geht das und sowas sieht man sofort und schnell mit Mappings.

Deswegen sind sie so wichtige Werkzeuge in der Himmelsmechanik und deswegen beschäftigen sich Astronominnen wie Veresa auch so intensiv mit der Mathematik die dahinter steckt! Die mag zwar manchmal ein wenig schwer zu verstehen sein (wenn die Mappingbastler so richtig loslegen, dann verstehe ich auch meistens nur Bahnhof 😉 ) – aber ohne sie wüssten wir wesentlich weniger über die Dynamik von Himmelskörpern!


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Kommentare (45)

  1. #1 Daniel Fischer
    21. März 2011

    Im Zusammenhang mit Resonanzen o.ä. im Hauptgürtel eine ganz konkrete Frage, die vergangenes Wochenende auf einer Meteor(iten)tagung in Bayern angeregt (aber fern himmelsmechanischer Detailkenntnis 🙂 diskutiert wurde: Kann es im Asteroidengürtel Mechanismen geben, die Himmelskörper, die aus ganz unterschiedlichen Zonen gekommen sind, auf praktisch exakt dieselbe Bahn zwingen? Konkret sind zwei Meteoriten 1959 und 2002 in Tschechien und Bayern/Österreich niedergegangen, die – wie man dank vieler Fotos der Flugbahnen weiß – auf praktisch identischen Orbits zu uns kamen, aber deren Chemie so unterschiedlich ist, dass sie eigentlich nicht aus demselben Mutterkörper stammen können.

    Bisher gehen die Meteoritiker hier entweder von einem bizarren Zufall aus oder davon, dass bei einer Kollision Material aus unterschiedlichen Regionen des Sonnensystems zusammen kam, aneinander kleben blieb und dann bei einem weiteren Impakt wieder getrennt und Richtung Erde geschickt wurde – beides nicht wirklich überzeugend. Eine Art ‘Autobahn’ im Phasenraum, die Material aus unterschiedlichen Quellen auf dieselbe Bahn zwingen könnte, wäre da ein interessanter dritter Weg – aber kann so was überhaupt sein? Vielleicht weiß ja jemand auf Eurer Tagung die Antwort auf unser Problemchen …

  2. #2 BerndB
    21. März 2011

    Ach gib’s zu, du hast dir das Thema nur wegen der netten Dame rausgesucht. 😉

  3. #3 Florian Freistetter
    21. März 2011

    @Daniel: ich werd mal schauen, ob wer was weiß.

    @BerndB: Ne, der Grund war tatsächlich, dass mich Mappings besonders interessieren, weil ich darüber auch schon gearbeitet habe. Und weil ich darüber schon jede Menge gebloggt habe und jetzt darauf verweisen kann. Bei den ganzen anderen Vorträgen die auch alle recht mathelastig waren, hätte ich noch VIEL mehr erklären müssen; da hatte ich keine Lust dazu…

  4. #4 Florian Freistetter
    21. März 2011

    @Daniel: Hab grade mit einem Geologen/Himmelsmechaniker gesprochen. Von einer “Autobahn” wusste er erstmal nichts. Aber er meinte, dass es durchaus möglich ist, dass beide Objekte vom selben Asteroid kommen. Es gibt Familien wie die Vesta-Familie, deren Mitglieder sich geologisch unterscheiden weil sie von einem großen, ausdifferenzierten Körper stammen der zerbrochen ist und dessen Bruchstücke dann eben unterschiedlich sind. Die können dann auf ähnlichen Bahnen einschlagen.

  5. #5 F.J.
    22. März 2011

    Ganz simpel gedacht: Wenn ich jetzt an das Managerspiel mit den Kugeln denke, wo eine Kugel die nächste anstösst und so weiter, dann könnte doch, wenn die erste Kugel grösser und schwerer ist als die angestupste Kugel die Kugel mitreissen, ohne zu stoppen. Wenn jetzt ein Asteroid von “Aussen” auf einen inneren Asteroiden trifft, dann wären doch beide auf einer Flugbahn?!?!? Der “Kleine” würde dann beschleunigen, der “Grosse” doch bremsen. Aber beide könnten dich eine Bahn teilen. Ich weiss, das ist jetzt vielleicht zu simpel und laienhaft gedacht… aber wäre das nicht möglich?

  6. #6 StephanPsy
    22. März 2011

    @Daniel: “Konkret sind zwei Meteoriten 1959 und 2002 in Tschechien und Bayern/Österreich niedergegangen, …”

    Ich weiß wovon Du sprichst (hab sogar ein winzig kleines Stückchen davon), klick mal auf meinen Namen oben …

  7. #7 Bjoern
    22. März 2011

    @Florian: Kurze Frage zur oben gezeigten Folie (“Eine Störungsfunktion”): r und r’ sind wohl Bahnradien, e die Exzentrität, a, lambda usw. die anderen Bahnparameter. Aber was sind p und R?

