Will man absolut klar stellen, dass ein Science-Fiction-Film nicht auf unserer Erde spielt sondern einem fremden Planeten, dann zeigt man einen dramatischen Himmel. Entweder man sieht dort anstatt des guten alten Mondes einen gewaltig großen Gasplaneten um deutlich zu machen, dass man selbst sich auf einem Mond befindet, der den Gasriesen umkreist. Oder man sieht zwei Sonnen am Himmel stehen, so wie auf Tatooine, der Heimat von Luke Skywalker in Star Wars. Extrasolare Monde haben wir bis jetzt noch nicht gefunden. Aber immerhin kennen wir seit kurzem einen Planeten, der zwei Sterne umkreist.
Extrasolare Planeten, die sich in einem Doppelsternsystem befinden, sind nicht selten. Wir kennen schon jede Menge (Es wird langsam mal Zeit, dass jemand eine vernünftige Liste aller Planeten in Mehrfachsternsystemen veröffentlicht…) und das es sie gibt ist auch nicht sonderlich überraschend.
Wir wissen schon länger, dass Einzelsterne wie unsere Sonne eher eine Ausnahme sind und die meisten Sterne sich einen Partner gesucht haben. Und schon seit 1977 (bevor noch irgendwelche extrasolaren Planeten entdeckt wurden) weiß man, dass es dort stabile Bahnen für Planeten geben kann. Man unterscheidet zwei Fälle:
Ein Planet muss entweder nahe an einem Stern sein oder ausreichend weit von beiden entfernt. Im ersten Fall spricht man vom S-Typ (“satellite”), der zweite nennt sich P-Typ (“planetary”). Bis jetzt haben wir hauptsächlich S-Typ-Planeten entdeckt. Wenn der Abstand zwischen den beiden Komponenten eines Planetensystems groß ist, dann ist der Einfluss des zweiten Sterns auf den Planeten recht gering. Wie das im Detail aussieht, habe ich hier beschrieben. Es gibt aber auch Doppelsternsysteme, bei denen die beiden Sterne sehr eng bei einander stehen. Dort hat dann kein Planet dazwischen mehr Platz – aber außen um beide herum wäre eine stabile Bahn möglich. Bis jetzt haben wir solche P-Typ-Systeme noch nicht wirklich entdeckt. Es gibt ein paar Spezialfälle wo Planeten keine Sterne umkreist sondern die verschiedenen Objekte die entstehen wenn ein Stern sein Leben beendet; ein Planet zum Beispiel umläufte ein System aus Pulsar und Weißem Zwerg; ein anderer Planet umkreist einen roten und einen weißen Zwerg (und hat sich dabei früher mal eine Zeit lang im Stern aufgehalten). Dann gibt es noch den einen oder anderen Fall wo man einen Planeten vielleicht entdeckt hat, aber noch nicht genug Daten hat, um das wirklich zu bestätigen.
Jetzt weiß man es aber sicher: Das Weltraumteleskop Kepler hat zwei normale Sterne entdeckt, die von einem echten Planeten umkreist werden. Und da es sich um eine ganz spezielle Konfiguration handelt, kann man die Parameter dieses Systems so genau bestimmen um wirklich sicher sein zu können, worum es sich handelt. Alle drei Objekte, also die beiden Sterne und der Planet, bewegen sich in fast der gleichen Ebene und von der Erde aus blicken wir genau auf die Kante dieser Ebene. Keplers Aufgabe ist es ja, die Helligkeitsschwankungen von Sternen zu messen. Damit kann man viel über Sterne lernen, man kann aber auch feststellen ob so ein Stern alleine ist oder nicht. Wird der Stern von einem Planet umkreist und haben wir das Glück, auf die richtige Art und Weise auf das System zu blicken, dann wird der Planet vor der Scheibe des Sterns vorüber ziehen und dessen Licht verdunkeln. Wesentlich öfter kommt es aber vor, dass man ein Doppelsternsystem beobachtet, bei dem sich die beiden Sterne wechselseitig bedecken. Da die Astronomen bei Kepler aber hauptsächlich auf der Suche nach Planeten sind, müssen sie diese Doppelsterne aussortieren. Als Laurance Doyle vom Carl Sagan Center for the Study of Life in the Universe (Hey! Das ist mal ein cooler Arbeitsplatz!) und seine Kollegen die Lichtkurve des Sterns Kepler-16 das erste Mal sahen, haben sie sich daher vermutlich gedacht: Pff – schon wieder so ein langweiliger Doppelstern! Als sie dann aber genauer hingesehen haben, zeigte sich, dass dort anscheinend nicht nur die Sterne einander bedecken, sondern auch immer wieder “Finsternisse” stattfanden, die nicht auf die Bedeckung mit einem Stern zurück zu führen waren. Da musste noch etwas sein, dass in periodischen Abständen beide Sterne bedeckte: ein Planet!
