Auch heute gab es wieder viele mathematiklastige Vorträge bei der Himmelsmechanikkonferenz in Bad Hofgastein. Aber da ich gestern ja schon über den himmelsmechanischen Werkzeugkasten berichtet habe, habe ich mir heute an ganz anderes Thema ausgesucht: habitable Planeten!
Bei der Suche nach extrasolaren Planeten kommt den habitablen Planeten natürlich besonderes Interesse entgegen. Aus astronomischer Sicht sind eigentlich alle Planeten interessant aber von einem rein menschlichen Standpunkt aus gesehen wollen wir selbstverständlich wissen, ob es da draussen noch andere Orte gibt, auf denen Leben möglich ist. In den Presseaussendungen und Medien tauchen in letzter Zeit immer wieder mal Entdeckungen von “habitablen” Planeten auf – aber das ist bestenfalls nur Spekulation. Das was man da entdeckt hat sind Planeten, die klein genug sind, um eine feste Oberfläche haben und die sich genau im richtigen Abstand von ihrem Stern befinden so dass eine auf den Planeten im Prinzip angenehme Temperaturen herrschen können (d.h. dass dort Wasser in flüssiger Form existieren kann).
Aber das allein macht natürlich die Habitabilität noch nicht aus. Da gibt es noch jede Menge andere Faktoren, die eine wichtige Rolle spielen und über die wenigstens lassen sich momentan vernünftige Informationen gewinnen. Extrem wichtig ist zum Beispiel das Vorhandensein einer Atmosphäre bzw. deren Zusammensetzung. Was nützt ein schöner Planet der der Erde ähnelt wenn er eine höllisch dichte Atmopshäre voll Schwefel hat wie die Venus oder eine fast nicht vorhandende Kohlendioxid-Atmosphäre wie der Mars? Aber herauszufinden, welche Atmosphäre ein bestimmter Exoplanet hat, ist bestenfalls enorm schwierig und normalerweise unmöglich. Dazu bräuchten wir spektroskopische Daten und die gewinnt man i.A. nur wenn man den Planten direkt beobachten kann. Das ist aber für die meisten Objekte nicht möglich; sie werden nur über indirekte Beobachtungsmethoden gefunden. Neben der Atmosphäre braucht so ein Planet, der einmal Leben beherbergen soll auch noch ein paar andere Dinge. Funktionierende Plattentektonik zum Beispiel, ein Magnetfeld und vielleicht auch einen so großen Mond wie ihn unsere Erde hat (und der dafür sorgt, dass die Schwankungen der Erdachse nicht aus dem Ruder laufen).
Und dann ist da natürlich noch der Stern. Auch der muss sich ordentlich benehmen und sollte zum Beispiel nicht variabel sein, also seine Helligkeit nicht dauernd ändern. Und die Aktivität des Sterns sollte ebenfalls nicht zu heftig sein – denn ansonsten würde der Planet ständig vom Sternwind bombardiert was für das Leben nicht sonderlich toll ist.
Genau mit diesem Thema hat sich heute der Vortrag von Klaus Strassmeier vom Astrophysikalischen Institut Potsdam beschäftigt. Gemeinsam mit Wissenschaftlern vom Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung hat er die Rolle der stellaren Aktivität auf die Habitabilität von Exoplaneten untersucht, erklärt, wie man sich eventuell in Zukunft auf die Suche nach konkreten Anzeichen von Leben auf extrasolaren Planeten machen kann und in seinem Vortrag mit dem Titel “Towards the detection of biomarkers and the role of stellar magnetic activity”
Besonders interessant sind hier Sterne vom Spektraltyp M. Das sind Sterne, die kühler sind als unsere Sonne und für die Exoplanetenforschung sind sie von besonderer Bedeutung. Da solche Sterne kleiner und weniger hell sind als die die anderer Spektraltypen, ist es hier leichter, Exoplaneten zu finden und direkt abzubilden. Außerdem gibt es sehr viele M-Sterne und deswegen ist es nicht unvernünftig anzunehmen, dass die ersten erdähnlichen Planeten bei solchen Sternen entdeckt werden. Dann muss man sich aber auch wirklich Gedanken um die Aktivität der Sterne machen. Denn da M-Sterne kühler sind, müssen habitable Planeten auch näher an ihnen dran sein um ausreichend Licht und Wärme abzubekommen. Das bedeutet aber auch, dass sie der Sternaktivität – die bei M-Sternen tendenziell sehr stark sein kann; bis zu einer Million mal stärker als bei der Sonne – stärker ausgesetzt sind.