    (übrigens muss ich BerndB zustimmen: ausgesprochen hübsche Dame… 😉 )

  8. #8 mädchenvommars
    22. März 2011

    Hallo Florian,

    danke dass du über meinen Vortrag berichtet und ihn so schön zusammengefasst hast! Das hat mich jetzt tatsächlich aus meinem Versteck gelockt, sodass ich hier auch mal was schreibe anstatt nur heimlich mitlese… 😉
    Und falls noch nicht alle abgeschreckt sind, werde ich natürlich auch gern eventuelle Fragen beantworten, wenn ich kann!

    Ich hab von dir bei deinem Vortrag übrigens auch ein Foto gemacht – das geb ich dir gerne, wenn dus magst. Damit man auch mal den ScienceBlogger@work sieht (auch wenns jetzt nicht so die fotographische Meisterleistung geworden ist…)

    Veresa

  9. #9 Bullet
    22. März 2011

    Autsch, … Bjoern: abtauchen! 🙂

  10. #10 mädchenvommars
    22. März 2011

    da hat sich wohl was überschnitten… (das Internet hier ist grottig langsam)

    @Bjoern: (und Bernd) danke für das Kompliment, aber zum Glück ist das Foto so unscharf 😉

    jetzt zum Ernst des Lebens: “R” ist die Bezeichnung für die Störungsfunktion,
    und p und q beschreiben die Resonanz. Bei der vorgestellten 1:3 Bahnresonanz (Jupiter= 1 Umlauf <> Asteroid=3 Umläufe) wäre p=1, und q=2. Das wäre dann eine Resonanz 2. Ordnung… Klar soweit? 🙂

  11. #11 Bjoern
    22. März 2011

    @maedchenvommars/Veresa:

    Bjoern: (und Bernd) danke für das Kompliment, aber zum Glück ist das Foto so unscharf 😉

    Wieso “zum Glück”? 😉 (sehr interessanter Name übrigens, hatte ich auch noch nie gehört – wo stammt denn der her?)

    jetzt zum Ernst des Lebens: “R” ist die Bezeichnung für die Störungsfunktion,

    Nach dem, was Florian oben geschrieben hat, also der “gestörte” Anteil der Hamiltonfunktion? (klingt reichlich bescheuert – das kann man doch sicher auch vernünftiger ausdrücken…) Oder habe ich da was falsch verstanden? (übrigens: ich weiss prinzipiell, was eine Hamiltonfunktion ist, und was Störungsrechnung ist – du brauchst also beim Erklären nicht allzuweit ausholen 😉 )

    Steht dein Vortrag (oder evtl. ein Paper dazu) irgendwo online? Dann könnte ich’s auch selbst nachlesen…

    und p und q beschreiben die Resonanz. Bei der vorgestellten 1:3 Bahnresonanz (Jupiter= 1 Umlauf > Asteroid=3 Umläufe) wäre p=1, und q=2. Das wäre dann eine Resonanz 2. Ordnung… Klar soweit? 🙂

    Ja, das ist jetzt klar, danke! 🙂

  12. #12 Bjoern
    22. März 2011

    @Bullet:

    Autsch, … Bjoern: abtauchen! 🙂

    Wieso – Veresa nimmt’s doch anscheinend nicht krumm? 😉

    (und zum Glück wird man hier nicht gleich – wie in manch anderen Blogs – als sexistisch beschimpft, nur weil man es wagt, darauf hinzuweisen, dass eine Wissenschaftlerin nebenbei auch gut aussieht…)

  13. #13 Bullet
    22. März 2011

    Veresa nimmt’s doch anscheinend nicht krumm? 😉

    Jap, wär auch schade.
    *zensiert*
    Aber so ist das mit den Klischees. Ein Coder, der beim Schlafen regular expressions brabbelt oder C++ für eine normale Konversationssprache hält, darf ja auch nicht sportlich sein und vegetarisch essen. 🙂 Und dann gibt erstmal lange Gesichter in der Umgebung, wenn so einer die Bühne betritt. 🙂

    BTW – ich schließe mich Bjoerns Frage an: wo komt denn dieser Name her?

  14. #14 Bjoern
    22. März 2011

    @Bullet: Zum Thema Klischees fragst du mich besser nicht – ich sehe aus (und verhalte mich) wie das absolut typische Physiker- (bzw. allgemein Mathe- und Naturwissenschaftler-) Klischee, würde ich sagen. 😉

    So, und damit wären wir jetzt wohl endgültig off-topic. 😉

  15. #15 Bjoern
    22. März 2011

    @maedchenvommars/Veresa: So, mal zurück on topic. 😉

    Also, ich hab’ mir Florians Artikel zur Störungsfunktion noch mal angeschaut (war ja oben verlinkt – ich hatte ihn auch schon mal gelesen, aber das ist deutlich über ein Jahr her…), und der hat’s ein wenig klarer gemacht. Trotzdem frage ich lieber noch mal nach: ist das jetzt so gemeint, dass man die Hamiltonfunktion H schreibt als H = H0 + R, wobei H0 eine exakt lösbare Hamiltonfunktion ist und R halt ein “Störterm”? Oder ist das ganze noch komplizierter?

