Das Wochenende habe ich in Nürnberg verbracht. Dort haben wir die Lange Nacht der Wissenschaft besucht und das eine oder andere berichtenswerte Erlebnis gehabt 😉

Unsere Lange Nacht begann schon am Nachmittag mit dem Kinderprogramm. “Chemie ist r(k)eine Hexerei” war der Titel der Kindervorlesung, die wir uns ansehen wollten. Es herrschte enormer Andrang und dass bei einem Hörsaal, der nur für 75 Leute ausgelegt war. Leider schienen die Veranstalter nicht wirklich damit gerechnet haben, dass die Leute zahlreich kommen und waren überfordert. Nachdem wir alle, Eltern und Kinder, im Hörsaal Platz genommen hatten und die Show gerade anfing, wurde sie schon wieder abgebrochen und die Erwachsenen gebeten, den Saal zu verlassen, damit mehr Kinder hinein können. Prinzipiell eine gute Idee bei einer Kindervorlesung, aber es wäre vielleicht gut gewesen, dass schon vorher einzuplanen und die Eltern gar nicht erst mit rein zu lassen. Der spontane Rauswurf der Erwachsenen kam bei vielen Eltern und auch bei vielen plötzlich allein gelassenen Kindern nicht gut an. Was bei der Chemievorlesung also genau stattfand, kann ich nicht sagen – aber das Kind jedenfalls war zufrieden und hat anscheinend Spaß gehabt. Wie es den Leuten nach uns ging, die sich für die nächste Aufführung angestellt hatten, kann ich nicht sagen. Vor dem Hörsaal für 75 Leute drängten sich locker 200 Eltern und Kindern im engen Gang und warteten, dass es endlich los ging. Von den Organisatoren hat dort leider niemand Bescheid gesagt, dass nicht alle im Saal Platz haben werden und dass die Eltern draußen bleiben müssen… Viele Leute werden dort also völlig umsonst Schlange gestanden sein, vor allem weil es auch die letzte Vorstellung des Tages war.

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Naja, für uns ging es jedenfalls weiter zum Planetarium von Nürnberg! Auch hier war der Andrang gewaltig, aber das hatten wir eingeplant und standen ganz vorne in der Schlange 😉 Nachdem wir die Tickets für die Show abgeholt hatten, blieb uns so noch genug Zeit, um ein paar Nürnberger Rostbratwürste zu verdrücken und uns den Stand der “Star Wars Fans Nürnberg” anzusehen. Die Vorführung im Planetarium war dann thematisch sehr konventionell, aber durchaus passend für eine Wissenschaftsnacht. Es gab eine Tour durchs Universum, angefangen bei den Satelliten bis hin zu den fernsten Galaxien. Es war die erste Vorstellung, die ich in einem voll digitalisierten Planetarium gesehen habe und sie war durchaus beeindruckend! (Auch wenn ich irgendwie der Meinung bin, dass die klassischen Projektoren ein realistischeres Bild des Sternenhimmels erzeugen).

