Haben extrasolare Planeten Monde oder Ringe? Keine Ahnung. Wenn wir unser Sonnensystem als Maßstab nehmen, dann kann es eigentlich kaum anders sein. Zumindest wenn es um die Gasriesen geht. Jeder Gasplanet, der unsere Sonne umkreist (Jupiter, Saturn, Uranus, Neptun) hat dutzende Monde und ein Ringsystem. Nicht immer sind die Monde so groß wie z.B. Ganymed oder Callisto des Jupiter. Und nicht immer sind die Ringe so dramatisch wie die des Saturn. Aber Monde und Ringe sind immer vorhanden. Wenn wir davon ausgehen, dass unser Sonnensystem nichts Besonderes ist, dann müssen auch die extrasolaren Planeten Ringe und Monde haben. Aber wir wissen es nicht, denn wir haben weder das eine noch das andere entdeckt. Könnten wir Monde oder Ringe überhaupt entdecken? Ja, können wir!
Wenn ihr mein Blog regelmäßig lest, dann habt ihr sowas sicher schon mal gesehen:
Das ist die Lichtkurve eines Transits. Astronomen messen – extrem genau! – das Licht, dass ein Stern zu uns schickt. Sollte der Stern von einem Planet umkreist werden und wir genau unter dem richtigen Winkel auf den Stern blicken, dann kann es vorkommen, dass er vor dem Stern vorüber zieht. Der Planet wird dann einen winzigen Bruchteil des Sternenlichts blockieren und der Stern wird dunkler. Das können wir messen und so auf die Existenz des Planeten schließen. Mit dieser Methode hat man bis heute immerhin schon 186 Planeten gefunden! Die oben gezeigte Lichtkurve ist ein Modell und zeigt, wie es idealerweise (also ohne irgendwelche Störungen) aussehen würde, wenn der Planet HD 209458b vor seinem Stern vorüberziehen würde. Was aber, wenn man sowas beobachten würde:
Hier wird das Licht des Sterns zuerst nur ganz wenig dunkler (erster Pfeil). Dann kommt der typische Helligkeitsabfall, der auf einen Planeten hindeutet. Allerdings scheint irgendwie die Symmetrie zu fehlen, der Anstieg der Helligkeit geschieht ein klein wenig schneller, als man erwarten würde (zweiter Pfeil). Was soll das sein? So würde es aussehen, wenn man den Transit eines jupitergroßen Planeten beobachtet, der von einem Mond umkreist wird, der etwa zweimal so schwer ist wie unsere Erde! In diesem Fall stehen Planet und Mond von uns aus gesehen nebeneinander. Der Mond bedeckt den Stern zuerst, daher der anfängliche kleine Helligkeitseinbruch. Danach blockiert auch der Planet das Licht des Sterns. Schließlich ist der Mond als erster am Stern vorüber gezogen und die Helligkeit steigt wieder ein bisschen (zweiter Pfeil). Dann folgt auch der Planet und der Transit ist vorüber.