    (Hamiltonfunktionen kenne ich übrigens zwar – aber bei den “erzeugenden Funktionen von kanonischen Transformationen” hat’s bei mir im Studium leider allmählich ausgesetzt – und die scheinen hier auch wichtig zu sein…?)

  16. #16 Bullet
    22. März 2011

    Ob wir das jemals wieder gerade rücken können? 😉

  17. #17 mädchenvommars
    22. März 2011

    hehe, keine Sorge, mich hat niemand beleidigt! Nur ist der Internet-zugang hier nicht nur schrecklich langsam, sondern leider auch nicht überall vorhanden.

    @Bjoern: ja, du hast das schon genau richtig verstanden: R ist der “gestörte” Teil der Hamiltonfunktion, also der Teil der nicht durch Keplerbewegung beschrieben werden kann. Und wie du in deinem letzten Kommentar eh schon geschrieben hast, die gesamte Hamiltonfunktion die das System beschreibt, wird mit H=H0+R gebildet (ok, eigentlich H0-(mu)R, aber das ist eine Sache der Notation), wobei H0 dann der Kepler-Teil und damit für sich genommen analytisch lösbar wäre.

    und “Veresa”, das ist eigentlich mein Spitzname. Also in Wirklichkeit gibts den Namen wohl gar nicht 🙂

    so, wünsche noch einen schönen Abend, die Herren – morgen gehts bei uns um 8.30 mit dem nächsten Vortrag weiter…

  18. #18 Bjoern
    22. März 2011

    @mädchenvommars: Danke für die Erklärungen!!

    Nur eine Frage noch (siehe auch meinen Kommentar um 17:58 Uhr): gibt’s denn den Vortrag nun irgendwo online? Würde gern mal reinschauen… (Florians Folien stehen ja freundlicherweise online – zu denen hab’ ich auch schon meinen Senf dazu gegeben… 😉 ).

    Ansonsten nur noch: ebenfalls schönen Abend, die Dame! 😉

  19. #19 mädchenvommars
    23. März 2011

    bitte vielmals um Entschuldigung, das hab ich wohl überlesen! 🙂

    Den aktuellen Vortrag gibt es im Moment nicht online, allerdings hab ich letztes Jahr schon mal über meine Arbeit gesprochen – diesen Vortrag findet man als pdf unter https://www.univie.ac.at/adg/Conferences/ahw5/index.html .
    Da habe ich im Prinzip eh schon alles über die Methode geschrieben.

    Wenn wir die aktuellen Folien online stellen, werde ich hier noch einen Link posten!

  20. #20 Bjoern
    23. März 2011

    @mädchenvommars:

    Den aktuellen Vortrag gibt es im Moment nicht online, allerdings hab ich letztes Jahr schon mal über meine Arbeit gesprochen – diesen Vortrag …

    Ich hab’ da mal reingeschaut und muss zugeben: ich steige da ziemlich schnell aus. Liegt zum Teil wohl auch daran, dass ich halt die in der Himmelsmechanik üblichen Notationen kaum kenne… Fängt schon auf Folie 5 an – r und r’ sind wohl Radien, wie oben schon erwähnt, a die große Halbachse, e die Exzentrizität, M die mittlere und E die exzentrische Anomalie (dank an Florian und an Wikipedia!) – aber was ist z. B. Δ (wohl nicht der Laplace-Operator…)?

    Wie viel Zeit hast du zum Erklären…? 😉

    Wenn wir die aktuellen Folien online stellen, werde ich hier noch einen Link posten!

    Danke!

  21. #21 Florian Freistetter
    23. März 2011

    @Bjoern: Meinst du das Delta in der Störungsfunktion? Das ist der Abstand zwischen den beiden Himmelskörpern (sollte ich aber in meinem Artikel dazu erklärt haben).

  22. #22 Bjoern
    23. März 2011

    @Florian: Danke! (das hatte ich anscheinend in deinem Artikel übersehen bzw. hab’ im falschen nachgeschaut – das war ja eine ganze Artikelserie…)

  23. #23 Bjoern
    23. März 2011

    @Florian: Hab’ das Δ in deinem Artikel nun auch gefunden! (einfach ein bisschen weiter runterscrollen… aber das wäre ja zu einfach gewesen 😉 ). So, ich nehme mal an, was in deinem Artikel r1 und r2 waren, sind bei Veresa r und r’? (oder andersherum?)