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Vom Planetarium ging es weiter zur Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg. Vor der Eingangstour standen ein paar Studenten mit einem selbstgebauten Katapult, dass Stofftiere in eine Menge wartender Kinder schleuderte. Nette Idee! Beim Verein Deutscher Ingenieure mussten wir eine Vorrichtung basteln, mit der ein rohes Ei heil über eine Strecke von einem Meter mit einem Gefälle von 75 cm transportiert werden kann. Das haben wir natürlich problemlos geschafft und sind dafür mit einem Schoko-Ei belohnt worden. Apropos Eier: unser eigentliches Ziel war ja die Eiersturz-Aktion der Fakultät für Architektur. Studenten sollten Fluggeräte bauen, die ein rohes Ei aus dem fünften Stück sicher und ästhetisch anspruchsvoll auf den Boden bringen können. Das klang nach jeder Menge Spaß und Action und der “Eiersturz” war auch tatsächlich sehr spektakulär. Aber auch spektakulär dumm organisiert. Die Veranstalter waren nicht in der Lage, den Bereich, in dem die Dinger landen sollten, vernünftig abzusperren. Außerdem war es windig; es war also nicht damit zu rechnen, dass die Fluggeräte einfach gerade nach unten fallen. Das alles schien niemanden zu stören und so landeten die ersten Objekte der Studenten auch immer wieder mitten in der Menge. Das war noch nicht allzu schlimm – die meisten davon waren leicht und bestanden aus Schaumstoff, Pappe, und Plastikfolie (ein paar massivere Geschoße waren aber auch darunter). Als dann aber ein Team mit einem Fluggerät an den Start ging, dass aus zwei Himmelslaternen bestand, haben wir beschlossen uns deutlich von der Action zu entfernen. Wer sie nicht kennt: Himmelslaternen sind große Papierballons, die durch brennende Teelichter Auftrieb erhalten. Ich dachte ja zuerst noch an einen Scherz (vielleicht wollten die Studenten ihr Ei ja ausnahmsweise in den Himmel schicken anstatt zu Boden). Aber man hat hier tatsächlich nichts Komisches daran gefunden, an einem windigen Abend ein Objekt, dass im Wesentlichen aus Papier und offenen Flammen besteht, in eine große Menschenmenge zu werfen. Glücklicherweise landete das Ding dann in einem Baum neben den Gebäude, wo es dann auch fröhlich vor sich hin brannte, während die Architektur-Professoren aus der Jury darüber diskutierten, was nun zu machen sei. Irgendjemand aus dem Publikum hat die Ballons dann aus dem Baum geschüttelt… Daraus gelernt hatte man offensichtlich nichts und als dann ein Fluggerät, das mit jeder Menge brennende Wunderkerzen aufgemotzt war gestartet wurde, landete es auch prompt mitten in der Menge. Viele der Eiersturz-Fluggeräte waren tatsächlich äußerst durchdacht, ästhetisch und spektakulär. Aber die Veranstalter können glücklich sein, dass niemand zu Schaden kam und nichts abgebrannt ist. Bleibt zu hoffen, dass die Architekturstudenten dann nicht später auch so wenig über Risiken nachdenken, wenn sie echte Gebäude planen.

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Ein paar der Fluggeräte der Architekturstudenten

Wir haben uns jedenfalls auf den Weg gemacht zur Maximum Nachhilfeschule des Vereins Mesale. Das war das absolute Highlight dieser Nacht! Etwas abseits der belebten Universitäten und Forschungszentren haben ein paar Kinder und Jugendliche hier etwas wirklich Cooles auf die Beine gestellt. Anders als in den Hochschulen, wo Professoren, Studenten und Techniker ihre wissenschaftliche Arbeit präsentiert haben, hatten sich die Kinder der Nachhilfeschule hier alle eigene kleine Projekte und Experimente überlegt. Die präsentierten sie dann den Besuchern, erklärten die Theorie die dahinter und führten sie vor. Es war wirklich fantastisch! Die Experimente selbst waren gut, aber eher konventionell: Zitronenbatterien, Vulkanausbrüche mit Essig und Backpulver und ähnliches. Aber die Umsetzung war super! Die Kinder hatten sich nicht nur die Theorie und das Experiment angeeignet sondern sich an jeder Station auch Fragen überlegt, die sie den Besuchern am Ende stellen konnten um zu sehen, ob sie das Gesehene und Gehörte wirklich verstanden haben bzw. ob manche Dinge noch genauer erklärt werden müssen. Sie waren alle enorm engagiert, sprangen sofort auf, wenn man sich ihrer Station genähert hat (selbst wenn sie gerade dabei waren, eine Pause zu machen) um mit dem Experiment beginnen zu können. Ich war wirklich beeindruckt. Einerseits war es absolut toll, dabei zusehen, wie Kinder anderen Kindern Wissenschaft erklären. Andererseits war es schön mit anzusehen, wie engagiert diese Kinder und Jugendliche waren und wie begeistert sie ihre Experimente vorgestellt hatten. Ich habe nur eine Handvoll der etwa tausend Veranstaltungen der Langen Nacht der Wissenschaft gesehen – aber ich traue mich zu behaupten, dass nichts davon besser war, als das was ich in der Maximum Nachhilfeschule gesehen habe!

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Wie funktioniert ein Computer?

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Strom aus Gurke und Zitrone

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Gleich explodiert der Vulkan

Kurz bevor wir uns wieder zurück auf den Weg ins Hotel gemacht haben – es war jetzt schon ziemlich spät – wollten wir (bzw. das motorbegeisterte Kind) noch die Vorführung der Elektrotrials im Energietechnologischen Zentrum ansehen. Die hat sich allerdings als völliger Flop herausgestellt. Angekündigt wurde im Programm:

“Auf zwei Rädern klettern die Trials über Reifenstapel, überwinden Quadersteine, schwingen sich auf mannshoch getürmte Paletten und überwinden Ölfässer. Diese Form der Akrobatik erinnert zwar an BMX-Fahrräder, jedoch bezwingen die Elektro-Trial-Motorräder ihre Hindernisse mit der Kraft eines Elektromotors.”

