Meine Serie über Multiversen ist erst vor wenigen Tagen zu Ende gegangen. In der Diskussion zu den Artikel wurde vor allem immer wieder ein Punkt thematisiert: sich mit Multiversen zu beschäftigen habe nichts mit Wissenschaft zu tun, denn Aussagen darüber können nicht experimentell bzw. durch Beobachtungen bestätigt werden. Das ist so natürlich nicht richtig. Aber es stimmt: die meisten Hypothesen die Grundlage der verschiedenen Multiversumstheorien sind, sind mit den heutigen technischen Mitteln nicht überprüfbar. Aber nicht alle. Kürzlich haben Wissenschaftler aus Großbritannien eine Arbeit veröffentlicht, die Beobachtungsdaten präsentiert, die auf die Existenz eines Multiversums hindeuten.
Es geht dabei um das “inflationäre Universum”. Was das ist, habe ich hier im Detail beschrieben. Die Kurzfassung: die inflationäre Phase die kurz nach dem Urknall dafür sorgte, dass sich unser Universum kurzzeitig enorm schnell ausgedehnt hat, könnte kein Einzelfall gewesen sein. Auch an anderen Punkten im Raum könnte es zu solchen inflationären Expansionsausbrüchen gekommen sein. Das Multiversum würde dann einem Schweizer Käse gleichen, durchsetzt von lauter “Löchern” die jedes ein eigenes Universum, so wie unseres, darstellen.
Ob nun tatsächlich so ist oder nicht, hängt davon ab, wie die inflationäre Phase im Detail abgelaufen ist. Das wissen wir aber nicht und es ist schwer, mehr darüber herauszufinden. Immerhin ist das ganze schon mehr als 13 Milliarden Jahre her! Aber es ist nicht unmöglich. Auch heute noch können wir Photonen aus der Frühzeit des Universums betrachten, den sogenannten “Mikrowellenhintergrund”. Ganz am Anfang war das Universum so heiß, dass Licht sich nicht ausbreiten konnte. Erst als es ausreichend abkühlte und die freien Elektronen zusammen mit den Protonen die ersten Atomkerne bildeten, wurde das Universum durchsichtig und Licht konnte sich ausbreiten (hier ist das im Detail beschrieben). Diese Strahlung können wir auch heute noch messen und sie verrät uns enorm viel über die Frühzeit des Universums. Wir können herausfinden, wie die Masse früher verteilt war; wir können verschiedene Modelle des Urknalls prüfen und wir können die inflationäre Phase untersuchen. Denn die hat das Universum in einem unvorstellbar kurzen Zeitraum um einen unvorstellbar großen Betrag ausgedehnt. Dabei wurden auch die kleinsten Unregelmäßigkeiten auf kosmische Skalen vergrößert so dass wir sie heute als Strukturen im Mikrowellenhintergrund erkennen. Spezielle Raumsonden tun daher nichts anderes, als diese Strukturen so genau wie möglich zu vermessen. Die erste, die das erfolgreich tat, war COBE in den 1990er Jahre. Heute ist der Planck-Satellit gerade dabei, die Messungen zu verbessern. Die Wissenschaftler sind aber immer noch dabei, die Daten der WMAP-Sonde auszuwerten, die vor Planck sieben Jahre lang die entsprechenden Messungen durchgeführt hat.
Stephen M. Feeney vom University College London und seine Kollegen haben nun in den WMAP-Daten nach Hinweisen auf das inflationäre Multiversum gesucht. Denn unsere Blase im Käse des Multiversums könnte bei ihrer Entstehung mit anderen Universums-Blasen zusammengestossen sein. Das hätte Auswirkungen auf die Strukturen im frühesten Universum gehabt die heute noch in der Hintergrundstrahlung nachweisbar wären. Sie entwickelten ein spezielles Computerprogramm das selbständig (und objektiver als Menschen) in den WMAP-Daten nach den charakteristischen Mustern sucht, die Kollisionen zwischen den Blasen verursacht hätten. In ihrer Arbeit mit dem Titel “First Observational Tests of Eternal Inflation: Analysis Methods and WMAP 7-Year Results” wurden nun die Resultate veröffentlicht. Das Computerprogramm hat vier Regionen gefunden, die eventuell Spuren eines Zusammenstosses mit einem anderen Blasen-Universum zeigen. Ein definitiver Beweis ist das natürlich noch nicht. So schnell belegt man die Existenz eines Multiversums nicht. Dazu braucht es mehr Daten und signifikantere Daten. Eine Auswertung der Messungen des Planck-Satellit könnte die in den nächsten Jahren liefern. Es ist aber auf jeden Fall eine enorm spannende Angelegenheit. Auch wenn es mittlerweile keine Möglichkeit des Kontaktes mehr zwischen unserem und den anderen Universen gibt, könnten wir vielleicht trotzdem in der Lage sein, ihre Existenz nachzuweisen!
Professor George Efstathiou, Direktor des Kavli Institute of Cosmology an der University of Cambridge meint dazu:
“Es wäre eine enorm aufregende Sache wenn wir nachweisen könnten, dass wir tatsächlich physischen Kontakt zu einem anderen Universum hatten. Es ist sehr spekulativ, hätte aber tiefschürfende Folgen für die Physik.”
Allerdings!
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