    Damit ist der Störterm (Folie 5) aber immer noch reichlich kryptisch: 1/Δ ist offensichtlich das Gravitationspotential für die Wechselwirkung zwischen Planet und Asteroid. Aber was soll dann das -1/r? Wechselwirkung zwischen Asteroid und Sonne? Wahrscheinlich ja – aber warum geht das negativ in den Störterm ein? (und außerdem sollte diese Wechselwirkung doch laut Folie 4 in der ungestörten Hamiltonfunktion stecken und nicht im Störterm?)

    Und erst recht: was sollen die beiden quadratischen Terme? Das Ganze sieht ein wenig nach einer Taylor-Entwicklung aus – aber die Taylor-Entwicklung von R kommt doch eigentlich erst auf Folie 6? Ist das R auf Folie 5 trotzdem auch schon eine Näherung…?

    Kann man das alles kurz erklären (auf Mechanik I – Niveau 😉 ) – oder muss man dafür tiefer in die Materie einsteigen…? Ab Folie 7 wird’s offensichtlich richtig technisch – da braucht man sicher deutlich mehr Wissen über Himmelsmechanik. Aber ich hatte eigentlich gehofft, dass ich zumindest die Grundlagen noch verstehen könnte…

  24. #24 mädchenvommars
    23. März 2011

    @bjoern

    zur Störungsfunktion auf der ersten(?) Folie, mit delta und r und r’:
    delta ist wie schon von Florian erklärt, der Abstand Planet-Asteroid, r die Distanz Sonne-Asteroid, und r’ Sonne-Jupiter.
    Die Darstellung von R ist noch keine Entwicklung, allerdings ist die Störungsfunktion schon ein bisschen umgeformt, weswegen sie nicht mehr ganz so “intuitiv” verständlich ist.
    Ich hab das jetzt auf einem Zettel aufgeschrieben, aber ich weiß nicht wie man Formeln hier posten kann. Ich werd Florian morgen bitten, dass er ein Foto davon hochlädt! 🙂

  25. #25 Bjoern
    24. März 2011

    @mädchenvommars:

    …allerdings ist die Störungsfunktion schon ein bisschen umgeformt, weswegen sie nicht mehr ganz so “intuitiv” verständlich ist.

    Gut – dann bin ich also doch nicht ganz doof, wenn ich das nicht kapiere. 😉

    Ich hab das jetzt auf einem Zettel aufgeschrieben, aber ich weiß nicht wie man Formeln hier posten kann. Ich werd Florian morgen bitten, dass er ein Foto davon hochlädt!

    Danke!

  26. #26 mädchenvommars
    24. März 2011

    so, ich hab eine kleine Herleitung auf einem Zettel skizziert:
    https://www.dropbox.com/gallery/12597401/1/Humboldt?h=42ee62

    M ist die Primärmasse, m’ der Planet, m der Asteroid (masselos)
    K ist die Kraft die auf den Asteroiden wirkt, und durch einsetzen erhält man dann die Störungsfunktion in der Form wie ich sie angegeben habe… Der durchgestrichene Term am Schluss wird vernachlässigt…

    Ich hoffe das ist halbwegs verständlich (und leserlich)! Ich freu mich jedenfalls über das Interesse – ist ja doch ein eher trockenes Thema 🙂

  27. #27 973
    24. März 2011

    Wenn man sich laenger mit der Himmelsmechanik beschaeftigt, merkt man, dass es vernuenftig waere, irgendwo eine Grenze zu setzen, wo man sie besser nicht fortbetreiben sollte, weil der Aufwandt schnell in voelliges Missverhaeltnis zum Nutzen geraet. Prinzipielle physikalische Erkenntnisse kann man da sowieso nicht erwarten, wenigstens solche bzgl. dynamischer Systeme schon nicht viel mehr als das knapp nach den groebsten Grundlagen und nach Überschlags-Rechnungen Offensichtliche (also iW Kepler-Bahnen mit den wichtigsten Stoerungen erster Ordnung, oder zBsp auch bereits unmittelbar verst¨andliche Kommensurablitaetsluecken, oder Faelle wie die Trojaner) ; darueber hinaus muss man sich damit abfinden, das es sich um die rein mechanische Bewegung zuf¨alliger Objekte handelt, bei denen solche geregelte Bahnen und eine langfristige Berechenbarkeit mit allgemeinen Methoden nur ein Spezialfall sind, der aber schon bei schwachen Exzentrizitaeten (etwa den Planetenbahnen) unangemessen aufwendig wird. Der enorme Aufwandt der da (haupts¨achlich in Frankreich und Russland) betrieben wird, ist trocken, rein technisch, und etwa mit Gauss’ Berechnung der Logarithmentafeln zu vergleichen. Viele Objekte werden ausserdem chaotisch, besonders durch hohe Ann¨aherungen. Oft hat man deshalb nur Hoffentlichkeitsaussagen.- In der Praxis ist es viel besser, numerische Methoden zu benutzen, und letztendlich wird man jedes Objekt einzeln konkret zu berechnen haben. Gerade zBsp bei Kometen sieht man, dass sich nach Annäherungen ruhige und weniger ruhige Phasen mit sehr unterschiedlichem dynamischen Verhalten abwechseln; man kann das zwar irgendwie allgemein klassifizieren, aber das ist relativ wertlos.