Gesehen haben wir ein Motorrad, das über drei 25 cm hohe Hindernisse “gesprungen” ist und als Bonus noch bei einem Kleintransporter durch die Seitentür rein und durch die Kofferraumklappe raus gefahren ist (über entsprechende Rampen natürlich). Das hätte ich mit meinem Fahrrad genauso problemlos geschafft und als Werbung für Elektrofahrzeuge hat die Veranstaltung auf voller Linie versagt.

Insgesamt fanden wir die Lange Nacht aber gut. Auch wenn wir nur einen kleinen Bruchteil aller möglichen Veranstaltungen sehen konnten, waren die, die wir gesehen haben (bis auf den einen oder anderen Reinfall) doch alle spannend, interessant und gut gemacht. Ich verstehe nicht, wieso so etwas nicht öfter gemacht wird. Die Lange Nacht der Wissenschaft in Nürnberg hat (so wie viele andere ähnliche Veranstaltungen) gezeigt, dass man mit Wissenschaft nicht nur Unmengen an Leuten mobilisieren und begeistern (so gut wie überall war es voll und noch öfter überfüllt), sondern von den Menschen dafür sogar noch Eintritt verlangen kann!

Kommentare (6)

  1. #1 HaDi
    25. Oktober 2011

    So schön der Bericht auch ist, aber in meinen Kopf schwirrt jetzt nur noch eins im Kopf herum… Nürnberger Rostbratwürstchen. Mit Sauerkraut.

    …und die Geschäfte hier haben zu.

    Florian, warum machst Du das immer wieder? 😉

  2. #2 Turtle
    25. Oktober 2011

    Freut mich dass es dir gefallen hat. Meinetwegen kann es das auch oefter geben, aber nicht unbedingt in Nürnberg, das ist nämlich irre viel Aufwand das zu organisieren. Und die halbe nacht besucher betreuen ist auch ohne nicht ohne. Macht aber auch viel Spass.

  3. #3 redeye
    25. Oktober 2011

    Hallo, ich hatte an der FH-Nürnberg studiert. Die Chemiveranstaltung ist jedes mal so beliebt, und der Raum zu klein. Daran hat sich anscheinend immer noch nichts geändert.

  4. #4 dude
    26. Oktober 2011

    Am Wochenende ist wieder die lange Nacht des Wissens in Hamburg. Dort gibt es viele spannende Vorträge und Mitmachaktionen. Wird bestimmt gut. Kostet auch nix, also hingehen:
    https://nachtdeswissens.hamburg.de/

    Dort gibt es auch eine ähnliche Chemievorlesung wie sie Florian hier beschrieben hat. Als ich das letzte mal da war, war es leider ähnlich überfüllt wie in Nürnberg, obwohl der Hörsaal deutlich größer war. Scheint so, als seien die Experimentalchemievorlesungen überall sehr beliebt…

  5. #5 Geralt
    31. Oktober 2011

    “Als dann aber ein Team mit einem Fluggerät an den Start ging, dass aus zwei Himmelslaternen bestand, haben wir beschlossen uns deutlich von der Action zu entfernen. ”

    Frankenkunde:
    Sollte einer der Flugobjekte einem hilflosen Wesen zu nahe kommen gibt es mit größter Wahrscheinlichkeit mindestens einen umstehenden Franken, der beherzt rettend eingreift. Sollte das Flugobjekt einen Baum abfakeln, wird ein neuer gepflanzt. Sollte ein Gebäude in Brand geraten wird es evakuiert, und neu aufgebaut.

    In allen Fällen wird zwar typischerweise gejammert – und ggf. wird das hilflose Wesen verbal deutlichst auf seine Hilflosigkeit hingewiesen – aber die Wahrscheinlichkeit zu einem Personenschaden zu kommen ist wohl trotzdem recht gering. Das nächste mal hab Vertrauen und schau es dir aus der Nähe an. 😉

  6. #6 Junger Beer
    9. März 2012

    das finde ich echt super. brav kinder.