Lange Zeit war es eine die wichtigste (und oft auch die einzige) Aufgabe der Astronomen, den Himmel zu kartieren. Heute sind die Arbeitsgebiete wesentlich breiter gefächert, genau Karten des Himmels zu haben ist aber immer noch fundamental für jede astronomische Forschung. Mittlerweile haben die Astronomen auch gelernt, den Himmel nicht nur im optischen Licht zu betrachten sondern in jedem Bereich der elektromagnetischen Strahlung. Es war also nötig, neue Kataloge zu erstellen, die den Himmel zum Beispiel im Bereich der Infrarot-, Radio- oder Röntgenstrahlung zeigen. Die Erdatmosphäre lässt aber nicht jede Strahlung aus dem All durch und man musste mit der Kartierung warten, bis man fähig war, Teleskope in den Weltraum zu bringen. Eines davon ist das Fermi Gamma-ray Space Telescope der NASA, das probiert, möglichst viele Gammastrahlenquellen zu katalogisieren. Der zweite Katalog von Fermi wurde kürzlich veröffentlicht. Er enthält 1873 Quellen und bei etwa 600 davon hat man keine Ahnung, was sie sind.
Hat man eine Gammastrahlenquelle entdeckt, dann probiert man normalerweise, sie auch in anderen Katalogen zu identifizieren. Das bedeutet, man sieht nach, ob das, was hier Gammastrahlen abgibt, auch in anderen Wellenlängen strahlt. Das ist einmal wichtig, weil man so die Position besser bestimmen kann – Gammastrahlung lässt sich nur schwer fokusieren und wenn man zusätzliche Daten in anderen Wellenlängenbereichen hat, kann man diese zu einer besseren Bestimmung des Ortes am Himmel benutzen. Und dann ist es natürlich wichtig, wenn man herausfinden will, was hier eigentlich die Gammastrahlung abgibt. Ist es ein Pulsar, eine ehemalige Supernova, eine aktive Galaxie? Das lässt sich nur klären, wenn man auch Beobachtungen aus anderen Wellenlängenbereichen hat. Die überwiegende Mehrheit der von Fermi gefundenen Quellen sind sogenannte “Blazare”. Dabei handelt es sich um aktive supermassereiche schwarze Löcher die in den Zentren von Galaxien sitzen. Sie sind von jeder Menge Gas und Staub umgeben. Dieses Material umkreist das Loch immer schneller und schneller bevor es hineinfällt und gibt dabei jede Menge Strahlung – auch Gammastrahlung – ab. Die zweitgrößte Gruppe von Quellen im Fermi-Katalog sind aber schon die, bei denen man nicht herausfinden konnte, was sie verursacht:
Oder, wie es die NASA formuliert:
“Wenn der Fermi-Katalog ein Rezept wäre, dann wären die beiden Hauptzutaten aktive Galaxien und völlige Rätsel”
Natürlich ist es nicht überraschend, dass man Quellen findet, die man nicht sofort zuordnen kann. Das passiert immer, wenn man einen neuen Katalog des Himmels anlegt. Als 1983 der Satellit IRAS den Himmel erstmals vom All aus im Infrarotbereich katalogisierte, fand man auch viele Quellen, die nicht sofort identifiziert werden konnte (so entstand die dumme Geschichte von der NASA, die angeblich die Existenz von Nibiru/Planet X vertuscht). Das war auch der Fall, als in den 1960er Jahren die ersten großangelegten Radiobeobachtungen des Himmels gemacht wurden. In so einem Fall, sammelt man erstmal mehr Daten. Man beobachtet weiter, in verschiedenen Wellenlängen, und im Allgemeinen lassen sich die unbekannten Quellen dann bald bekannten Objekten zuordnen, so wie es bei den “mysteriösen” IRAS-Quellen der Fall war. Manchmal aber passiert das, auf das jeder Wissenschaftler wartet: Man entdeckt etwas völlig Neues! Das passierte 1968, als man die unbekannten Radioquellen untersuchte und herausfand, dass es sich um eine völlig neue Klasse von Himmelsobjekten handelte, die Pulsare.
Im Fall von Fermi ist es wahrscheinlich, dass die 600 unbekannten Quellen in Zukunft ganz normalen, schon bekannten Himmelsobjekten zugeordnet werden können. Es kann aber natürlich auch sein, dass sie tatsächlich ein Hinweis auf ganz neue Phänomene sind! Vielleicht, so spekulieren die Wissenschaftler, handelt es sich dabei um große Wolken aus dunkler Materie. Die gibt normalerweise keine elektromagnetische Strahlung ab und ist deswegen nicht sichtbar. Wenn die dunkle Materie aber so wie vermutet, aus bestimmten bisher unentdeckten Elementarteilchen besteht, dann können diese Teilchen miteinander kollidieren und dabei Gammastrahlung erzeugen. Es wäre natürlich höchst spektakulär, wenn sich die Gammastrahlenquellen tatsächlich als Wolken dunkler Materie herausstellen. Es würden Nobelpreise verteilt werden und eines der großen Rätsel der Physik wäre gelöst. Aber so weit ist man noch lange nicht. Erstmal müssen jede Menge weitere Beobachtungen angestellt werden. Und mit großer Wahrscheinlichkeit werden sich die Quellen als bisher unbekannte Blazare, Pulsare, kollidierende Galaxien oder andere “normale” Phänomene herausstellen. Aber wer weiß – vielleicht…
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