  28. #28 Florian Freistetter
    25. März 2011

    @973: “Wenn man sich laenger mit der Himmelsmechanik beschaeftigt, merkt man, dass es vernuenftig waere, irgendwo eine Grenze zu setzen, wo man sie besser nicht fortbetreiben sollte, weil der Aufwandt schnell in voelliges Missverhaeltnis zum Nutzen geraet”

    Ähm… HAST du dich denn länger mit Himmelsmechanik beschäftigt??

    “In der Praxis ist es viel besser, numerische Methoden zu benutzen, und letztendlich wird man jedes Objekt einzeln konkret zu berechnen haben. Gerade zBsp bei Kometen sieht man, dass sich nach Annäherungen ruhige und weniger ruhige Phasen mit sehr unterschiedlichem dynamischen Verhalten abwechseln; man kann das zwar irgendwie allgemein klassifizieren, aber das ist relativ wertlos. “

    Hmm – sieht nicht so aus.

    Warum Störungsrechnung (auch numerische Simulationen sind Himmelsmechanik) nützlich ist, steht ja im Artikel. Klar kann man schön simulieren. Aber wenn man VERSTEHEN will, was da am Ende rauskommt, dann muss man auch analystisch rechnen.

  29. #29 973
    25. März 2011

    Nachtrag : Es gibt schon Versuche allgemeiner Störungen von Kometen, besonders in Polen wurde das früher betrieben, aber durchgesetzt hat es sich nicht. Überhaupt ist die Himmelsmechanik im Rückgang. In Russland wird sie kaum noch betrieben, seitdem Prof. Tschebotarev gestorben ist; in Europa jetzt fast nur noch in Frankreich, Planetentheorien von Bretagnon. Aber wenn man sich eine Zeit lang mit der Himmelsmechanik beschäftigt, sieht man, für genaue konkrete Rechnungen sind die analytischen Methoden unbrauchbar und braucht man numerische Rechnungen. So wird das auch heutzutage überall gemacht, etwa bzgl der Bewegung der Planeten Oesterwinter oder Standish an Instituten der USA, insbesondere auch die gesamte Raumfahrt; in Russland Pitjeva relativistische Theorien, auch kleine Planeten usw. angefangen mit Lieske etwa die Bewegung von Eros. Auch die hier im blog diskutierten erdnahen Asteroiden (oft mit hoher Exzentrizität und Neigung): wenns Ernst wird, hilft nur numerische Integration. Freilich kann man sich mit allem beschäftigen und herumspielen, aber man sollte in der Physik immer Bezug mit der Realität wahren. Und da kommt man nicht umhin zusagen, das die analytische Himmelsmechanik zu den Gebieten eines grosen Mißverhältnis zwischen Aufwandt und Nutzen gehört. Deshalb bleiben auf dem gebiet auch kaum welche

  30. #30 973
    25. März 2011

    PS: ein post ist verloren gegangen, worauf sich obiger Nachtrag bezog

  31. #31 Florian Freistetter
    25. März 2011

    @973: “Überhaupt ist die Himmelsmechanik im Rückgang.”

    Ich weiß nicht, von welcher “Himmelsmechanik” du sprichts. Die, die ich kenne, ist alles andere als im Rückgang. Die Bewegung von Himmelskörpern wird intensiver untersucht als je zuvor (Ich glaube, du hast dir das Wort irgendwie anders definiert…). Numerische Rechnungen sind selbstverständlich Teil der Himmelsmechanik und Analytik ist immer noch wichtig.

    “Und da kommt man nicht umhin zusagen, das die analytische Himmelsmechanik zu den Gebieten eines grosen Mißverhältnis zwischen Aufwandt und Nutzen gehört. Deshalb bleiben auf dem gebiet auch kaum welche “

    Sag das mal dem Raum voller Leute die hier bei der Konferenz sitzen. Nochmal: um tiefere Einsichten in die physikalischen Zusammenhänge zu gewinnen brauchst du Analytik. Warum soll die Himmelsmechanik als einzige Disziplin plötzlich aufhören zu rechnen? Schlägst du den Physikern auch vor, die Theorie abzuschaffen und nur noch Experimente zu machen und empirische Gesetze abzuleiten?

