Das humanistische Kantsche Weltbild, einer Tradition, der auch sie verpflichtet sind, sieht durchaus ein differenziertes Meinungsbild vor und ich frage mich ernsthaft, warum ein gebildeter Mensch wie Sie die phänomenologische Dialektik so wenig umsetzen kann.”
Natürlich ist das Unsinn, Wissenschaft ist nichts anderes als dauernde Veränderung, die ständige Suche nach neuen Theorien, besseren Erklärungen und Ideen, die niemand vorher je gehabt hat (Das, wo man immer nur an den gleichen Dogmen festhält, ist die Religion). Aber das Vorurteil des dogmatischen Wissenschaftlers ist halt einfach zu praktisch als das man es so einfach aufgeben könnte.
Natürlich werden mir auch wieder persönliche Angriffe vorgeworfen und Dieter Broers fühlt sich verfolgt:
“Sie mögen der Meinung sein, das mein Tun so verdammenswert ist, das sie zur polemischen Hetzjagd animieren müssen um die Grundwerte des menschlichen Daseins zu retten, dabei ist ihre vermeintliche Sprachgenauigkeit mindestens so fragwürdig wie Sie mir vorwerfen, da die meinige unsachlich sei.”
Lieber Herr Broers, wir leben glücklicherweise in einem Land, in dem man sich zu allen Themen frei äußern darf. Es steht ihnen also frei, Bücher zu schreiben in denen sie zum Beispiel behaupten, die NASA würde die Existenz von unbekannten Planeten im Sonnensystem vertuschen oder Interviews zu geben, in denen sie vom nahenden Bewusstseinssprung erzählen. Weil wir aber in einem freien Land reden, müssen sie es sich auch gefallen lassen, wenn andere ihre Ideen nicht nur blind glauben sondern auch darüber nachdenken und sie eventuell kritisieren. Oder gar öffentlich darlegen, dass sie falsch sind. Das hat nichts mit “Hetzjagd” zu tun. Wissen Sie, sie nehmen doch immer gerne die Rolle des Wissenschaftlers für sich in Anspruch. Genau so läuft es dort aber ab. Man hat eine Idee, eine Theorie, eine Hypothese und stellt sie seinen Kollegen vor. Die prüfen sie, und wenn sie unsinnig ist, dann sagen sie einem das, oft auch sehr deutlich. Ein guter Wissenschaftler hält dann auch nicht länger an solchen widerlegten Thesen fest sondern probiert sich etwas neues auszudenken. Wenn ich ihnen also zeige, dass ihre Theorien über den Bewusstseinssprung falsch sind, dann könnten Sie das zum Anlass nehmen, darüber nachzudenken, ob sie sich eventuell geirrt haben. Oder aber sie stellen sich lieber als das Opfer polemischer Kampagnen dar. Ist ihre Entscheidung.
“Die von ihnen sogenannte „veresote” Sprache ist nichts anderes, als ein ergänzendes Sprachbild, das der Notwendigkeit emotionaler Artikulation Sorge trägt; sie ergänzt das bestehenden Sprachgebrauch im Sinne eines „Sowohl als auch” und nicht dieses „Entweder – oder”, das Sie so gerne versimpelnd anführen. Dass die Sprache sich verändern muss, das die emotionale Intelligenz die mentale Intelligenz ergänzen muss, all das sind Dinge mit denen sich die Menschen der neuen Zeit AUCH beschäftigen.”
Herr Broers, ich hab das Wort “veresote” nie verwendet. Ich weiß nicht, warum sie so darauf rumreiten. Ich verstehe auch nicht wirklich, was sie mir mit diesem Absatz sagen wollen. In der Naturwissenschaft – und jemand der sich “Biophysiker” nennt sollte das wissen – ist eben nicht immer alles möglich. Die Realität ist so, wie sie ist und die Dinge sind manchmal eben genau so und nicht anders. Ein “Entweder – oder” trägt diesem Verhalten der Natur Rechnung. Entweder das Experiment stimmt mit den Beobachtungen überein, oder nicht – und dann ist die zugrunde liegende These zu verwerfen. So funktioniert Wissenschaft (und nein, auch die Quantenmechanik sagt nicht, dass alles möglich ist).
“Ich schlage Ihnen vor, Herr Florian Freistädter, das sie besser das Kind nicht voreilig mit dem Bade ausschütten sollten. Mag sein, das sie in meiner Arbeit einen verfolgungswürdigen Hochverrat sehen und IHRE Fans, Freunde und Mitläufer sich darin gefallen, dem gefährlichen Herrn Broers nachzustellen; das ist in einer demokratischen Bürgergesellschaft so vorgesehen. Leider fehlt meinem Naturell die gewisse Grundaggression, die es bräuchte, um im Gespräch mit Ihren Ihren destruktiven Sarkasmus zu begegnen. Das mich Ihre übergriffige Ignoranz persönlich verletzt und mich schädigt, mag Sie vielleicht befriedigen.”