Eine genau Analyse der Daten ergab folgendes Bild: Das Zentrum des Systems bilden zwei Sterne; Kepler-16A und Kepler-16B. A hat 70 Prozent der Sonnenmasse; B ist mit 20 Prozent der Sonnenmasse noch viel kleiner. Der Abstand zwischen den beiden ist ebenfalls nicht wirklich groß. Die beiden trennen 0.22 astronomische Einheiten (das ist etwa halb so groß wieder Abstand zwischen Sonne und Merkur). Der Planet selbst (der laut offizieller Nomenklatur den schönen Namen “Kepler-16-(AB)-b” trägt) ist fast so schwer wie Saturn und umkreist den Doppelstern in einem Abstand von 0.7 astronomischen Einheiten (also etwa der Abstand der Venus von der Sonne). So sieht das schematisch aus (ich habe zum Vergleich auch noch die Erdbahn eingezeichnet):
Wenn sich alles bewegt, sieht es noch schöner aus:
Kepler 16 ist wirklich ein toller Glücksfall. Da man hier drei Objekte hat, die sich alle wechselseitig bedecken, kann man aus den Lichtkurven Masse und Größe der Objekte sehr genau bestimmen. Da man die Parameter des Systems so genau kennt, kann man auch sehr genau simulieren, wie sich die Objekte in Zukunft bewegen. Schon seit 1888 wissen wir ja – Henri Poincaré hat es rausgefunden – dass es kompliziert wird, wenn sich mehr als 2 Körper gegenseitig gravitativ beeinflussen. Wenn es nur ein Stern und ein Planet wäre (oder zwei Planeten), dann würden sich deren Bahnen nicht ändern. Kommt ein dritter Körper hinzu, dann beeinflussen sich alle gegenseitig und die Orbits der Himmelskörper verändern sich langsam. Die Simulationen der Astronomen zeigen zum Beispiel, dass sich die Ebene in der sich der Planet bewegt, langsam ändert. Ab 2014 wird sie so weit geneigt sein, dass der Planet Kepler-16-B nicht mehr bedeckt. Erst nach 35 Jahren, im Jahr 2049, wird es wieder Bedeckungen geben. Stern A wird 2018 bis 2042 unbedeckt bleiben. Wir haben also eigentlich ziemliches Glück gehabt, dass Kepler genau jetzt auf das System geblickt hat und nicht erst 2019, wo es den Planeten dann nicht mehr entdeckt hätte.
Aber ich weiß, ihr wollt jetzt nichts über Himmelsmechanik hören, sondern wissen, wie es nun aussieht auf dem Planeten mit zwei Sonnen! Wie leben die Aliens dort und ist es dort ständig hell? Naja – erstmal wir auf dem Planet nichts leben. Der Planet ist ein Gasplanet wie Saturn hat keine feste Oberfläche auf dem irgendwas leben könnte (zumindest nichts, was unter unsere Definition von “Leben” fällt). Aber vielleicht hat der Planet ja einen Mond? Wir erinnern uns: Neben Planeten mit zwei Sonnen sind bewohnbare Monde mit riesigem Planet am Himmel das Standardmotiv der Science-Fiction. Hier hätten wir jetzt vielleicht gleich beides. Aber wir sollten nicht zu gespannt auf außerirdische Lebewesen hoffen. Wie oben schon erwähnt, sind beide Sterne kleiner und damit auch weniger leuchtstark als die Sonne. Auch zusammen schaffen sie es nicht, einen Wüstenplaneten wie Tatooine zu erzeugen. Auf Kepler-16-AB-b ist es kalt. Bei etwa -70 Grad ähnelt der Planet weniger Tatooine sondern eher dem Eisplanet Hoth (dort wo die Roboterelefanten zu Beginn von “Das Imperium schlägt zurück” durch den Schnee stapfen). Wie der Himmel und der Tag-und-Nacht-Zyklus auf so einem Mond aussehen würde, kann man natürlich nicht so einfach sagen. Denn die beiden Sterne stehen etwa in einem Abstand von 15 Grad am Himmel – etwa so weit auseinander wie 30 Vollmonde aneinander gereiht.
Großer Stern, kleiner Stern und ein cooler Planet
Aber um zu wissen, wie Tag und Nacht dort wirklich aussehen, müsste man zum Beispiel wissen, wie schnell sich der Mond um seine Achse dreht. Prinzipiell sollte der Tag natürlich länger sein als die Nacht. Wenn der eine Stern untergegangen ist, ist der andere ja noch einige Zeit lang am Himmel zu sehen. Aber ohne zu wissen, wie schnell sich der Mond dreht, wie seine Achse ausgerichtet ist und vor allem wie oft ein oder beide Sterne durch den Gasriesen (der sich ja auch noch am Himmel rumtreibt) bedeckt wird, lässt sich da nicht viel darüber sagen. Aber es wäre wohl auf ein jeden Fall ein ziemlich cooler Anblick und ich bin sicher, dass die NASA bald passende Simulationen dazu veröffentlichen wird. Astronomie ist super!
Laurance R. Doyle,, & et al (2011). Kepler-16: A Transiting Circumbinary Planet Science, 333 (6049), 1602-1606 : 10.1126/science.1210923
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