  32. #32 973
    25. März 2011

    Während die Himmelsmechanik früher Haupt-Disziplin der Astronomie war (in Frankreich und Rußland seit jeher, in Deutschland u.a. durch Gauß), ist sie heute verhältnismäßig unbedeutend. Auch unwichtig; alles Relevante wird numerisch berechnet; zBsp die Ephemeriden vom JPL in den USA oder ITA in Rußland (für die Raumfahrt,Kometen, Asteroiden sowieso). Praktisch alles was konkret zu rechnen ist, wird numerisch gemacht. Auch das BL in Paris (was wohl mehr aus historischen Gründen analytisch weiterarbeitet), vergleicht seine Ephemeriden mit denen vom JPL; soweit Differenzen auftreten, vertraut man eher der numerischen Integration. Teilweise werden auch Fourier-Analysen von numerischen Integrationen gemacht, mit der Theorie verglichen, und anschließend bisher nicht gefundene analytische Terme nachträglich gefunden oder erklärt – die Berechnung der allgemien Störungen benutzt also heutzutage schon die überlegene spezielle als Krücke. Natürlich gibt es weiterhin einzelne Leute (gemessen an der gesamtzahl der Astronomen aber sehr wenige), die an der Himmelsmechanik arbeiten, und irgendwelche ‘interessanten Probleme’ oder Effekte findet man immer bzw definiert man sich. Aber es ist eben nicht mehr, als in dynamischen Abläufen irgendwelche systematischen Effekte zu finden und zu interprätieren, außer bei den sowieso offensichtlichen relativ unwichtig. Wie gesagt, fast so interessant wie in Steinen auf dem Boden geometrische Formen zu deuten. Da sind fast alle anderen bereiche der Physik viel interessanter.

  33. #33 Florian Freistetter
    25. März 2011

    @973: “Wie gesagt, fast so interessant wie in Steinen auf dem Boden geometrische Formen zu deuten. Da sind fast alle anderen bereiche der Physik viel interessanter. “

    Ok, du findest also Himmelsmechanik unnötig und uninteressant und meinst die Himmelsmechaniker denken sich einfach irgendwas aus. Schön das wir das geklärt haben. Aber sei mir nicht böse, wenn ich diese Diskussion nicht mehr weiter verfolge.

    P.S. Und schlag vielleicht doch nochmal die Definition von “Himmelsmechanik” nach, ok? Numerische Berechnungen gehören da nämlich selbstverständlich dazu…

  34. #34 973
    26. März 2011

    Tja, bei den numerischen Rechnungen jedenfalls der genauen Himmelsmechanik … geht gerade mal das schon lange bekannte Gravitationsgesetz (seit einem Jhd meinetwegen auch noch mit den PPN-Termen) ein, zBsp im Vorwort zu den DE -Ephemeriden vom JPL in einer Formel zusammengefaßt. Also reine Technik, keine Wissenschaft. Bei weniger exakten Rechnungen, sieht man manchmal mappings von Kometenbahnen über Jahrtausende, aber konkret wurde der Komet drei Umläufe vor der Entdeckung von einem Planeten eingefangen, und war vorher auf einer Fast-Parabelbahn…Ob man das Wissenschaft bezeichnen kann, weiß ich nicht. Forschungsgelder sollten jedenfalls für die Himmelsmechanik keine vergeben werden.

  35. #35 973
    26. März 2011

    Eins muß noch fairerweise gesagt werden. Wenigstens ist die Himmelsmechanik praktisch Null spekulativ. Es ist auch fast alles korrekt, jedenfalls die genauen numerischen Integrationen konkreter Objekte, und auch die allgemeine Störungstheorie jedenfalls soweit fortbetrieben. Im Gegensatz zu anderen Branchen in der Physik, wo anscheinend viel falsch und/oder spekulativ ist.

  36. #36 Florian Freistetter
    26. März 2011

    @973: “Forschungsgelder sollten jedenfalls für die Himmelsmechanik keine vergeben werden.”

    Genau! Weg mit dem Scheiß! Wer will schon wissen, wie die Bahnen von Asteroiden aussehen und ob sie mit der Erde kollidieren können? Wer braucht Bahnberechnungen von Satelliten; sind eh alle unnötig die Dinger. Und Grundlagenforschung ist ja per se zu nichts gut; also brauchen wir die auch nicht machen.

    Sag mal, bist du irgendwann mal bei ner Himmelsmechanik-Prüfung durchgefallen oder war deine Freundin dich mit nem Himmelsmechaniker betrogen oder woher kommt dieser irrationale Hass auf die Himmelsmechanik (abgesehen davon verstehst du offensichtlich immer noch nicht wirklich, was Himmelsmechanik ist und wie sie funktioniert…)

  37. #37 973
    27. März 2011

    Ich habe absolut keinen Hass oder Abneigung gegen die Himmelsmechanik. Ich habe mich früher selbst mit ihr sehr beschäftigt — aber sie dann genau aus den geschilderten Gründen als etwas rein technisches, wissenschaftliches Uninteressantes verlassen. Sowohl an wesentlicher Physik, als auch formal, steckt lediglich das Gravitationsgesetz also eine ganz einfache Formel dahinter. Man kann sich Stunden, Monate und das leben lang an den Strand setzen, die Wellen beobachten, klassifizieren, deuten, Formen und Muster erkennen, sogar auch komplizierte Gezeiten- und Mond-abhängige, usw, wobei auch technisch alles ganz wahrhaftig, sauber und spekulationsfrei sein wird, und dann ein 1000-seitiges Buch dazu schreiben und Seminare abhalten — der wissenschaftliche Wert ist aber annähernd 0, mit viel Glück hat es noch einen technischen Wert etwa für die Schiffahrt.

