Lohnt es sich noch, sich über die österreichische Bildungspolitik aufzuregen? Es ist immer das Gleiche. Über die Bildungsministerin Gehrer habe ich mich während meines Studiums selbst ausgiebig aufgeregt. Ihr Nachfolger, Johannes Hahn, war dank seiner bescheuerten Politik und Unfähigkeit Wissenschaft von Esoterik zu unterscheiden schon oft Thema in meinem Blog. Seine Nachfolgerin, Beatrix Karl, hatte nur Zeit, die eine oder andere dumme Äußerung zu machen bevor sie dann Justizministerin wurde und seit April 2011 ist Karl-Heinz Töchterle Wissenschaftsminister. Der ist ehemaliger Rektor der Uni Innsbruck und streitet gerade mit dem designierten Rektor der Uni Wien, Heinz Engl. Und wie immer, wenn es in Österreich um Uni-Politik geht, kennen alle beteiligten immer nur die gleichen Wörter: Studiengebühren! Zugangsbeschränkungen! Einsparungen! Kürzungen!
Heinz Engl beschwert sich im Standard-Interview über zu wenig Geld und kündigt an, Leute zu entlassen und ganze Studienrichtungen zu schließen, sollte die Regierung nicht mehr Geld bereit stellen. Hier gibt es eine Kurzversion des Interviews, einen “Wordrap” (ich finde sowas ja immer etwas bescheuert, keine Ahnung warum Journalisten das dauernd machen):
Die Regierung, in Form der ÖVP, reagiert wie es zu erwarten war: “Studiengebühren!!” wird dort geplärrt, genauso wie immer, wenn man gegenüber der ÖVP die Universitäten erwähnt. Elisabeth “Ich will keine Studiengebühren” Gehrer hat sie 2001 eingeführt. Gebracht haben sie nichts, die Unis hatten immer noch kein Geld und es wurde weiter überall gespart. 2008 schafften dann SPÖ und Grüne die Studiengebühren als Wahlkampf-Gag kurz vor der Wahl wieder ab. Die ÖVP tut aber trotzdem ihr Bestes, die Bildung in Österreich zu Grunde zu richten. Die Forschungsförderung wird tot gespart, Wissenschaftsminister Hahn beschwerte sich über die große Anzahl an Studenten und alle paar Monaten probiert man es wieder mit dem Ruf nach Studiengebühren und stärkeren Zugangsbeschränkungen.
Wenn denn Österreich tatsächlich ein Land wäre, in dem sich die Akademiker gegenseitig auf die Füße treten, dann wäre das ja vielleicht noch irgendwie verständlich. Aber so ist es ja nicht. Österreich hat eine der niedrigsten Akademikerquoten im OECD-Schnitt und liegt weiter unter dem Mittelwert. Würde es in diesem Land Politiker geben, die über den Wert und Bedeutung einer gebildeten und gut ausgebildeten Bevölkerung Bescheid wüssten, würde es in diesem Land Politiker geben, denen bewusst ist, dass langfristige und dauerhafte Investitionen in die Bildung die Grundlage für die Lösung jeder Menge Probleme sind, die sich anders nur schwer lösen lassen – würde es solche Politiker geben, dann würden die alles daran setzen, diese niedrige Akademikerquote zu erhöhen. Aber solche Politiker gibt es anscheinend nicht. In Österreich macht man sich hauptsächlich darüber Gedanken, wie man die Leute vom Studium abhält. Wenn an einer Uni oder in einem Studiengang zu viele Studenten sind, dann ist die erste Reaktion immer: Welche Beschränkungen können wir einführen? Welche Prüfungen, welche Gebühren, welche Gesetze können die Zahl der Studenten reduzieren? Wer in solchen Fällen einfach mehr Geld und mehr Studienplätze fordert ist entweder ein betroffener Student, naiv oder ein Oppositionspolitiker der seine meine sofort ändert, sollte er mal in die Regierung kommen.
Wie gesagt: ich könnte es verstehen das man sich über Gebühren und Beschränkungen Gedanken macht. Wenn Österreich schon voller ausgebildeter Akademiker wäre dann wären das Option, die man bei einem Studentenansturm durchaus in Betracht ziehen könnte. Aber das ist ja nicht so! Wenn die jungen Leute die Universitäten stürmen, dann sollten die Politiker sich freuen, “Juhu! Bald heben wir unsere Akademikerquote” rufen und sich darüber Gedanken machen, wie sie genug Studienplätze für die Menschen bereit stellen können.
Ich würde ja fordern: Nehmt der ÖVP endlich das Wissenschaftsministerium weg! 16 Jahren pfuscht diese Partei schon mit der österreichischen Bildungspolitik herum. Das reicht! Ich würde sogar fordern (ganz intensiv sogar): Schmeißt die ÖVP endlich aus der Regierung raus! 24 Jahre ist sie an der Macht. Das reicht! Das Problem ist nur: Mir fällt absolut niemand ein, der es besser machen würde…
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