Wissenschaft und Religion passen einfach nicht zusammen. Das sage ich jetzt nicht aus Überheblichkeit oder gar Arroganz. Das liegt schlicht und einfach in der Natur der Sache. Wissenschaft und Religion betrachten die Welt auf fundamental unterschiedliche Art und Weise. In der Religion geht es darum zu glauben. Man beruft sich auf innere Überzeugungen, persönliche Visionen, alte Überlieferungen und für nichts davon muss es irgendwelche Belege geben. Oft wird sogar gerade die Tatsache, dass man ohne irgendwelche Belege glaubt als besonders lobenswerte Eigenschaft deklariert. Wissenschaft dagegen ist eine Methode, die extra entwickelt wurde um objektive Erkenntnisse über unsere Welt zu bekommen, die man nicht glauben muss. In der Wissenschaft geht es darum, Dinge zu belegen, zu überprüfen und all das rigoros zu verwerfen, dass dieser Überprüfung nicht Stand hält. Es gibt wenig, was schlechter zusammen passen würde, als Religion und Wissenschaft. Kein Wunder, wenn es da zu Konflikten kommt.
Und die gab es natürlich immer. Wenn Wissenschaftler so frech waren, und das überprüft haben, was man laut Religion einfach glauben soll, dann hat das meistens nicht gut geendet. Wenn Geologen feststellen, dass die Erde nicht 6000 Jahre sondern ein paar Milliarden Jahre alt ist; wenn Biologen feststellen, dass der Mensch sich im Laufe der Milliarden Jahre aus einfachen Einzellern entwickelt hat anstatt direkt von Gott geschaffen zu werden wie es in der Bibel steht: in solchen Fällen hat die Kirche die Erkenntnisse der Wissenschaft gerne ignoriert, abgelehnt oder sogar – als ihr das noch möglich war – die Wissenschaftler aktiv verfolgt. Andererseits haben die Religionen auch keine Hemmungen, wissenschaftliche Erkenntnis für sich zu reklamieren, wenn sie meinen, es würde ihnen nutzen.
Wissenschaft…
Das war erst kürzlich wieder der Fall, als drei Physiker den Nobelpreis für ihre Arbeit über die Expansion des Universums und die dunkle Energie bekommen haben. Völlig zu Recht, das war eine hervorragende und revolutionäre Entdeckung. Aber bestätigt diese “moderne Physik auf eindrucksvolle Weise Aussagen der Bibel” wie es bei kath.net zu lesen ist?
“Damit bestätigt die moderne Physik auf eindrucksvolle Weise Aussagen der Bibel wie: „Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde” (Genesis 1,1), oder „… dass die Welt aus Gottes Wort gemacht ist, so dass alles, was man sieht, aus nichts geworden ist” (Hebräer 11,3b).
Die Urknalltheorie – heute die allgemein anerkannte Theorie der Entstehung des Weltalls – ist fraglos ein deutlicher Hinweis auf – wenn auch kein Beweis für – die Wahrheit der biblischen Aussagen und die Existenz Gottes. Was müsste der Schöpfer denn noch mehr vollbringen, um seine Schöpferkraft zu demonstrieren, als etwas so Gigantisches, wie das Weltall aus dem Nichts zu erschaffen?”
In diesen Sätzen wird der zwiespältige Umgang bzw. Zugang zur Wissenschaft schön demonstriert. Die Wissenschaft hat in jeder Menge Fällen klar demonstriert, dass die Schöpfungsgeschichte der Genesis keine Beschreibung der Wirklichkeit darstellt. Menschen und Tiere wurden beispielsweise nicht in ihrer aktuellen Form von Gott geschaffen, sondern entstanden im Zuge der Evolution. Diese Erkenntnisse werden dann – je nachdem wie konservativ der Glaube ist – entweder abgelehnt oder aber insofern ignoriert als dass man die Geschichten der Genesis zur Metapher erklärt; zu einer Darstellung der Ereignisse, die sinnbildlich zu verstehen sei und nicht wörtlich. Wenn man dann aber die Chance sieht, ein Bibelzitat doch irgendwie mit einem wissenschaftlichen Ergebnis in Verbindung zu bringen, dann hat man auf einmal nichts mehr gegen die Wissenschaft, dann kommt sie gerade recht, um “eindrucksvoll” zu bestätigen, dass die Bibel doch recht hat.