    Und genau in diesem Sinn hab ich das auch gesagt; wenn man von Tagungen zur H. hört, und zu den ganzen wunderlichen dynamischen Effekten im Planetensystem — dann steckt da leider nur sehr wenig Physik drin, verglichen an anderen Branchen.

    Für die Vorausberechnung von Asteroiden ist die numerische Integration direkt des Gravitationsgesetzes ausreichend und das einzig Brauchbare. Wenn ein Asteroid entdeckt wird der potentiell mit der Erde zusammenstößt, dann sind alle Rechnungen damit im Zusammenhang nur so zu machen. Wenn man dann erst eine allgemeine Störungs-Theorie konkret für das Objekt anleiern müste, könnte sich die Menschheit dann gleich ganz einäschern. Der ganze Wust an analytischer Himmelsmechanik, mit großem Aufwandt seit Jahrhunderten von edlen Leuten wie Euler, Lagrange betrieben, erweist sich dann über Nacht als total unbrauchbar, insbesondere aber ineffektiv neben der direkten Anwendung des Gravitationsgesetzes. Also das von dir gebrachte Beispiel zeigt erst recht, wie gering der Wert der Himmelsmechanik ist, in diesem Fall sogar auch der technische, der wissenschaftliche sowieso.

  38. #38 973
    27. März 2011

    Ich möchte noch Beispiele geben, was zumindest in der Nähe der Himmelsmechanik als weiterhin interessante und sogar nützliche Physik bezeichnet werden kann. Interessant übrigens, das betrifft alles konkrete Berechnung von Himmelskörpern, keine rein theoretischen über Bewegungsmuster. Und in der Praxis wird dazu ausser der simplen numerischen Integration des Gravitationsgesetzes, Null an Himmelsmechanik gebraucht.

    Beispielsweise die verifizierung der Relativitätstheorie. Das ist mit Satelliten, Mond, Asteroiden möglich, die Verifizierung des Gravitationsgesetzes mit den ferneren Asteroiden. Die behauptete Pioner-Anomalie / Abweichung vom G.-G. kann aus den fernen Asteroiden mit einer Genauigkeit von wenigen % ihres behaupteten Wertes ausgeschlossen werden.

    Kosmologie. Im Sonnensystem sind verschiedene Konstanten weit besser verifizierbar als sonstwo in der Physik. Die Änderung der Gravitationskonstante oder der LG zBsp auf maximal wenige % pro 10 Mrd. Jahren

    Festlegung des Fundamentalsystemes. Aus Beobachtungen kann auch die Bahn der Erde mitbestimmt werden, dabei auch noch Parameter wie eine Rotation des Systemes usw. Heute auch durch Satelliten.

    Quadrupolmoment der Sonne. Wichtig für die Sonnenphysik.

    Eigenantrieb der Kometen, Physik derselben.

    Das sind konkrete, physikalisch sehr interessante Fragestellungen. Dazu wird numerisch integriert, die Himmelsmechanik braucht man nicht, wäre bei den meisten Objekten (Kometen, erdnahe Asteroiden) nicht einmal in brauchbar weit entwickeltem Zustand.

  39. #39 Florian Freistetter
    27. März 2011

    @973:“Ich habe absolut keinen Hass oder Abneigung gegen die Himmelsmechanik. Ich habe mich früher selbst mit ihr sehr beschäftigt — aber sie dann genau aus den geschilderten Gründen als etwas rein technisches, wissenschaftliches Uninteressantes verlassen. Sowohl an wesentlicher Physik, als auch formal, steckt lediglich das Gravitationsgesetz also eine ganz einfache Formel dahinter.”

    Ok – vielleicht doch keinen Hass. Aber definitiv keine Ahnung, was Himmelsmechanik ist.

    “Wenn ein Asteroid entdeckt wird der potentiell mit der Erde zusammenstößt, dann sind alle Rechnungen damit im Zusammenhang nur so zu machen. Wenn man dann erst eine allgemeine Störungs-Theorie konkret für das Objekt anleiern müste, könnte sich die Menschheit dann gleich ganz einäschern.”

    Und anscheinend macht es auch keinen Sinn dir irgendwas zu erklären. Du willst es anscheinend nicht verstehen. Ich empfehle dir nochmal dringend, die Definition von Worten wie “Grundlagenforschung” nachzuschlagen (und vielleicht doch auch nochmal “Himmelsmechanik”).