Monde erzeugen also in der Lichtkurve des Transits eine klare Signatur. Auf diese Weise können wir sie entdecken! Aber natürlich ist die Natur nie so perfekt wie dieses Modell. Der Mond muss nicht immer exakt neben dem Planeten stehen. Der Stern kann Flecken haben (das extrasolare Pendant zu Sonnenflecken) und sorgen ebenfalls dafür, dass uns weniger Licht erreicht. Man kann also durchaus auch mit solchen Lichtkurven rechnen:
Glücklicherweise kann man aber zwischen Flecken und Monden/Planeten unterscheiden. Ein Fleck rotiert mit der gleichen Geschwindigkeit wie der Stern selbst, ein Planet mit seinem Mond ist langsamer. Man muss den Stern also nur länger beobachtet und mehrere Transits aufnehmen und kann dann die Effekte der Flecken eliminieren. Trotzdem wird man in der Realität nie so schöne Bilder bekommen wie die bisher gezeigten. Es sind nur Modelle. Sie stammen von Luis Ricardo Tusnski und Adriana Valio. Die beiden brasilianischen Forscher haben ein Computerprogramm entwickelt, mit dem man solche künstlichen Lichtkurven für beliebige Planet/Mond-Konfigurationen erzeugen kann. Es kann aber noch mehr! Tusnski und Valio können damit auch realistische Lichtkurven produzieren, so wie sie zum Beispiel die Weltraumteleskope CoRoT und Kepler aufnehmen würden (die beide derzeit im All unterwegs und auf der Suche nach extrasolaren Planeten sind). Mit der Meßgenauigkeit von CoRoT könnte man zum Beispiel so eine Lichtkurve bekommen:
Die Daten sind zwar nur ordentlich verrauscht, bei der Datenauswertung würde man aber trotzdem die schwarze Linie als Lichtkurve errechnen und die zeigt wieder deutlich den Einfluss des Mondes (der in diesem Fall die dreifache Masse der Erde hat). Bei Kepler sieht es noch besser aus, dieses Weltraumteleskop hat eine höhere Genauigkeit als CoRoT und kann die Monde noch einfacher erkennen.
Ringe um Planeten zu finden ist ein wenig schwieriger. Sie verursachen keine so dramatische Veränderung der Form der Lichtkurve. Der Ring macht den Planeten nur ein wenig “größer”, der Stern wird also ein klein wenig dunkler, als er es bei einem Planeten ohne Ring werden würde. Auch die Abknickpunkte der Kurve, zu Beginn und am Ende des Transits, sind bei beringten Planeten etwas runder als ohne. CoRoT und Kepler würden einen Planeten wie Saturn so sehen:
CoRoT (links) ist zu ungenau. Die Effekte des Rings würden im Rauschen untergehen. Die schwarze Linie im Bild zeigt die Lichtkurve, die Astronomen hier zuerst vermuten würden: Die eines Planeten ohne Ring. Im schmalen Diagramm darunter sind die Abweichungen zwischen Lichtkurve und Messpunkten zu sehen. Wenn die Abweichungen irgendwie systematisch sind, ist das ein Hinweis darauf, dass man etwas übersehen hat. CoRoT allerdings zeigt keine solche Hinweise und die Astronomen hätten keinen Anlass, ihre Lichtkurve zu verändern. Bei Kepler (rechts) sieht das anders aus. Besonders an der linken Kante der Kurve (dem Beginn des Transits) erkennt man den Effekt der Ringe und den Unterschied zwischen Messdaten und vermuteter Lichtkurve. Im Diagramm der Abweichungen darunter sind auch klar die systematischen Fehler zu sehen, die man bei einer Lichtkurve eines Planeten ohne Rings erhält. Die Astronomen würden sich also die Daten noch einmal genau ansehen und zu dem Schluss kommen, das hier noch etwas sein muss. Kepler würde die Ringe des Saturn entdecken (Allerdings nicht wenn er so weit von der Sonne entfernt ist, wie in der Realität. In den Beispielen oben wurde Saturn sehr nahe an den Stern gerückt, näher als Merkur der Sonne ist).
Tusnski und Valio kommen in ihrer Arbeit zu dem Schluss, dass wir heute schon in der Lage wären, extrasolare Monde und Ringe zu entdecken. Monde mit einem Radius von mehr als dem 1,3fachen der Erde die einen Planeten wie Jupiter umkreisen, liegen im Bereich dessen, was CoRoT finden könnte. Bei Kepler sinkt das Limit auf das 0,3fache des Erdradius. Das ist etwas größer als unser Mond aber deutlich kleiner als viele andere Monde im Sonnensystem. Wenn es extrasolare Monde bzw. Ringe gibt, dann ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis wir sie finden. Und ich denke, wir müssen nicht mehr lange darauf warten…
Luis Ricardo M. Tusnski, & Adriana Valio (2011). Transit Model of Planets with Moon and Ring System The Astrophysical Journal, 743:97, 2011 December 10 arXiv: 1111.5599v1
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