Wenn sie Kritik an ihren Thesen mit Kritik an ihnen persönlich gleichsetzen, dann tut es mir Leid, Herr Broers. Sie sollten nicht den wehleidigen Märtyrer spielen, diese Rolle ist zu leicht zu durchschauen. Ich habe sie nie persönlich angegriffen, ich habe auch nicht “Hochverrat!” gerufen. Ich habe nur dargelegt, dass ihre Thesen nicht der Realität entsprechen. Klar, das ist nicht nett. In meiner wissenschaftlichen Arbeit ist es auch schon vorgekommen, dass mir Kollegen gezeigt haben, dass ich mich geirrt habe. Das ist kein schönes Gefühl und man muss sich anstrengen, es nicht persönlich zu nehmen. Aber wer Wissenschaftler sein will, sollte das aushalten können und nicht die beleidigte Leberwurst spielen.
“Meine wissenschaftliche Vergangenheit, der Ursprung all meiner Werke, ist zum Glück unbestritten und bestens dokumentiert; es hat in der inquisitorischen Vergangenheit unserer Geisteskultur genug Situationen gegeben, wo der Zeitgeist sein eigentliches Problem verkannt hat und am Puls der Welt denkende und fühlende Menschen geächtet und verstossen hat – um am Ende ihren Behauptungen doch zustimmen zu müssen.”
Mit ihrer wissenschaftlichen Vergangenheit habe ich auch keine Probleme. Aber können sie den Unsinn mit der “Inquisition” (die hat Menschen umgebracht!) und diese Wehleidigkeit mal sein lassen? Das was sie hier versuchen, nennt sich übrigens Galileo-Gambit. Ja, es gab in der Vergangenheit immer wieder Menschen, deren Theorien zuerst verlacht und nicht akzeptiert wurden, bevor sie sich doch als revolutionär und richtig herausgestellt haben. Galileo Galilei zum Beispiel oder Alfred Wegener. Es gab aber noch viel mehr Menschen, deren Theorien verlacht und nicht akzeptiert wurden und die heute immer noch nicht akzeptiert werden – weil sie falsch sind! Herr Broers, kritisiert zu werden ist kein Qualitätsmerkmal. Nur weil man ihre Theorien als unsinnig bezeichnet, heißt das nicht, dass sie der kommende Galileo sind.
“Gerne können wir angeregte Diskussionen über die Wahrhaftigkeit dieser und jener Beobachtungen und Behauptungen führen; ich persönlich wünsche mir allerdings einen humanen Umgangston und einen zivilisierten Gesprächsstil, der einer Tausende von Jahren zusammenhängenden Geistesgeschichte würdig ist.”
Hmm – ich denke, das wir schwierig werden. Wenn sie jede Kritik an ihren “Beobachtungen und Behauptungen” gleich als persönlichen Angriff auffassen, dann wird die Diskussion nicht sehr zielführend sein. Was ich zu ihren Thesen zu sagen habe, habe ich schon gesagt. Ich habe detailliert erklärt, warum die NASA kein Maximum der Sonnenaktivität für 2012 vorhersagt. Ich habe detailliert erklärt, warum ihre Behauptungen über die medizinischen Effekte der Sonnenaktivität nicht durch Quellen gedeckt sind und die entsprechenden Fussnoten in ihrem Buch nicht stimmen. Ich habe erklärt, warum ihre verschwörungstheoretischen Ansätze Unsinn sind und weder die NASA noch sonstwer irgendwelche Daten vertuscht. Ich habe erklärt, dass die Änderungen im Erdmagnetfeld die ein simpler Kühlschrankmagent auslöst, wesentlich größer sind, als all das was ein Sonnensturm verursachen kann (Wenn sie also schonmal einen Vorgeschmack auf ihre “Neue Zeit” haben wollen, dann halten sie sich einfach einen Magnet an den Kopf). Und so weiter. Wenn sie (was sie anscheinend getan haben) meine Artikel zu diesem Thema verfolgt haben, dann wissen sie um all diese Argumente und Erklärungen. Sie haben sich trotzdem entschieden sie zu ignorieren und sich stattdessen lieber darüber zu beschweren, dass ich es gewagt habe, meine Kritik öffentlich zu führen. Wenn sie tatsächlich eine Diskussion über Fakten und Behauptungen führen wollen, dann wissen sie, wo meine Aussagen nachzulesen sind und können darauf reagieren. Wenn sie lieber weiter den armen verfolgten innovativen Denker spielen wollen, der doch nur in Ruhe für den Frieden der Welt meditieren möchte, dann können sie das natürlich auch machen. Aber seien sie mir dann nicht böse, wenn ich weitere Briefe von ihnen ignoriere.
Das hat zwar nichts mehr mit dem Brief von Broers zu tun. Aber in den Kommentaren die sich auf Facebook finden ist mir neben den üblichen “Freistädter ist doof!”-Kommentaren dieser hier besonders aufgefallen:
Ich hab mal nachgesehen. Ja, Frau Radam ist tatsächlich Redakteurin bei der Wissenschaftssendung Newton im österreichischen öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Argh!
Nachtrag (14:55): Dieter Broers hat mir geantwortet (Nachtrag 20:00: Und diese Antwort jetzt wieder gelöscht). In seiner Antwort geht er leider nicht auf die wirklich relevanten Punkte ein – zum Beispiel die diversen wissenschaftlich falschen Aussagen in seinen Texten. Ich sehe also vorerst keinen Grund, ihm nochmal zu antworten.
Nachtrag 2: Bezüglich des Kommentars von Frau Radam hat die Newton-Redaktion hier Stellung bezogen
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