Das Universum hat was gegen uns. Und im Jahr 2012 zeigt es uns angeblich ordentlich den Stinkefinger. Die Milchstrasse beschiesst uns mit Synchronistationsstrahlen. Unsere Sonne schmeisst uns einen Sonnensturm auf den Kopf. Die Planeten können uns auch nicht leiden und sogar der gute alte Mond macht Terror. Aber wenigstens unsere Erde lässt uns in Ruhe, oder? Die liebe Erdmutter Gaia mag uns und tut uns nichts (sofern wir sie denn vor bösen Wissenschaftlern schützen die sie mit gemeinen Strahlen traktieren) – oder vielleicht doch?
Als Astronom hab ich mich bisher hauptsächlich mit den extraterrestrischen Aspekten des ganzen 2012-Weltuntergangsunsinn beschäftigt. Aber ich muss wohl auch mal ein paar Worte über den (hier jetzt dramatische Musik einspielen) Supervulkan sagen. Der sitzt im Yellowstone-Nationalpark und wird uns 2012 um die Ohren fliegen und dabei die halbe Welt mit sich in Tod und Verderben reissen. Hört man zumindest von diversen Weltuntergangspropheten und man bekam es eindrucksvoll von Roland Emmerich in seinem 2012-Film vorgeführt. Und wenn es in einem Hollywood-Film auftaucht, dann muss ja was Wahres dran sein, oder nicht? (Diese Frage wird mir übrigens – ernsthaft – immer wieder Mal gestellt). Also: Wird der Supervulkan im Yellowstone-Park ausbrechen?
Ja, wird er. Die Frage die uns aber eigentlich interessieren sollte ist: Müssen wir wegen des Supervulkans Sorgen machen. Und diese Frage möchte ich hier detailliert beantworten (falls jetzt wer schon ganz große Panik kriegt, kann ich die Antwort vorwegnehmen: Nein, es besteht kein Grund, Angst zu haben!).
Beim Yellowstone-Vulkan handelt es sich nicht um einen normalen Vulkan, so wie man ihn sich klassischerweise vorstellt. Dort steht kein rauchender Berg in der Landschaft mit einem Krater am Gipfel in dem Lava brodelt. Ok, in Yellowstone brodelts auch: dort gibts jede Menge heiße Quelle, Geysire, schweflige Dämpfe die aufsteigen, usw. Das alles deutet auf vulkanische Aktivität hin aber einen Vulkan im eigentlichen Sinne gibt es nicht. Yellowstone liegt über einem sogenannten “Hot Spot”. Das ist ein Bereich in der Erdkruste aus dem heißes, flüssiges Gestein aus dem Erdmantel nach oben steigt und sich in Magmakammern ansammelt. Ist die Erdkruste dünn – wie es z.B. bei ozeanischer Kruste der Fall ist – dann bricht die irgendwann durch und es gibt Vulkaninseln wie z.B. in Hawaii. Die Plattentektonik lässt die Erdkruste natürlich langsam über den Hot Spot hinweg wandern und man bekommt im Laufe der Zeit ganze Ketten von Inseln.
Natürlich kann sich so ein Hot Spot auch unter der kontinentalen Kruste befinden. Die ist dicker und es dauert länger bis was durchbricht. Die Eruption ist dann viel gewaltiger. Die Magma drückt von unten immer stärker auf die Kruste, die ganze Region hebt sich immer stärker ab bis es irgendwann Risse gibt und die ganze Gegend explodiert. Die Decke der Magmakammer sinkt danach ein und statt eines Vulkanbergs bekommt eine sogenannte Caldera, einen Krater. Genausowas beobachtet man im Yellowstone-Gebiet. Auch hier wandert übrigens die Kruste über den Hotspot hinweg. Das ist durchaus relevant. Denn der Vulkanismus hat ja in so einem Fall keine direkte Leitung zum Magma im Erdmantel. Wenn sich die Platte verschiebt, dann entfernt sich eine bisher aktive Region die direkt über dem Hot Spot liegt irgendwann so weit, dass sie nicht mehr aktiv ist. Den Yellowstone-Hot Spot gibt es seit etwa 17 Millionen Jahren und er hat sich in dieser Zeit um 700 km verschoben. Scheinbar – denn in Wahrheit verschiebt sich ja die Kruste, nicht der Hot Spot. Dort, wo er jetzt ist, gab es in der Vergangenheit drei sehr große Ausbrüche. Einen vor 2.1 Millionen Jahren, einen vor 1.3 Millionen Jahren und einen vor 640000 Jahren. “Groß” trifft es hier wirklich: diese Ereignisse hatten globale Folgen, die ausgestossene Asche verteilte sich über die ganze Erde und lokal wurde die Gegend im Umkreis von 250 km verwüstet.