Konkret betrachtet ist die Argumentation in obigen Zitat natürlich nicht haltbar. “Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde” könnte die Realität kaum unpassender beschreiben. Am Anfang gab es den Urknall und dann dauerte es 9,5 Milliarden Jahre, bis sich die Erde bildete. Ganz ohne Gott, wie wir heute wissen – die Planetenentstehung kommt völlig ohne Schöpfer aus. Und was der Satz “Was müsste der Schöpfer denn noch mehr vollbringen, um seine Schöpferkraft zu demonstrieren, als etwas so Gigantisches, wie das Weltall aus dem Nichts zu erschaffen?” belegen soll, erschließt sich mir ebenfalls nicht. Übersetzt lautet der ja: “Weil es das Universum gibt, muss es von Gott geschaffen worden sein.” – und das ist natürlich eine logische Schlußfolgerung, für die es keinerlei Grundlage gibt.
Auch das in der Schöpfungsdiskussion immer mitschwingende Argument “Die Wissenschaft weiß nicht, was vor dem Urknall war bzw. warum es den Urknall gab, deswegen muss es einen Gott geben.” funktioniert nicht. Es stimmt tatsächlich: Noch kann die Wissenschaft nicht erklären, welche Ursache der Urknall hatte, ob es überhaupt eine gab und was “vor” dem Urknall war. Aber daraus folgt nicht, dass deswegen ein Gott existieren muss. Die beliebite Floskel “Wissenschaft erklärt das ‘Wie’ und die Religion das ‘Warum'” bringt uns hier auch nicht weiter. “Gott” ist keine Erklärung für irgendwas. Erstens, weil man dazu erstmal eindeutig definieren müsste, was “Gott” eigentlich bedeutet. Und zweitens, weil man sich mit “Gott” als potentielle Ursache für den Urknall auch nicht wirklich verbessert hat. Denn jetzt kann ich fragen, was den vor Gott war und wer Gott geschaffen hat. Nein, “Gott” hat in der Kosmologie nichts zu suchen, weder als “Erklärung” für irgendwas, noch als Element einer wissenschaftlichen Kausalkette an Ursachen.
Der Autor des Artikels bei kath.net ist übrigens kein Theologe, Priester oder Kirchenvertreter. Albrecht Kellner ist Doktor der Naturwissenschaften und technischer Berater für das Raumfahrtunternehmen Astrium. Womit wir beim letzten Punkt meines Artikels über das seltsam schizophrene Verhältnis von Religion und Wissenschaft angelangt wären. Wie ich eingangs schon geschrieben habe, sind Wissenschaft und Religion eigentlich völlig unvereinbare Sichtweisen der Welt. Einmal soll man rein auf den Glauben vertrauen und dann wieder gerade nicht glauben, sondern alles hinterfragen, belegen und analysieren. Ich persönlich wüsste nicht, wie ich beides unter einen Hut bringen sollte. Trotzdem gibt (und gab) es immer Wissenschaftler, die mehr oder wenig stark gläubig sind. Die meisten von ihnen schaffen es, Religion und Wissenschaft zu trennen, so daß die religiöse Weltsicht und der Glaube nicht die wissenschaftliche Methodik beeinträchtigen. Wie sie das machen, ist mir allerdings ein Rätsel (falls es jemanden gibt, der probieren möchte mir das zu erklären, würde ich mich freuen). Das soll jetzt nicht heißen, dass ich der Meinung bin, man müsste alles im Leben rein rational und streng wissenschaftlich betrachten. Das ist natürlich Unsinn, wir alle sind Menschen und Menschen sind nie komplett rationale Wesen. Aber die Grundlagen von wissenschaflicher Methodik und die Basis religiösen Glaubens scheinen mir doch so grundverschieden, dass ich persönlich große Probleme damit hätte, beides immer sauber zu trennen. Wohin dass dann führt, hat ja der Artikel bei kath.net gezeigt. Dann fängt man auf einmal an, Bibelzitate und wissenschaftliche Argumentation zu vermischen und das kann nicht gut enden. Wissenschaft und Religion passen einfach nicht zusammen…
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