Es gibt wieder Nobelpreise! Im Laufe dieser Woche werden die Gewinner des prestigeträchtigsten Wissenschaftspreises bekannt gegeben. Und natürlich wurde in den letzten Wochen heftig spekuliert, wer ihn dieses Jahr bekommen wird (Lars Fischer hat z.B. hier seine Prognose für den Chemiepreis abgegeben). Mich interessiert natürlich besonders der Physik-Nobelpreis. Er wird übermorgen, am Dienstag, verliehen. Vielleicht an ein paar Astronomen?
Einen eigenen Nobelpreis für Astronomie gibt es ja offiziell nicht und erst seit den 1950er Jahren hat sich das Nobelpreiskomitee dazu durchgerungen, auch Leistungen in der Astronomie als preiswürdig anzuerkennen. Seitdem wurde der Nobelpreis für Physik sechsmal für astronomische Forschung vergeben, das letzte Mal 2006 an John C. Mater und George Smoot für ihre Arbeit über die kosmische Hintergrundstrahlung. Seitdem sind auch schon wieder 5 Jahren vergangen und langsam könnten die Astronomen wieder mal an die Reihe kommen.
Ich selbst stecke zu wenig in der aktuellen physikalischen Forschung um einschätzen zu können, welche Entdeckungen und Erkenntnisse hier aktuell gerade als besonders wichtig angesehen werden. Aber von Astronomie habe ich etwas mehr Ahnung 😉 Und hier waren es in den letzten Jahren besonders die extrasolaren Planeten, die das Fach massiv beeinflusst haben. Seit vor knapp 20 Jahren die ersten Exoplaneten entdeckt wurden, haben sie die Forschungslandschaft ziemlich umgekrempelt. Davor kannten wir nur die paar Planeten, die unsere Sonne umkreisen und wussten nicht, ob wir eine kosmische Ausnahme darstellten oder ob Planeten etwas ganz Gewöhnliches sind. Wir wussten nicht, ob anderswo erdähnliche Planeten existieren; Planeten, auf denen vielleicht auch Leben möglich ist. Unsere Theorien über die Entstehung und Entwicklung von Planeten konnten wir nur anhand der Planeten in unserem Sonnensystem aufstellen. Heute sieht die Situation völlig anders aus. Wir kennen mittlerweile hunderte extrasolare Planeten und noch viel mehr Planetenkandidaten. Unser Verständnis der Entstehung und Entwicklung von Planetensystemen hat sich radikal geändert. Wir kennen mittlerweile genügend Planeten, um statistisch vernünftige Aussagen machen zu können und wissen nun, dass vermutlich ein Drittel aller sonnenähnlicher Sterne Planeten besitzen, auf denen Leben möglich sein könnte. Die Entdeckung der ersten extrasolaren Planeten war ohne jeden Zweifel eine wirklich bedeutende Entdeckung die die Astronomie auch noch in den kommenden Jahrzehnten beeinflussen wird. Diese Leistung ist meiner Meinung nach durchaus eines Nobelpreis würdig (vergleichbar mit dem Preis vom letzten Jahr, für die Entdeckung des Graphen).
Aber wer sollte den Preis bekommen? Es gab ja zwei “erste Entdeckungen” von Exoplaneten. Das erste Mal haben Aleksander Wolszczan und Dale Frail im Jahr 1990 die Entdeckung von zwei extrasolaren Planeten bekannt gegeben. Das waren allerdings “nur” Planeten, die einen Pulsar umkreisten; also keinen normalen Stern wie unsere Sonne. Ein Pulsar ist das, was manchmal übrig bleibt, wenn ein Stern aufhört Energie zu erzeugen und kollabiert (ich habe hier und hier ausführlicher über Pulsare und ihre Planeten geschrieben). Das war eine ziemlich aufregende Entdeckung aber für die meisten Astronomen zählt der Fund, den Michel Mayor und Didier Queloz 1995 gemacht haben, als die eigentlich erste Entdeckung eines Exoplaneten. Denn der Planet 51 Pegasi b umkreist einen ganz normalen Stern, einen Stern, der unserer Sonne sehr ähnlich ist. Ohne die Leistung von Wolszczan und Frail schmälern zu wollen, bin ich eigentlich auch der Meinung, dass die Entdeckung von Mayor und Queloz die bedeutendere ist. Die Pulsarplaneten waren damals etwas höchst exotisches und sind es heute immer noch. Nach dem ersten Fund im Jahr 1990 hat man in den folgenden Jahren gerade mal zwei weitere Pulsare entdeckt, die Planeten haben. Pulsarplaneten sind immer noch eine coole Sache, aber haben die astronomische Forschung nicht wirklich fundamental beeinflusst. Ganz im Gegensatz zu 51 Pegasi b: seiner Entdeckung folgten hunderte weitere und wir wissen mittlerweile, dass das Universum voll ist mit Planeten wie ihm.
Es wäre natürlich am fairsten, wenn man den Nobelpreis für die Entdeckung des ersten Exoplaneten zu gleichen Teilen an Wolszczan, Frail, Mayor und Queloz vergeben würde. Aber es kann immer nur höchstens drei Preisträger geben. Ich denke, Michel Mayor und Didier Queloz hätten für ihren Fund im Jahr 1995 einen Nobelpreis verdient. Klar, es gab damals noch viele andere Astronomen, die ebenfalls kurz vor der Entdeckung standen. Manche hatten die entsprechenden Daten schon in ihren Archiven – aber diese Daten noch nicht ausgewertet. Aber in der Wissenschaft gewinnt der, der am ersten publiziert. Und das Mayor und Queloz die ersten waren, war auch nicht unbedingt nur Zufall; im Gegensatz zu ihren Konkurrenten hatten sie die besten Methoden zur Datenauswertung entwickelt und konnten daher die Sterne viel schneller nach Planeten absuchen (wer die Geschichte der Entdeckung im Detail nachlesen kann, dem empfehle ich dieses oder dieses Buch).
Mir ist klar, dass meine Prognose mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht eintreten wird (aber wenn sie es doch tut, dann werde ich keine Hemmungen haben, “Haha! Ich habs euch ja gesagt!” zu rufen 😉 ). Aber auch wenn Michel Mayor und Didier Queloz keinen Nobelpreis für Physik bekommen: Verdient hätten sie ihn auf jeden Fall!
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