Die Aktivität eines Sterns kann aber nicht nur die Habitabilität beeinflussen sondern auch unsere Möglichkeiten, die Habitabilität zu untersuchen. Einer der sogenannten “Biomarker” die es uns erlauben würden auf das Vorhandensein von Leben zu schliessen ist die vegetation red edge (VRE). Die VRE sieht man, wenn man das Licht das von einem Planeten reflektiert wird, in seine Bestandteile aufspaltet und nachsieht, wieviel Licht bei bestimmten Wellenlängen empfangen wird. Gibt es auf einem Planeten Pflanzen und damit Chlorophyll, dann sorgt das dafür, dass ein ganz bestimmter Teil des Lichts ausgeblendet wird (bei etwa 700 nm). Sowas ist allerdings mit der momentanen Technik auf anderen Planeten unmöglich nachzuweisen.
Wir können aber üben! Denn wir kennen einen Planeten, der voll mit Pflanzen ist: unsere Erde. Natürlich wäre es extrem aufwendig, ein Weltraumteleskop ein paar Lichtjahre weit weg zu schicken um dann aus großer Entfernung zurück zur Erde zu blicken. Aber glücklicherweise geht es auch anders. Wir müssen nur zum Mond schauen. Denn die Sonne beleuchtet unsere Erde und dieses Licht wird auch zum Mond reflektiert. Und von dort wieder zurück zu uns. Das Licht des Mondes besteht also zu einem kleinen Teil auch aus “Erdschein” und genau dort können wir nun probieren, ob wir die Biomarker finden die uns sagen, dass es auf der Erde leben gibt.
Das alles ist natürlich wahnsinnig kompliziert. Erstmal ist die Erde ja nicht komplett mit Pflantzen bedeckt sondern es gibt dort jede Menge Wasserflächen und andere Stellen, an denen kein Chlorophyll ist. Und dann dreht sich die Erde dauernd und das reflektierte Licht des Mondes kommt immer von verschiedenen Stellen. Die Stärke der VRE ändert sich ständig – und da haben wir Probleme wie Wolken noch gar nicht erst angesprochen. Aber auch die Eigenschaften des Magnetfeldes können eine Rolle spielen (es geht hier um die Detektion von polarisiertem Licht die wichtig ist, um die VRE gut zu detektieren). Es gibt zwar schon ein paar erste Detektion der Biomarker im Erdschein – aber an einen Versuch das auch bei extrasolaren Planeten ist noch lange nicht zu denken.
Dazu fehlen uns einmal die passenden Planeten – einen richtig überzeugenden Kandidaten für einen habitablen Exoplaneten hat man ja noch nicht wirklich gefunden. Und dann braucht man bessere Teleskope. Viel bessere Teleskope! Klaus Strassmeier hat in seinem Vortrag extra betont, dass man hier im Prinzip noch kaum etwas versteht. Um Biomarker bei extrasolaren Planeten zu detektieren muss man mit noch nicht verhandener Technik Planeten beobachten die wir noch nicht entdeckt haben und dabei die Interaktion zwischen den planetaren und stellaren Magnetfeldern berücksichtigen die wir noch nicht komplett verstanden haben. Um aus diesen ersten Ideen tatsächlich echte Ergebnisse und vernünftige Wissenschaft zu machen, brauchen wir mehr Daten und die kriegen wir nur mit besseren Instrumenten. Eines davon wird das EELT sein, das European Extremly Large Telescope das, wie der Name schon sagt, extrem groß sein wird. Ich habe hier schonmal über diese gewaltige Teleskop geschrieben. Wenn es 2019 in Betrieb gehen wird (in der Realität wird das wohl etwas später stattfinden), dann wird sein 42 Meter großer Spiegel alles in den Schatten stellen, was wir bisher von Teleskopen kannten. Dann werden wir auch die Detektion von Biomarkern vernünftig angehen können. Und das wird spannend werden…
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