    Können wir diese Diskussion hier jetzt beenden? Das du Himmelsmechanik dumm findest und Himmelsmechaniker blöd wissen wir jetzt. Irgendwelchen anderen Argumenten bist du nicht zugänglich insofern ist es sinnlos, das alles immer wieder zu wiederholen.

  40. #40 Bjoern
    27. März 2011

    @mädchenvommars:

    so, ich hab eine kleine Herleitung auf einem Zettel skizziert:…

    Danke!

    M ist die Primärmasse, m’ der Planet, m der Asteroid (masselos)

    “masselos” im Sinne von “übt keine Anziehung auf andere Körper aus”, nicht im Sinne von “wird selbst von nichts angezogen”, nehme ich an? 😉 (also halt quasi ein “Probekörper”, dessen Masse gegen 0 geht)

    K ist die Kraft die auf den Asteroiden wirkt,

    Was ist μ? Evtl. das Verhältnis von Planeten- und Sonnenmasse? Und: geht es um den Betrag der Kraft, oder um den Anteil, der Richtung Sonne wirkt, oder um was genau?

    und durch einsetzen erhält man dann die Störungsfunktion in der Form wie ich sie angegeben habe…

    Ja, der Teil ist dann einfach nachzurechnen.

    Der durchgestrichene Term am Schluss wird vernachlässigt…

    Das ist wieder unklar – warum ist der Term vernachlässigbar? Warum kein Beitrag zur Asteroid “motion”?

    Ich hoffe das ist halbwegs verständlich (und leserlich)! Ich freu mich jedenfalls über das Interesse – ist ja doch ein eher trockenes Thema 🙂

    Leserlich auf jeden Fall, verständlich auch großenteils – halt bis auf den Ansatz… Und trocken finde ich das Thema eigentlich nicht (na gut, die Details der Koordinatenwahl, des mappings usw. interessieren mich dann nicht mehr so sehr – aber zumindest den grundsätzlichen Ansatz würde ich schon gerne verstehen). Aber ich finde eigentlich die meisten physikalischen Rechnungen interessant… Ich bin so in etwa folgender Typ Mensch: https://xkcd.com/230/ 😉

  41. #41 Bjoern
    27. März 2011

    @mädchenvommars: Moment – wieso soll K bei dir eigentlich die Kraft sein? Meinst du nicht eher das Potential (potentielle Energie des Asteroids geteilt durch seine Masse m)? Schließlich willst du hier (1) einen Störbeitrag zur Hamiltonfunktion hinschreiben (also eine Energie), und (2) sind die Beiträge proportional zu 1/r – bei der Kraft müsste es doch 1/r^2 sein…

    Aber selbst dann ist’s für mich leider nicht nachvollziehbar, wo der Ausdruck für K herkommt. Ich würde für das Potential, in dem sich der Asteroid befindet, folgendes ansetzen: GM/r + Gm’/Δ. Ich vermute mal, dass man in der Himmelsmechanik GM = 1 setzt (bzw. halt das Potential geteilt durch GM betrachtet – sind ja nur Konstanten); dann hat man 1/r + μ/Δ (falls μ tatsächlich, wie oben vermutet, für das Verhältnis m’/M steht). Das ist leider immer noch ein deutlich anderer Ausdruck als der bei dir…

    2. Vermutung: μ könnte auch für die reduzierte Masse stehen (die braucht man ja beim Zwei-Körper-Problem, also wohl erst recht hier beim R3BP) bzw. für die reduzierte Masse durch M; dann könnte ich mir zumindest den Term (1 – μ)/r evtl. erklären. Aber wo der Term mit dem Kosinus herkommt, ist immer noch unklar… 🙁

  42. #42 Jörn
    30. März 2011

    Zitat:
    [sich mit] annähernd integrablen Hamiltonsystemen beschäftigt hat deren Störungsfunktion sie mittelt, dann die Hamiltonfunktion erweitert, Koordinatentransformationen durchführt und sich daraus schließlich eine Erzeugunsfunktion für die Hadjidemtriou-Mapping-Methode bastelt …
    Zitat Ende

    Nach “annähernd integrabel” (was ich größtenteils verstehe) bin ich ausgestiegen. 😀

    Gruß
    Jörn

  43. #43 Bjoern
    3. April 2011

    @maedchenvommars: Hallo? Hast du meine letzten Fragen nicht mitbekommen? Oder keine Lust/Zeit mehr, sie zu beantworten…?

  44. #44 mädchenvommars
    7. April 2011

    sorry sorry, ich hatte das Kommentarabo abbestellt!
    Ich werde noch was dazu schreiben, aber im Moment hab ich nicht so viel Zeit…

    please stay tuned 🙂

  45. #45 Bjoern
    8. Mai 2011

    @mädchenvommars: Immer noch keine Zeit? Also, ich bin immer noch “tuned”… 😉