Oder vielleicht doch lieber: “Weltraumteleskop analysiert Supernovaüberrest”? Ne… heute bleib ich beim “Gemetzel”. Vor allem weil hier tatsächlich ein Stern den anderen zerfetzt.
Es geht um eine der berühmtesten Supernova-Explosionen der Geschichte. Im Jahr 1572 entdeckte Tycho Brahe einen neuen Stern im Sternbild Kassiopeia. Das war außergewöhnlich! Denn man war bisher der festen Meinung, der Fixsternhimmel sei ewig und unveränderlich. Dieser neue Stern schmiß all diese Vorstellungen über den Haufen und seine Entdeckung machte Brahe in ganz Europa berühmt.
Aber auch heute noch liefert die “Supernova 1572” wie sie offiziell genannt wird neue und spannende Ergebnisse. Mittlerweile wissen wir auch genauer, was Brahe da gesehen hat. SN 1572 gehört zur Klasse der “Supernovae vom Typ Ia”. Diese spezielle Gruppe von Sternexplosionen entsteht, wenn ein weißer Zwerg explodiert. Eigentlich stellen die weißen Zwerge ja schon ein stabiles Endstadium der Sternentwicklung dar. Wenn unsere Sonne einmal keinen Brennstoff mehr übrig hat und zu einem roten Riesen wird, wird sie auch irgendwann später die äußeren Schichten ihrer Atmosphäre abstoßen. Übrig bleibt nur der kleine – etwa erdgroße – enorm dichte Kern: ein weißer Zwerg. Der macht dann nicht mehr viel, er wird nur noch immer kühler und wartet ab, was sich am Ende des Universums so tut.
Es sei denn, er bekommt von irgendwo noch etwas Materie her! Wenn sich der Stern ursprünglich in einem engen Doppelstern befand, dann hat der weiße Zwerg unter Umständen die Möglichkeit, ab und zu ein wenig Material von seinem Begleitstern zu klauen (wenn die beiden sich nahe kommen zum Beispiel oder wenn der Sternwind des Begleiters Material auf den weißen Zwerg schleudert). Er wird also immer schwerer werden und irgendwann wieder zum Leben erwachen! Wenn er nämlich zu schwer wird – beim Überschreiten der sogenannten “Chandrasekhar-Grenze” von etwa 1.2 Sonnenmassen – dann ist er nicht mehr stabil und wird in einer gewaltigen Explosion zur Supernova. Da diese Prozesse immer gleich ablaufen weil ja immer die gleichen Massen involviert sind, ist auch der Helligkeitsverlauf so einer Supernova vom Typ Ia immer gleich. Das ist enorm praktisch für die Entfernungsbestimmung! Wir wissen, wie hell die Supernova eigentlich werden sollte, können beobachten, wie hell sie uns tatsächlich erscheint und können daraus sofort die Entfernung bestimmen. Und weil diese Explosionen so enorm hell sind, können wir sie auch in fernsten Galaxien beobachten (das war z.B. bei der Entdeckung der dunklen Energie wichtig).
Das Röntgenteleskop Chandra hat sich nun SN 1572 genauer angesehen. So eine Supernova erzeugt ja Strahlung in allen Wellenlängen. So sieht die Explosion im Röntgenlicht aus:
Die Position des explodierten Sterns wird durch das grüne Kreuz angezeigt; die Farben im Bild zeigen Röntgenstrahlen mit verschiedenen Energien (rot: 1.6-2.0 keV, grün: 2.2-2.6 keV, blau: 4-6 keV). Die hochenenergetischste Strahlung sieht man in blau ganz außen: das ist die Schockwelle der Explosion. Wer genau hinsieht, sieht links unten aber noch einen kleinen blauen Bogen. Und mit dem kommen wir jetzt zum Teil mit dem “Gemetzel”.
Man geht nämlich davon aus, dass der weiße Zwerg hier bei seiner Explosion ein Stück aus seinem Begleitstern herausgerissen hat! Man hat schon bei früheren Beobachtungen einen Stern ganz in der Nähe der Explosion gefunden der sich schneller bewegt als er eigentlich sollte. Vermutlich hat er von SN 1572 einen ordentlichen Tritt bekommen und wurde deswegen schneller. So wie es nun aussieht, hat er dabei aber auch ein ordentliches Stück seines Materials verloren. So stellt man sich das vor:
Dieses Szenario wird auch durch weitere Beobachtungen gestützt, die genau hinter dem Bogen einen “Schatten” zeigen. Hier hat das Material des Begleitssterns die Strahlung der Explosion abgeschirmt:
Zuerst hat sich der weiße Zwerg also kannibalistisch an der Masse seines Begleiters bedient um dann schließlich bei seinem explosiven Abgang noch ein ordentliches Stück aus ihm heraus zu reissen. Raue Sitten sind das im Weltall… aber auf jeden Fall spannende Geschichten für die Astronomen!
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