Die Frage ist nun: wird sowas auch in der Zukunft passieren und wenn ja, was wird passieren. Eine Magmakammer gibt es auch jetzt noch unter Yellowstone. Wird der Druck dort irgendwann so groß, dass wieder der ganze Park in die Luft fliegt? Sowas lässt sich messen. Man stellt überall in der Gegend GPS-Empfänger auf und schaut, wie schnell sich die Gegend hebt. Das hat man gemacht und zwischen etwa 2004 und 2006 tatsächlich eine Phase beschleunigter Hebung gemessen. Deutet das jetzt auf einen kurz bevorstehenden Ausbruch hin? Nein, nicht zwingend – auch wenn natürlich in der Zeit viele Horrorgeschichten über den Supervulkan in Umlauf gebracht wurden. So eine Magmakammer ist keine statische Sache und auch keine, in der die Dinge komplett regelmäßig ablaufen. Man kann sich das nicht einfach wie eine Badewanne vorstellen die langsam aber stetig mit Wasser (bzw. Magma) vollläuft. Man hat natürlich im Yellowstone-Park weitergemessen. Und neue Daten zeigen jetzt, dass sich die Hebung des Gebiets seit kurzem wieder normalisiert hat. Die kann man in der Arbeit mit dem Titel “An extraordinary episode of Yellowstone caldera uplift, 2004-2010, from GPS and InSAR observations” von Wu-Lung Chang und seinen Kollegen nachlesen. Vergleicht man den Zeitraume zwischen 2006 und 2008 mit dem vor 2004, dann hat sich hier die Rate der Hebung von 7 bis 5 Zentimeter pro Jahr auf 4 bis 2 Zentimeter pro Jahr verringert und im Jahr 2009 ist sie auf nur noch 2 bis 0.5 Zentimeter pro Jahr gesunken. Die Geowissenschaftler haben anhand der ganzen Messdaten ein virtuelles Modell der Magmakammer gebastelt und sind zu dem Schluss gekommen, dass in den letzten Jahren zusätzliche Magma in die Kammer geflossen ist was die Hebungsrate erhöht hat. Dieser Zustrom ist jetzt aber versiegt und alles läuft wieder so wie früher.
Gut, dass ist sehr interessante Forschung (und vielleicht schreibt ja Anke mal detailliert darüber) – aber müssen wir jetzt Angst vor einem bevorstehenden Ausbruch haben oder nicht? Müssen wir nicht. Ein Ausbruch würde sich in den Messungen deutlich ankündigen und eine Verringerung der Hebungsrate im Yellowstone-Gebiet ist ganz sicher keines dieser Anzeichen. Es ist ein bisschen zusätzliches Material in die Magmakammer geflossen aber verglichen mit deren gesamten Ausmassen ist das nicht wirklich bemerkenswert. Das zusätzliche Material entspricht laut Chang und seinen Kollegen einen etwa 10 Kilometer langen, flachen Block aus Magma. Die gesamte Magmakammer ist aber viel größer:
In so einer Gegend gehts immer wieder mal auf und ab. Zwischen 1923 und 1984 ist die Caldera gestiegen (um immerhin 100 Zentimeter). Bis 1995 ist sie wieder um 20 Zentimeter gesunken, die nächsten 5 Jahren wieder gestiegen. Zwischen 2000 und 2003 hob sich ein Teil der Gegend, ein anderer senkte sich ab. Ab 2004 gab es die schon erwähnte erhöhte Hebungsrate und mittlerweile ist alles wieder normal. Es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass eine erneute Eruption unmittelbar bevorsteht. Das Yellowstone Vulcano Observatory (YVO) erklärt, dass die Chance für einen gewaltigen Ausbruch des Supervulkans in den nächstens paar tausend Jahren, vergleichbar mit denen in der Vergangenheit, extrem gering ist. Wenn das Ding ausbricht, ist es wahrscheinlicher, dass es zu keiner gewaltigen Eruption kommt, sondern zu einem Ausbruch eines Lavastroms. Hier geht es um Lava, die nicht so zähflüssig ist und die die Caldera dann langsam auffüllt. Sowas ist in der Vergangenheit ebenfalls schon öfter passiert (das letzte Mal vor 70000 Jahren). Natürlich wäre das auch nicht sonderlich toll; der ganze schöne Yellowstone-Park wäre zerstört. Aber die Menschen brauchen sich nicht wirklich Sorgen um so ein Ereignis zu machen, es hätte keine globalen Folgen.
Wie gesagt: der Yellowstone-Vulkan ist mit Meßgeräten gespickt und wenn da was passieren sollte, wüsste man lange vorher Bescheid. Es gibt zur Zeit auch keinerlei Anzeichen, dass in den nächsten Jahrtausenden irgendein Ausbruch bevorsteht. Ein gewaltiger Riesenvulkan mag sich zwar als Kulisse für Emmerichs 2012-Film eignen. Aber in der Realität besteht kein Grund sich Sorgen zu machen. Das meint auch Scienceblogs.com-Kollege Greg Laden. Wenn man in der Gegend von Yellowstone ist, dann sollte man sich eher Sorgen um Verkehrsunfälle und Angriffe von Bären machen. Der Vulkan muss uns erstmal nicht beunruhigen!
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